James steuerte auf einen nahegelegenen Park zu, in dem Emily und er einige Stunden lang auf einer Bank saßen und sich unterhielten. Während der ganzen Zeit erzählte sie ihm, wie es ihr seit dem Studium ging und was sie so tat. Bis auf einige Zwischenfragen unterbrach er sie nicht, sondern sah sie nur an. Ihre großen blauen Augen, deren Farbe von dem dunklen Wimpernfächern noch intensiver schien, strahlten immer noch diesen unbezwingbaren Kampfgeist aus. Ihr braunes, glattes Haar glänzte in der Sonne. Sie war in den vergangenen Jahren sogar noch schöner geworden.
Anfangs war sie verkrampft und unsicher, traute sich kaum ihn anzusehen, doch je länger sie zusammensaßen und sich unterhielten, desto entspannter wurde sie. Die Stunden zogen nur so dahin und irgendwann war Emily am Ende ihrer Geschichte angekommen. Nun sah sie ihn erwartungsvoll an und schien eine unausgesprochene Frage auf den Lippen zu haben. James dachte schon, dass sie sie nicht stellen würde, doch dann tat sie es doch. In ihrer Stimme lag keinerlei Tadel, auch keine Angst, nur die reinste Form der Neugier, die er schon von ihr kannte.
„Wie hast du mich gefunden?"
James lachte auf und konnte gut verstehen, dass sein plötzliches Auftauchen bei Emily Schock und Verwirrung ausgelöst hatte. Ihren Blick, als sie sich zu ihm umgedreht hatte, nachdem er diesem Arschloch eine reingehauen hatte, würde er wohl nie vergessen. Das pure Entsetzen war ihr ins Gesicht geschrieben gewesen.
„Denk bitte bloß nicht, dass ich dich all die Jahre lang verfolgt hätte, oder dass ich dir aufgelauert habe, wie so ein Monster aus einem Horrorfilm, denn das war wirklich nicht der Fall, das kann ich dir versichern."
James überlegte für einen Moment, wo er anfangen sollte.
„Also ich hab dir ja erzählt, dass ich eine Wohnung habe. Und ob du es glaubst oder nicht, aber die ist eine viertel Stunde von dieser Universität entfernt. Nach der Geschichte an deiner Highschool habe ich nicht den Wohnort gewechselt, weil ich mir gedacht habe, dass die Bullen mit Sicherheit annehmen würden, dass ich den Bundesstaat verlassen werde.
Jedenfalls bin ich vor etwa einer Woche zur Arbeit gefahren. Ich war etwas später dran, als sonst, weil ich am Vortag vier Überstunden gemacht hatte und der Chef mir gesagt hat, dass ich am nächsten Tag dafür erst um zehn Uhr anfangen muss. Der Weg zur Autowerkstatt führt an der Uni vorbei und aus irgendeinem Grund sah ich zur Seite.
Da sah ich ein Mädchen mit langen dunkelbraunen Haaren. Ich wusste sofort, dass du es bist. Von da an ging ich nachmittags immer spazieren und sah mich ein wenig am Campus um, in der Hoffnung dich irgendwann wiederzusehen, und heute war es soweit."
Emily lächelte ihn an und wartete darauf, ob er noch etwas sagen wollte. Als dies nicht der Fall war, ergriff sie selbst das Wort.
„Du hast eine Arbeit?", fragte sie und ihr Lächeln wurde noch breiter.
„Ja allerdings", sagte James stolz „ich habe eine Lehre in einer Autowerkstatt gemacht und arbeite dort inzwischen seit über drei Jahren. Es hat zwar eine Zeit lang gedauert, bis ich jemanden gefunden habe, der mich ausbilden wollte, aber schlussendlich bin ich dort gelandet und ich muss zugeben, dass mir die Arbeit gefällt. Mein Gehalt könnte auch schlechter sein und ich führe inzwischen ein bodenständigeres Leben, als du dir vorstellen kannst."
Emily schien sprachlos zu sein. Sie sah ihn nur an und suchte anscheinend nach einem Grund für diese 180 Grad Wendung. Die Wahrheit war, dass sie der Grund dafür war. Sie hatte ihm das Leben gerettet und ihn gehen gelassen. Er hatte eine zweite Chance erhalten und die wollte er um jeden Preis nutzen. Vermutlich war es an der Zeit, ihr das klar zu machen.
„Nachdem sich diese Aufzugtüren geschlossen hatten und ich mir sicher war, dass ich dich nie wieder sehen würde, da wusste ich, dass ich mein Leben ändern musste. Ich hab mir die Wunden geleckt und als alles verheilt war, habe ich angefangen mein Leben umzukrempeln. Ich habe seitdem niemanden mehr bestohlen oder sonst etwas Verbotenes angestellt."
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48 Stunden in ihrer Gewalt
RandomEmily führt ein sehr zurückgezogenes Leben in einer Privatschule, wo sie nicht viel mit ihren Mitschülerinnen anfangen kann. Doch eines Tages nimmt das ruhige Leben dort ein jähes Ende, als vier Männer ihre Wohneinheit stürmen, sie und ihre Mitbewoh...