Aufbruch

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Ich nahm telepatisch Kontakt mit Branda auf. „Ich bin hier fertig. Bring noch Verstärkung mit. Wir müssen einen Karren und nicht begeisterte Angestellte nach Hause bringen.“ „Ich werde mich darum kümmern.“ Es dauerte nicht lange, da kam Branda mit der Verstärkung an. Ein starkes Pferd um den Karren zu ziehen und zwei extrem großen Eisbären. Ich grinste, als die Dorfbewohner sich schreiend versteckten. Nur eine Person zeigte keine Angst. Im Gegenteil… Almina ging furchtlos auf die Eisbären zu. Sah ihnen tief in die Augen und hielt ihre Hand hin. Neugierig schnupperten die Beiden. Und dann legten sie ihre Köpfe auf ihre Schulter und ließen sich von ihr streicheln. Diese Frau überrascht mich. Kopfschüttelnd lief ich auf Branda zu und schwang mich auf ihren Rücken. „Seid ihr fertig mit eurer Kuschelorgie? Würde jetzt nämlich langsam mal starten.“ Almina grinste mich nur frech an. Dann sagte sie noch etwas zu den Bären, was ich nicht hören konnte, aber die beiden nickten ihr zu. Endlich konnten wir los. Ich wollte dieses Dorf einfach nur noch verlassen.
Wir waren schon ein paar Stunden unterwegs. Die Dorfbewohner die uns begleiteten, liefen brav neben dem Wagen her. Sie wichen ihm nicht von der Seite, aus Angst die Bären zu provozieren. Almina lief zwischen den Bären. Sie genoß wohl ihre Anwesenheit und ihre Nähe, was mir recht war. Denn nicht nur, dass ich sie so beobachten konnte, ich konnte mir such Gedanken darüber machen, wie ich verhinderte, dass sie im Schloss ankam. Ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam, dass sie sich zu mir zurück fallen ließ. „Wir brauchen eine Pause. Wir laufen schon seit Stunden und gerade die Frauen sind erschöpft.“ Ich sah erst Almina an und dann zu den Frauen. Sie hatte recht. Sie waren erschöpft. Wenn ich wollte, dass sie lebend unser Ziel erreichen, mussten wir eine Pause einlegen. Ich sah mich kurz um und entdeckte eine Höhle. Ich stieg ab und deutete den beiden Bären an mir zu folgen. Wenn die Höhle bewohnt war, hätten die beiden die besseren Argumente. Aber wir hatten Glück. Sie war leer. Also ging ich wieder raus und sagte, dass wir hier rasten werden. Ich schickte sie Männer los zum Holz holen. Natürlich nicht alleine. Einer der Bären begleitete sie. Die Frauen ließ ich Decken vom Wagen holen und Schlafplätze einrichten. Als die Männer zurück waren, vollständig und am Stück, kümmerte ich mich ums Feuer. Dann fingen die Frauen an, Essen zuzubereiten. Ich setzte mich etwas abseits und sah dem Treiben zu. Trotz das sie nicht wirklich freiwillig hier waren, erledigten sie ihre Aufgaben sehr gewissenhaft. Auch Almina brachte sich ein. Und während das Essen im Topf vor sich hin kochte, saßen die Bewohner um das Feuer herum, wärmten sich, erzählten Geschichten und lachten. Ein Fremder würde denken, wir machen einen lustigen Familienausflug. Aber dem war nicht so. Wenn sie Pech hatten und den Zorn der Herrin auf sich ziehen würden, würden sie den nächsten Winter nicht mehr erleben. Ich stand auf und verließ die Höhle. Meine Gedanken wurden zu weich. Ich fing an Mitleid mit den Personen in der Höhle zu empfinden. Das war nicht gut. Draußen atmete ich tief die kalte Luft ein. Dann hörte ich wie Branda auch raus kam und sich neben mich stellte. „Wir werden verfolgt.“ „Ich weiß… schon seit wir das Dorf verlassen haben.“ „Sollen wir uns darum kümmern?“ Ich sah Branda an. „Nein… ich kümmere mich selbst darum. Ich will wissen, wer uns verfolgt und warum. Denn die Gefühle die ich von der Person empfange sind sehr widersprüchlich. Ich spüre Angst… aber auch Wut und Hass... und unheimliche Trauer und Schmerz. Er ist also kein Krieger.“ Branda schnaubte verärgert. Sie war mit meiner Entscheidung nicht einverstanden. Aber sie würde mich trotzdem nicht davon abhalten

Nachdem Branda wieder zurück zu den Anderen ging, schloss ich meine Augen und lauschte den Geräuschen der Umgebung. Ich hörte die Tiere in der Umgebung. Wild, das unter dem Schnee nach Futter suchte, ein Specht, der einen Stamm bearbeitete, Wölfe, die heulen… dann ein kleines Knacken. Jemand ist auf einen kleinen Ast getreten. Ich ließ die Augen geschlossen und wartete. Dann ein Rascheln. Ich drehte den Kopf in die Richtung und öffnete die Augen. In einem nahegelegenen Busch raschelte es und dann kam vorsichtig eine kleine schwarze Nase zum Vorschein. „Pico… was machst du denn hier? Komm her mein Kleiner.“ Freudig lief der kleine Fuchs auf mich zu und sprang mir in die Arme. Lachend fing ich ihn auf. „Warum kommst du erst jetzt? Hast dein Frauchen vermisst, oder?“ Er leckte mir über die Wange. Ich setzte ihn ab. „Geh rein, Kleiner. Drinnen ist es warm und dein Frauchen wird sich freuen dich zu sehen. Und vielleicht kannst du sie dazu bringen, ihre Meinung zu ändern.“ Er sah mich noch mal kurz an. Dann lief er zur Höhle und verschwand.
Ich schloss wieder die Augen und konzentrierte mich auf die Umgebung. Ich spürte ihn, aber er war mir nicht bekannt. Dann hörte ich Schritte hinter mir und spürte eine Person die mir sehr wohl bekannt war. Amalia. Ich seufzte und öffnete meine Augen. Stumm setze sie sich neben mich. „Du musst gehen. Geh irgendwo hin, wo dich keiner kennt. Fang ein neues Leben an. Gründe eine Familie und werde glücklich.“ Almina drehte sich zu mir und sah mir direkt in die Augen. Ich versank sofort darin. Ich liebte diese Augen. Sie ließen mich alles vergessen. Sie waren wie ein Versprechen, dass alles gut werden würde. Aber das würde es nicht, wenn sie jetzt nicht gehen würde. Sie würde sterben. Sie würde nicht einen Tag bei der Herrin überleben. Ernst sah sie mich an. „Ich werde nirgendwo hingehen. Ich gehe mit dir.“ „Das ist dein sicherer Tod!“ Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme verzweifelt klang. Ich war auch verzweifelt. Wie konnte ein Mensch nur so stur sein… „Dann sterbe ich halt. Es ist mir egal. Aber so kann ich meine letzten Tage wenigstens in deiner Nähe verbringen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ich liebe dich, Cara. Wenn ich nicht bei dir bin, fühlt es sich an, als wäre ich schon tot. Also warum nicht wirklich sterben… dann hört der Schmerz vielleicht auf.“ „Bitte Almina… geh… lebe… wenn nicht für dich, dann für mich…“ Wütend und mit tränenverschmiertem Gesicht sprang sie auf. „Es kann dir doch egal sein. Du liebst mich nicht. Das hast du mir gesagt. Also… lass mich… meine Entscheidung steht fest.“ Jetzt wurde auch ich wütend. Langsam stand ich auf. Und stellte mich direkt vor ihr hin. „Ja… das habe ich gesagt… aber es war gelogen. Ich liebe dich! Aber wir können nicht zusammen sein. Die Eiskönigin würde das nicht dulden. Sie würde niemals zulassen, dass irgendjemand in ihrem Schloss glücklich wäre. Deshalb bitte ich dich… geh… “ Ich ging noch einen Schritt auf sie zu, legte meine Hand an ihre kalte Wange. Dann küsste ich sie. Sie schlang ihre Arme um meinen Nacken und erwiderte den Kuss. Plötzlich hörte ich ein lautes Knacken. „Stirb!!!“ Ich konnte Almina gerade noch zur Seite schubsen und ausweichen. Als ein Schwert haarscharf an meinem Gesicht vorbei schwang. Da wäre also der heimliche Verfolger. Er setzte wieder zum Angriff an und ich wisch ihm geschickt aus. Das Spiel wiederholten wir ein paarmal. Bis ich keine Lust mehr hatte. Ich entwaffnete ihn und warf ihn auf den Boden. Dann kniete ich mich auf ihn, zog mein Messer und setzte es an seine Kehle. „Nein!! Bitte… verschone ihn!“ Hörte ich Almina schreien. Leicht verwirrt, sah ich sie an. Dann blickte ich runter auf meinen Angreifer. Er war noch ein Kind… verdammt… was soll das. Ich ging von ihm runter und sofort ging Almina zu ihm und kniete sich neben ihn. „Jakob… was machst du hier?“ „Ich werde sie töten!“ schrie er und wollte aufstehen. „Bleib liegen, Bursche…“ knurrte ich. „Du hast meinen Vater ermordet… dafür werde ich dich umbringen… “ seine Stimme wurde leiser und er schluchzte als er unter Tränen nochmal sagte, dass er mich töten wird. Der Sohn vom Dorfältesten… verdammt… ich konnte ihm seinen Rachewunsch noch nicht mal verübeln. Ich sah auf ihn runter. „Junge, du kannst mich nicht töten. Du kannst ja noch nicht mal kämpfen… du wirst bei dem Versuch sterben.“ „Das ist mir egal!“ schluchzte er. „Bei allen Göttern… was stimmt nicht mit euch? Wieso will hier jeder sterben? Wie kann man so etwas kostbares wie Leben einfach wegwerfen wollen?“ Ich wurde wütend. „Ich habe sterbende Krieger gesehen, die alles dafür getan hätten, ihre Kinder aufwachsen zu sehen und mit ihren Frauen ein langes glückliches Leben führen zu dürfen. Und ihr steht hier und werft diese Chance einfach so weg. Ihr entehrt die vielen mutigen Krieger die ihr Leben lassen mussten, um euch zu schützen.“ Beide sahen mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Aber gut… ihr wollt sterben… dann ist das so.“ Ich kniete mich neben den Jungen. Trotzig sah er mir in die Augen. Ich sah Angst… aber auch eine gewisse Entschlossenheit. „Ich gebe dir eine Chance mich zu töten. Aber nicht jetzt und nicht hier. Du wirst bei mir in die Ausbildung gehen. Ich werde dich trainieren und aus dir den besten Kämpfer auf dieser Welt machen. Du wirst alles tun, was ich dir sage. Dafür darfst du mich am Ende deiner Ausbildung herausfordern. Dann bekommst du die Möglichkeit Rache zu üben.“ Ich holte kurz Luft. „Oder du stirbst jetzt und hier. Unehrenhaft… Ohne die Möglichkeit ins Walhalla zu gelangen… Wie entscheidest du dich?“ Ich streckte ihm die Hand hin. Er zögerte kurz. Dann ergriff er sie. „Gute Entscheidung.“ knurrte ich.

Eine etwas andere Wintergeschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt