∆ Kapitel 16

251 2 1
                                    

Plötzlich klingelt mein Handy. „Ich muss da ran, es tut mir leid", sage ich, woraufhin Liam ein Schritt von mir weg geht. Mich nervt es, aber ich will eben nicht, dass irgendwas von heute Abend an meine Familie gelangt.

Als ich das Display sehe, bin ich beruhigt, dass es Bex ist. „Nächstes Mal, wenn du etwas machst, was deine Mutter nicht erfahren soll schreibst du mir zumindest einmal vorher. Sie hat mich gerade angerufen, wo du bist. Du kennst deine Mutter, schaffe dich zu mir, nicht dass sie noch einen Kontrollbesuch startet. Und dann will ich ALLES wissen", brummt Bex richtig genervt und teils auch ziemlich verschlafen. Scheiße... Gerade auch wegen diesen Momenten, die mir verloren gehen... Scheiße.... verdammt ist das auch noch peinlich obendrauf...was Liam nur denkt?!

„Gut, ich komme...", mehr kann ich nicht sagen, bevor sie schon auflegt. Direkt drückt Liam mir mein T-Shirt in die Hand. Er hat seins schon angezogen. Schnell streife ich mir meins über und wir rennen förmlich aus dem Gebäude. „Bin ich froh, dass...ich nicht... mehr auf meine... Eltern hören muss", witzelt Liam beim Rennen. So schnell bin ich noch nie gelaufen. Schuld daran ist auch das Adrenalin, welches gerade meine Venen durchflutet. Froh bin ich, als wir sein Auto erreichen, in das ich gleich hinein springe. „Charlesstraße 67", sage ich leise, woraufhin Liam nickt.

Liam dreht den Motor an und fährt los. Als Musik läuft Pony, wobei Liam lauthals mitsingt. Seine Stimme klingt nicht schlecht. Sie ist irgendwie sogar entspannend. Verdammt. Ich habe mich wirklich Hals-über-Kopf in ihn verliebt. Wie erkläre ich es alleine schon Bex? Warum habe ich mir vorher nicht ihren Rat eingeholt, wie immer? Wieso habe ich ihr nie erzählt, dass ich Gefühle für Liam habe, schließlich sind wir beste Freundinnen? Wahrscheinlich weil ich meine Verknalltheit in Liam selbst nicht wahr haben wollte... beziehungsweise immer noch nicht will. Noch führe ich ein geregeltes Leben. Mit ihm wird es nicht mehr möglich sein. Ich sehe es schon kommen... Warum muss er so heiß sein? Das ist unfair.

Dutzende Gedanken und Vorwürfe überfluten mein Kopf, so dass ich nichts sage während der Fahrt. Liam versucht weiterhin die Stille zu überfluten, in dem er zu Radiosongs mitsingt, doch in meinem Kopf spielen weiterhin meine Gedanken gegeinander Ping-Pong.  Mein Magen tut mittlerweile schon leicht vor Aufregung weh. Es wird nicht besser, als wir an dem Haus von Bex ankommen. „Ich hoffe du hattest trotzdem einen schönen Abend. Wenn du Bilder für die Ausstellung hast schiebe die mir unter dem Türschlitz durch",sagt Liam, worauf ich nicke und sein Auto verlasse.
Direkt fährt er weiter, was auch gut so ist, dennoch wäre ich am liebsten mit ihm gefahren. Auf diese Situation habe ich keine Lust.

Genervt atme ich durch und rufe Bex auf meinem Handy an. Wir benutzen nie eine Klingel, weil es zu auffällig ist. Außerdem bemerken wir es so schneller, wenn jemand da ist und es besteht weniger die Gefahr, dass von unseren Eltern jemand die Tür öffnet. Kaum eine Sekunde später macht Bex die Tür auf und lässt mich hinein. Direkt gehen wir, ohne Umweg, in ihr Zimmer.
Ihr Blick verrät mir, dass sie ziemlich sauer ist. Wer kann ihr es verübeln? „Du bist meine beste Freundin. Verdammt ich mag all deine Ecken und Kanten, aber was ich nicht leiden kann ist es für dich zu lügen, wenn ich nicht Mal weiß was bei dir abgeht. Du hast nichtmal mit einem Wort erwähnt, dass du auf Liam stehst oder was ihr auch immer da am Laufen habt", flüstert Bex, wobei sie sich zwischendurch immer wieder zügelt nicht laut zu werden. Dabei fuchtelt sie wild mit den Händen herum.

„Ja, eigentlich... eigentlich hasse ich ihn. Nur heute wurde ich vom Gegenteil überzeugt. Seine Vergangenheit ist verkorkst und seine Arschloch-Art anscheinend nur Fassade. Ich wollte es dir spätestens morgen sagen-wirklich. Es ging alles so schnell", entgegne ich aufgebracht. „So schnell kann sich eine Meinung nicht ändern. Du kannst nicht gestern einen hassen und heute gehst du auf ein Date", meint sie und verschränkt ihre Arme. „Kennst du nicht das Sprichwort von der verbotenen Frucht? Ich habe versucht ihn zu hassen, wirklich versucht, aber je mehr ich über ihn erfahren habe, desto mehr hat er mich angezogen", erkläre ich. Sie geht auf mich zu, schaut mir in die Augen und sagt:„Na schön. In dem Punkt verzeihe ich dir. Ich weiß aber nicht ob es wirklich eine gute Idee ist sich weiterhin mit ihm zu treffen, wenn er so  eine ,verkorkste Vergangenheit' hat", sagt sie und äfft mit ihren Fingerspitzen Anführungszeichen nach.

„Erst hat er mich auf ein Tanzwettbewerb zwischen ihm und seinen Kumpels mitgeschleppt. Er hat wirklich ein riesen Talent. Danach waren wir im Stadtmuseum. Liam konnte es organisieren, dass mir zwei Plätze zur Verfügung stehen", erzähle ich. „Ist nicht wahr...wie süß ist das denn?", sagt Bex auf einmal. Dann reißt sie sich zusammen und fügt hinzu:„Jetzt kann ich ihn auch nicht mehr hassen. Dennoch lasse ihn nie zu nah an dich heran. Wenn er dir weh tut kratze ich ihm persönlich seine Augen aus."
„In dem Fall hast du meine Erlaubnis", grinse ich.

Es vergeht einiges an Zeit und viele Gespräche, bis wir schlafen gehen. Wir lieben es Beide zu reden. Mit ihr macht es Spaß, da ich mich verstanden von ihr fühle. Man muss kein Blatt vor den Mund nehmen, oder lang überlegen, was man sagt oder eben nicht. Wir akzeptieren uns, wie wir sind mit all unseren Macken. Dadurch fällt es uns auch leicht einander zu durchschauen.

Strip that Down | L.P. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt