Kapitel 22

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Berührt schaute ich Kyle an. Sein Blick wich meinem aus, um so mehr bewegte es mich, dass er mir erzählen möchte was es mit seinen Panikattacken damals auf sich hatte. Ihm schien es sichtlich schwer zu fallen. Ich versuchte ihm nochmal zu erklären, dass er sich nicht dazu gezwungen fühlen muss, es mir zu erzählen, nur weil er diese Seite von mir gesehen hat. Ich will nicht, dass er Schuldgefühle oder so hat. Er versicherte mir aber, dass er es nicht deswegen tun will, sondern weil er mich mag und mir vertraut. Diese Aussage ließ mein Herz warm werden.

Kyle holte noch einmal tief Luft und fing an zu erzählen: "Vor knapp Drei Jahren habe ich meine Mom verloren." sprach er das aus, was ihm auf den Herzen lag. Von einer Sekunde auf die andere, war mein Herz auf einmal so schwer wie blei. Mein Gesichtsausdruck veränderte sich von Neugier in Besorgnis und Mitleid. Kyle schaute mir kurz in die Augen und schaute dann wieder in die Ferne hinaus.

"Knapp Zwei Jahre davor, wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert... Sie versuchte erst dagegen anzukämpfen, aber als dann auch die aller letzte Möglichkeit, den Krebs zu heilen, nicht geklappt hatte... hat sie aufgegeben zu Kämpfen. Wir waren es alle Leid sie so leiden zu sehen und zusammen als Familie haben wir entschieden, dass es besser ist, wenn sie ihre letzten Monate in Frieden mit ihrer Familie verbringt." während Kyle erzählte, musste er ein Paar mal kurz stoppen und durchatmen. Er wischte sich eine Träne, die sich aus seinem Augenwinkel den Weg nach unten bahnte, weg. Auch mir liefen bereits die Tränen. Dieser Moment war so emotional. Ich kann mich komplett in Kyle hinein versetzen und weiß genau wie es sich anfühlt einen geliebten Menschen zu verlieren. Er weiß das. Vermutlich vertraut er es mir deswegen an. "Es tut mir so leid." es war kaum mehr als ein flüstern, welches den Satz über meine Lippen brachte.

Kyle schaute mich immer noch nicht an. Ich rutschte etwas näher an ihn heran. Jetzt saßen wir direkt nebeneinander und unsere Oberarme berührten sich leicht. "Es war nicht einfach sie bis in die letzte Phase zu begleiten und den ganzen Prozess mit zu erleben. Deswegen hatte ich kurz nach ihrem Tod Panikattacken. Nicht so viele, aber genug um zu wissen wie scheiße es einem in so einer Situation geht. Vor allem wenn man es nicht aufhalten kann." sprach er weiter. Mein Herz zog sich zusammen. Nicht nur durch den Gedanken daran, dass Kyle seine Mom verloren hat, jetzt denke ich auch wieder an Josh. Ohne zu überlegen, schlang ich meine zierlichen Arme um Kyle und zog in eine Umarmung.

Mein ganze Körper fing an zu kribbeln, als er meine Umarmung erwiderte. Sein Geruch stieg mir in die Nase und ich atmete diesen einmal tief ein. Ich genoss diesen Moment, auch wenn er eigentlich traurig war.

Kyle löste sich von mir, aber nicht komplett. Seine Hände ruhten auf meinen Hüften und seine Stirn legte er gegen meine. Meine Hände legte ich an sein Gesicht und schloss meine Augen. "Es tut mir unendlich leid, dass du so etwas durchmachen musstest." Für mich war es schon schlimm meinen Bruder zu verlieren, aber hätte ich meine Mutter oder meinen Vater verloren.. Ich möchte gar nicht daran denken. Es muss unglaublich schwer für ihn gewesen sein. Es ist ja auch erst fast drei Jahre her, es muss schrecklich wehtun darüber zu reden.

Wieder liefen mir vereinzelt Tränen über mein Gesicht. Kyle hob seine Hände an mein Gesicht und wischte sie mir mit seinen Daumen weg. "Hey, nicht weinen." versuchte er mich davon abzuhalten, doch ich erkannte, dass seine Augen auch funkelten. Er versuchte seine Tränen zu unterdrücken. "Wieso nicht?" stelle ich leise die Frage "Wir sind beide so kaputt. Wir haben beide einen geliebten Menschen verloren." fügte ich flüsternd hinzu.

Kyle lächelte schwach und schaute mir tief in die Augen. Durch die Dunkelheit wirken seine fast schon schwarz. Ich könnte stundenlang in seine schönen Schokobraunen Augen starren. Ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen, so nah waren wir uns. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Körper aus und ich kann in diesem Momentan an nichts anderes denken, als daran, wie seine Lippen wohl schmecken. Kyle schien wohl etwas ähnliches zu denken, denn ich bemerkte wie er immer wieder auf meine Lippen schaute. Wäre es in diesem Moment überhaupt das Richtige ihn zu küssen? Er hat mich gerade an etwas sehr privates und schlimmes aus seinem Leben teilhaben lassen und ich kann an nichts anderes Denken, als seine Lippen auf meine.

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