∆ Kapitel 12

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Tage ohne ein Wort zu Liam vergehen. Waren meine Worte zu hart? Aber eigentlich müsste er ja verstehen, dass ich sauer war. Vielleicht waren meine Worte doch schlimmer, als ich dachte.
Immer habe ich den Vorsatz richtig nachzudenken bevor ich etwas äußere, doch manchmal rutschen mir Wörter einfach so raus. Leider sind sie nicht, wie ein Paket, dass man wieder zurückschicken kann.
Einmal ausgesprochen können sie Schaden anrichten und man kann nicht leugnen, dass man ein paar Sekunden oder Minuten auch so gedacht hat über die Person.

Liam blickt mich nicht mehr an, wenn ich an ihm vorbei laufe. Von ihm kommen auch keine blöden Kommentare mehr. Auch das Kettenrauchen vor meinem Fenster findet nicht mehr statt. Es sind Dinge, die ich hasse, doch irgendwie fehlen sie mir. Wenn ich als da sitze und zeichne schaue ich aus dem Fenster und Stelle mir vor, wie er mit seinem Grinsen mich anblickt.
Klar, ist die Wut von mir auf ihn nicht weggeweht, dennoch kann ich ihn verstehen. Mit dem Wissen, was die Nacht vorher passiert ist hätte ich ihm nicht abgekauft, dass wir nichts gehabt hätten.

Durch Bex weiß ich allerdings, dass ich erst um 5:00 Uhr nach Hause gekommen bin und wir bereits um null Uhr rumgemacht hätten und ich um 2:00 Uhr so müde war und nur noch nach Hause wollte. Fiona hingegen hätte vergebens versucht sich an Niall ranzuschmeißen. Immer wieder sei sie zu ihm gegangen, doch er hätte nur seine Show abgezogen. Bex und Sully fanden, dass daraus bestimmt ein Netzhit hätte werden können.
Ich hingegen sei totmüde gewesen und hätte im Auto geschlafen. Dabei ist mir wahrscheinlich der Schlüssel aus der Hosentasche gefallen. Zumindest hat Bex zwei Wochen danach ihn in der Ritze meines Sitzplatzes gefunden.
Was ich mit der Geschichte auf dem Punkt gebracht sagen will: Ich habe als ich ihn angemault habe nur die halbe Geschichte gewusst. Dazu bin ich eh ein Mensch, der sich zu sehr in alles reinsteigert. Damit meine ich nicht, dass ich kein Recht habe sauer zu sein, sondern ich habe kein Recht ihm indirekt an den Kopf zu werfen, dass er eine männliche Schlampe sei.

Es ist nun drei Wochen her, dass es passiert ist. Ich komme von der Schule nach Hause, als ich einen braunhaarigen Jungen vor seiner Tür stehen sehe. Ich schätze ihn um die zwei, drei Jahre älter als ihn. Er hat leichte Bartstoppeln, hellblaue Augen und einen punkartigen Haarschnitt, der aber gut zu seiner Gesichtsform passt. „Hey, ich bin Louis, Liam's Bruder. Weißt du wann er als nach Hause kommt? Ich stehe schon eine Stunde hier rum", lächelt er freundlich. „Ich bin Malia. Weiß er nicht, dass du kommst?",frage ich verwirrt.

„Er hat zu allen Familienmitgliedern den Kontakt abgebrochen, außer zu Connor. Wir hatten keinen Kontakt mehr, seit dem er auf Selbstfindungstour gegangen ist, um seinen Traum als Tänzer zu leben. Was für ein Idiot. Wirft die Chance weg um im Familienunternehmen zu arbeiten. Er hätte sogar die Möglichkeit gehabt bei seinen guten Noten die Praxis später zu übernehmen. Wie kann man nur so stroh dumm sein?", lacht er und schaut mich die ganze Zeit mit einem herabschauenden Blick an. Beim Gespräch spielt er außerdem andauernd mit seiner Applewatch herum. „Wahrscheinlich hatte er damit Recht. So einen Bruder, der einen Null unterstützt, nur weil man nicht den für ihn vorhergesehenen Weg einschlägt, braucht man nicht", kontere ich und verdrehe meine Augen. „Außerdem ist er nicht dumm. Ja, er ist ein Idiot, aber er ist nicht dumm", füge ich hinzu.

„Was machst du hier?",fragt Liam, der plötzlich hinter mir steht. Mein Herz macht einen kurzen Satz, da ich ihn nicht so schnell erwartet habe. „Vater ist krank. Ich dachte das solltest du wissen. Mach deinen alten Mann doch zum letzten Mal stolz und komme zurück ", sagt Louis mit einem schelmischen Lächeln. „Kein Interesse", antwortet Liam. Seine Arme sind verschränkt und er verdreht die Augen. „Er wollte dich nochmal sehen", fügt Louis hinzu. Woraufhin Liam den Kopf schüttelt und sagt:„Wieso sollte ich zurückkommen? Um mich zu verstellen? Um ein Leben zu leben, welches ich nicht will? Vielleicht wirke ich egoistisch, aber ist es wirklich egoistisch von unserem Vater fern zu bleiben, der mir jeden Tag auf verschiedene Art und Weißen jahrelang weh gemacht hat? Bitte verschwinde! Ich will dein Gesicht hier nicht mehr sehen!"

Louis verlässt daraufhin das Grundstück. Ich hingegen bleibe, wie versteinert stehen. Noch nie habe ich Liam so außer sich gesehen. Ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren soll, wie er nun zu mir steht, ob er immer noch sauer ist. „Was hat er dir erzählt?",fragt Liam, immer noch außer sich. „Nur, dass du das Familienpraxis nicht übernehmen wolltest", antworte ich, ohne ihn anzusehen. Mein Herz raßt, wie verrückt, da ich wirklich keine Ahnung habe, wie ich reagieren sollte. „Und richtig sympathisch?", fragt er immer noch richtig mies gelaunt. „Einfach nur widerlich von der Art her", antworte ich. „Ich habe mitbekommen, wie du versucht hast mich zu verteidigen. Bei ihm verschwendest du nur Zeit", sagt er und blickt mir in meine Augen.

Immer noch nicht weiß ich so richtig, wie ich jetzt am besten reagiere. Er wirkt richtig wütend, aber auch traurig. Ich will nichts falsches sagen. „Kommst du heute Abend mit? Ich muss meinen Kopf frei bekommen", fragt er. Meint er jetzt, dass ich mit in den Strippclub kommen soll? „Wohin?",frage ich verwirrt. „Ein Tanzbattle mit ein paar Freunden. Und danach wird eine Überraschung für dich", sagt er. Verdammt eigentlich nicht so wirklich mein Ding, aber ich möchte nicht nein sagen, vor allem in dieser Situation nicht. „Ja, ok", antworte ich, wobei ich eigentlich wirklich gar keine Lust habe. Vor allem, wie erkläre ich das meiner Mum oder den zwei kleinen Zwillingsbiestern?

Strip that Down | L.P. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt