Kapitel 13

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Zunächst war alles in Ordnung gewesen. Tobio hatte das Gefühl, dass es bergauf ging, dass es bergauf gehen musste, und er das Schlimmste endlich hinter sich hatte. Er hatte sich mit Shouyou ausgesprochen, hatte das Gefühl seine Vergangenheit endlich zu schätzen anstatt unter ihr zu leiden, hatte endlich Hoffnung auf eine Zukunft, eine bessere Zukunft. Er schien sogar in der Lage zu sein damit klar zu kommen, dass er Besuch bekam.

Kuroo-san war vorbei gekommen, und es hatte ihn nicht gestört, und das obwohl Kozume ebenfalls da gewesen war, und sie hatten zu dritt ein paar nette Stunden verbracht, in denen sich Tobio nicht beschissen gefühlt hatte.

Shouyou war wie versprochen wieder zurückgekommen von seinem Essen mit Oikawa, hatte ihn an diesem Abend ins Bett gebracht und dieses Mal hatte Tobio das nicht als demütigend empfunden, sondern sogar als einigermaßen rührend. Sein Ehemann kümmerte sich um ihn, war für ihn da, blickte ihn nicht mit Mitleid in den Augen an, sondern so als wäre er etwas Wertvolles.

Es war ein guter Tag gewesen. Er hatte gedacht, dass er mit seinem Leben, seiner Situation, Frieden geschlossen hatte. Dass alles gut werden würde.

Doch so einfach war es nicht.

Am nächsten Morgen war noch alles in Ordnung, aber dann ... dann passierte es.

Er hatte mit Shouyou und Kozume gefrühstückt und mit halben Ohr zugehört wie Kozume für ihn unverständliches Zeug über ein Spiel, dem er ein neues Youtube-Video widmete, erzählt hatte, während er in Wahrheit Shouyou beobachtet hatte wie dieser Kozume zuhörte und dabei einiges mehr zu verstehen schien als Tobio. Tobio hatte versucht herauszufinden, ob Shouyou glücklich wirkte, oder ob da irgendetwas unter der Oberfläche lauerte, was darauf hinwies, dass er in Wahrheit unglücklich war.

Es war nicht, dass er automatisch davon ausging, dass Shouyou ihn anlog, aber zuvor hatte Shouyou erwähnt, dass er aus seinem brasilianischen Team ausgetreten war, und Tobio war sich nun einfach nicht sicher, ob sein Mann diesen Schritt in Wahrheit nicht bereits bereute, und das nur nicht sagte um ihn zu verletzen.

Er konnte aber nichts an Shouyou erkennen, das darauf hinwies, dass er seine Entscheidung bereute. Immerhin gab es genug japanische Teams, die sich darum prügeln würden ihn als Spieler zu haben, das wussten sie alle, also machte es ihm vielleicht wirklich nichts aus, aber ... Nun, Tobio war vielleicht einfach misstrauisch, vielleicht glaubte er einfach nicht, dass die Dinge wirklich so einfach sein würden, dass es ihnen bestimmt war glücklich zusammen zu sein. Er suchte nicht nach Ärger, nein, es war eher nur so, dass er dem Frieden nicht über den Weg traute.

Und dann kam der Anruf.

Seit seiner Verletzung hatte Tobio meistens den Unerreichbaren gespielt. Er nahm Anrufe nicht mehr entgegen, sondern ließ die Mobilbox abheben. Später hörte er sich dann an, was ihm hinterlassen worden war. Meistens hörte er sich nur die Anfänge der Nachrichten an, um festzustellen was wichtig war und was nicht. Wohlgemeinte Nachrichten von alten Teamkameraden und Bekannten ignorierte er fast vollständig, Nachrichten von der Bank, seinem Management, oder seinen Ärzten hörte er sich an, weil er das musste - immerhin könnte es um etwas Wichtiges gehen.

Doch an diesem Tag tat er etwas, das er schon lange nicht mehr getan hatte: Anstatt den Anruf nicht anzunehmen und der Mobilbox zu überlassen, hob er ab. Er konnte Shouyous überraschten Gesichtsausdruck angesichts seines Verhaltens gerade noch registrieren bevor er sich auf den Anrufer konzentrieren musste. Und er stellte zu seiner Überraschung fest, dass es sich um Miwa handelte.

„Oh, Tobio, ich wollte wissen, wie es dir inzwischen geht", erklärte sie, „Wohnst du noch mit Hinata zusammen? Seid ihr inzwischen in eine eigene Wohnung gezogen? Wie läuft die Reha? Ich habe länger nichts von dir gehört. Weißt du schon wie es mit dir weitergehen wird? Ich habe gehört, dass du Teil eines Beitrags zur Handball-Weltmeisterschaft bist, bedeutet das, dass du einen neuen Job hast?"

Lonley at the TopWo Geschichten leben. Entdecke jetzt