Kapitel 15

447 13 0
                                    

Emily atmete scharf ein als James den Betrag nannte. Sie blickte hilfesuchend im Zimmer herum und wandte sich dann wieder James zu.

„Das geht nicht", sagte sie schließlich.

„Warum soll das nicht gehen?", fragte James verwirrt und mit zusammengezogenen Augenbrauen.

Emily senkte ihren Blick. Sie sprach nie über ihre familiären Verhältnisse. Niemals. Und sie war auch nicht erpicht darauf, mit einem fremden Mann darüber zu sprechen, der sie gefesselt als Geisel hielt. Der Großteil ihrer Angst vor diesem Kerl war zwar geschwunden, das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass sie ihm vertraute. Ihren Kopf schüttelnd versuchte sie ihre Stimme wiederzufinden.

„Es geht einfach nicht."

„Ich will den Grund dafür hören", knurrte James bedrohlich leise. Seine Augenbrauen hatte er inzwischen noch weiter zusammengezogen und auf seiner Stirn hatte sich eine Furche gebildet.

Wieso stimmte sie ihm eigentlich nicht zu? Es wäre so einfach gewesen ihren Vater um die verlangte Summe zu bitten. Er hätte sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Emily wüsste keinen Grund, der einen derartig hohen Geldbetrag rechtfertigen würde. Die einzige Möglichkeit bestünde in einer Spendensammlung, an derartigen Aktionen beteiligte sich ihr Vater jedoch nie. Emily wusste, dass sie nur ein einziges gewähltes und für ihre Geiselnehmer unauffälliges Wort sagen müsste, und schon würde ihr Vater die Polizei alarmieren.

Es wäre so leicht, zu leicht. Wahrscheinlich würde James sie ohnehin durchschauen. Doch war es nicht einen Versuch wert? Wenn die Polizei hier eintrudeln würde, bestand die Gefahr, dass sie und die anderen Mädchen erschossen werden würden. Aber was kümmerten sie die anderen? Sie hatten sie während der ganzen Zeit in der sie an dieser Schule gewesen war verachtet und niedergemacht. Vermutlich würden die vier jungen Männer eine von ihnen am Leben lassen. Nach der Art und Weise, wie James sie behandelte zu urteilen, würde das wohl sie sein. Warum also zögerte sie? Emily könnte auf einen Schlag einen Teil ihrer Peinigerinnen vernichten.

Doch das war nicht Emilys Art. Sie hatte nichts für persönliche Rachefeldzüge übrig. So schlecht sie auch behandelt worden war, und so viel Leid sie auch hatte ertragen müssen, das hatten diese Mädchen nicht verdient, sie hatten es nicht verdient zu sterben. Emily versuchte sich einzureden, dass das der einzige Grund war.

Als James noch verärgerter als zuvor näher rückte, wurde sie wieder in die Wirklichkeit zurückgerissen. Er sah sie immer noch erwartungsvoll an. Nachdem Emily einmal tief durchgeatmet hatte, entschied sie sich dafür die Wahrheit zu sagen.

„Meine Eltern leben getrennt, ich wohne bei meiner Mutter und die ist nicht gerade wohlhabend. Mein Vater finanziert mir die Schule und ich bekomme jeden Monat ein Taschengeld von ihm. Er wollte mir schon alle möglichen Dinge, wie zum Beispiel ein Auto kaufen. Ich habe es jedoch immer abgelehnt. Wenn ich jetzt auf einmal 40.000 $ von ihm verlange, dann wird ihm das auffallen und er wird wissen, dass etwas faul ist. Mein Vater ist ein wichtiger Mann, er würde alles tun um mich hier rauszuholen. Das würde eure Pläne schneller durchkreuzen, als ihr denkt."

James hatte sich inzwischen zurückgelehnt und seine Arme vor der Brust verschränkt. Sein Gesichtsausdruck war etwas sanfter geworden, doch immer noch sah er sie skeptisch an.

„Wieso erzählst du mir das?"

„Weil es die Wahrheit ist.

48 Stunden in ihrer GewaltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt