Es war bereits nach Mitternacht, als die letzten Lichter auf dem Gelände der Privatschule ausgingen. Bis auf das Zirpen der Grillen und das Quaken der Frösche, die in dem See des Parks schwammen, war nichts zu hören. Der Motor des Kombis war inzwischen längst abgekühlt. Seit mittlerweile sechs Stunden standen sie im Schutz des Dickichts und beobachteten das Gelände. Nur gut, dass dieser Schuppen keine Kameras hatte. Die dicke vier Meter hohe Steinmauer war um den ganzen Komplex gezogen, bis auf das Einfahrtstor im Süden gab es keinerlei Unterbrechungen. Das Einfahrtstor war aus Eisen und sehr robust. Es konnte nicht geöffnet werden, ohne viel Aufsehen zu erregen, also blieb wohl nur der Weg über die Mauer.
Das ermöglichte es ihnen ohnehin eher, ungesehen über den Platz bis zur Tür zu gelangen. Würden sie durch das Eingangstor spazieren, müssten sie die ganze Strecke bis zum nördlichen Ende des Wohnhauses laufen. Die Gefahr hierbei gesehen zu werden, war einfach zu groß. Nur ein Schwachkopf würde diesen Fehler begehen. So jedoch könnten sie gleich an der nahegelegensten Stelle über die Mauer klettern und hatten einen weitaus kürzeren Weg zurückzulegen.
Ab und zu konnte er das kurze Aufglühen einer Zigarette von seinen Kumpanen ausmachen. Der Geruch störte ihn. Er hockte weiter vom Wagen entfernt im Gebüsch und hatte die ganze Zeit den Campus beobachtet, während er am Riemen herumspielte, an dem seine Kamera hing, die er so gut wie immer bei sich hatte. Nun stand er auf, drehte sich um und ging zurück zu den anderen drei Männern.
„Strickleitern. Das brauchen wir. Larry, du wirst fahren und sie besorgen. Morgen, sobald es dunkel ist, und alle in den Gebäuden verschwunden sind, klettern wir auf der anderen Seite des Geländes über die Mauer und nehmen uns das oberste Stockwerk des nördlich gelegenen Hauses vor."
Larry trat seine Zigarette am Boden aus und sah verwirrt aus.
„Die Mauer ist doch viel zu hoch. Das packen wir nie. Wenn wir da auf der anderen Seite runterspringen, brechen wir uns die Beine. Nein, danke. Wir gehen durch dieses Tor und nehmen uns das nächstgelegene Haus vor. Aber du kannst ja gern allein einen auf Mission Impossible machen, wenn es dir dann besser geht, Jay."
George und Robert nickten zustimmend. Er jedoch hatte keine Geduld mit diesem stümperhaften Gerede. Für gewöhnlich hätte es ihn amüsiert und ihm ein Lächeln abgerungen, jetzt jedoch musste er einige anatomisch eindeutige Flüche unterdrücken, und allein das machte ihn schon sauer.
„Und du meinst wirklich dass dir der Wachmann am Abend den Schlüssel zum Tor gibt oder es einfach offen stehen lässt, wenn du ihn nett darum bittest? Entweder so, wie ich sagte, oder gar nicht. Nördlich, oberstes Stockwerk. Und heute Nacht ab drei Uhr bereiten wir alles vor. Um diese Uhrzeit ist keiner mehr wach."
„Ich wusste doch, dass wir nicht ohne weiteres in dieses beschissene Haus kommen. Was sollen wir denn jetzt nur tun? Wir kommen da doch niemals ungehört und ungesehen rein!"
George fehlte es an jeglicher Fantasie, das würde ihn irgendwann noch den letzten Nerv kosten. Trotzdem blieb er ruhig und versuchte auch so zu klingen. Sobald es kleine Schwierigkeiten gab, drehte George durch, er war wirklich ein ängstlicher Typ. Warum er sich mit diesem Typen überhaupt abgab wusste er nicht, er war definitiv der schwächste der Gruppe.
Dennoch war etwas Wahres an der Sache dran. Die Eingangstür zum nördlichen Haus konnte nur mit einem Schlüssel geöffnet werden. Zwar bestand die Tür zum größten Teil aus milchigem Glas, jedoch konnten sie dieses nicht gefahrlos zerstören. Sowohl einschlagen, als auch zerschießen wäre viel zu laut und würde Aufsehen erregen, zumal auch noch das Risiko bestand, dass die Tür mit einer Alarmanlage gesichert war. Sobald die Scheibe zerstört war, würde vermutlich schon ein stiller Alarm ausgelöst werden, oder eine laute Sirene ertönen, und beides war gleichermaßen ungünstig. Diese Annahme wäre an einer normalen Privatschule vielleicht absurd gewesen, aber diese hier war an allen Ecken und Enden so stark gesichert, dass es nahezu unmöglich war, dass sie beim Sicherheitssystem der Türen sparten. Er hatte noch keine andere Schule gesehen, die so hohe Mauern oder ein elektronisch gesichertes Eisentor als Eingang hatte.
DU LIEST GERADE
48 Stunden in ihrer Gewalt
RandomEmily führt ein sehr zurückgezogenes Leben in einer Privatschule, wo sie nicht viel mit ihren Mitschülerinnen anfangen kann. Doch eines Tages nimmt das ruhige Leben dort ein jähes Ende, als vier Männer ihre Wohneinheit stürmen, sie und ihre Mitbewoh...