Kapitel 26

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Er hasste dieses ungute Gefühl in der Magengegend. Und er hasste sich dafür, dass er dieses Gefühl hatte. Immer wieder kam James Emily zu nahe und schaffte es nicht diese ständigen Annäherungen zu unterlassen. Sobald er in ihrer Gesellschaft war, konnte er dem Drang Emily nahe zu sein einfach nicht widerstehen und verlor seine Zurechnungsfähigkeit.

Mit mehr Schwung, als notwendig gewesen wäre, knallte James die Tür des Kühlschranks zu, nachdem er einige Lebensmittel für Emily herausgeholt hatte. Er bemühte sich so gut es ging, nicht mehr an den intimen Moment im Badezimmer zu denken, als er Emily beinahe geküsst hätte. Es hatte nicht mehr viel gefehlt und er hätte seine eiserne Selbstkontrolle verloren.

Beinahe hätte er die Grenze überschritten. Er hatte tatsächlich gedacht, er könnte sich beherrschen, doch ihr Blick... In ihren Augen hatte so viel Sehnsucht, so viel Leidenschaft gelegen, wie James sie empfand. Vielleicht bildete er sich das aber auch nur ein und wünschte sich lediglich, dass Emily Sehnsucht und Leidenschaft empfand, wenn es um seine Person ging. In seinem momentanen Zustand war das durchaus möglich.

James ertappte sich dabei, wie er regungslos dastand und über Emily nachdachte. Er wusste nicht einmal, wie lange er schon so gedankenverloren vor sich hin starrte, doch egal wie lange er es getan hatte – es war zu lange. Es stand ihm einfach nicht zu, derartige Gedanken zuzulassen. Krampfhaft lenkte James seine Gedanken auf ein anderes Thema. Er musste nicht lange überlegen, denn schließlich wusste er noch immer nicht, was er den Jungs wegen Robert sagen sollte.

Vermutlich würde er sie noch eine Weile glauben lassen können, dass Robert wohl irgendwo in der Wohneinheit unterwegs war, doch es würde nicht mehr lange dauern und seine Kumpane würden genauer nachhaken, vor allem Larry. James wusste nicht, wie lange er Roberts Tod noch geheim halten konnte, doch lange würde es definitiv nicht mehr dauern.

Im Moment hoffte er einfach nur, dass keiner der Jungs schon auf den Beinen war und ihm somit Fragen stellen konnte. Mit langsamen Kopfschütteln schickte James ein Stoßgebet gen Himmel, dass er durch den Lärm, den er in der Küche gemacht hatte, niemanden auf sich aufmerksam gemacht hatte. Er musste fast lachen, schließlich war er überzeugter Atheist, aber man wusste ja nie.

Seine Hoffnungen wurden jedoch nicht erfüllt, denn er vernahm die Geräusche des schlurfenden Gangs von George. James versuchte ihn zu ignorieren, als er im Türrahmen lehnte und ihn dabei beobachtete, wie er Essen in eine Schüssel legte, um es Emily zu bringen. Er hoffte, dass George ihn in Ruhe lassen würde, wenn er nicht auf ihn reagierte, doch auch dieser Wunsch wurde ihm nicht erfüllt.

„Warst du gestern doch noch bei ihr?"

Georges Stimme war zögerlich und leise, so als hätte er Angst davor, diese Frage zu stellen. James behelligte ihn nicht weiter und fuhr unbeirrt mit seiner Tätigkeit fort. Doch George wollte offenbar noch nicht aufgeben.

„Nachdem ich gestern eine halbe Stunde später zurück in den Gemeinschaftsraum gekommen bin, warst du nicht mehr da. Ich habe die Stereoanlage ausgeschaltet."

Noch immer reagierte James nicht auf George. Sollte er seinen Monolog doch weiterführen, das juckte James recht wenig.

„Es wundert mich allerdings, dass ich Robert nicht mehr gesehen habe. Er ist seit gestern nicht mehr aufgetaucht. Weißt du zufällig, wo er ist?"3

Erst jetzt sah James George an, der ihm einen erwartungsvollen Blick zuwarf. Seine Miene hellte sich etwas auf, als James endlich auf ihn reagierte, so als hätte er diese Bestätigung nötig gehabt.

„Nein", meinte James knapp und gleichgültig.

George senkte den Blick und trat von einem Fuß auf den anderen, so als hätte er einen Verdacht, traute sich aber nicht ihn auszusprechen. Schließlich konnte er sich aber doch dazu überwinden.

48 Stunden in ihrer GewaltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt