❁ Sunflower ❁

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❁ Sunflower ❁

Fokussiert schritt Wakatoshi auf den Eingang der Turnhalle zu. Noch lag er gut in der Zeit, trotzdem hasste er es, mit dem Klassendienst an der Reihe zu sein und deshalb als letztes zum Antritt vor der Laufrunde zu erscheinen. Tief hatten sich seine Augenbrauen in sein Gesicht gezogen, unterdessen sein leises Murren durch das Knirschen seiner Schuhsohlen auf den Gehwegplatten übertönt wurde. Nur vage nahm er das Rascheln der saftig grünen Blätter an den pfadsäumenden Bäumen wahr, als sich der Wind darin verfing und der kühle Luftzug sein von der Augustsonne erhitztes Gesicht streifte. Immer weiter näherte sich der Captain der Turnhalle und während er zielstrebig die bereits weit geöffnete Flügeltür mit seinem Blick fixierte, erregte plötzlich etwas daneben seine Aufmerksamkeit, als die Bäume der Allee sich lichteten und mehr Sicht auf das Gebäude freigaben. Semi stand neben der Tür, ihm den Rücken zugewandt und sprach mit jemandem. Die Schultern des Ersatz-Setters verdeckten das Gesicht seines Gesprächspartners, doch anhand der Uniform konnte das Ass erkennen, dass es sich um ein Mädchen handelte. Wakatoshi wusste nicht, wieso er hinsah. Es war nichts Ungewöhnliches daran, das sein Teamkamerad mit einer Mitschülerin sprach. Denn, obwohl er seit diesem Jahr seinen Stammplatz an Shirabu abtreten musste, so war er noch immer sehr beliebt bei ihren weiblichen Fans. Bereits öfter hatten Mädchen den Drittklässler angesprochen, der die Aufmerksamkeit jedes Mal sichtlich genoss.

Lässig hatte Semi eine Hand in die Hüfte gestemmt und ein Bein locker auf der unteren Stufe zur Tür angewinkelt. Wakatoshi sah, wie das Mädchen, das er noch immer nicht erkennen konnte, die Hand hob und begann eine ihrer aschblonden Strähnen um ihren Finger zu wickeln.

Mit einem Mal traf es den Sportler wie ein Blitz, als er die unverkennbare Haarfarbe entdeckte. Den Blick starr auf Semi und seine Gesprächspartnerin gerichtet, wich er immer weiter zur Seite, während er näher rückte, um zu sehen, ob sich sein Verdacht bestätigte. Allmählich änderte sich sein Blickwinkel, bis er sie sehen konnte. Und sie war es tatsächlich! Kohana stand dem Ersatz-Setter gegenüber und blickte lächelnd zu ihm auf.

Ushijimas Stirn runzelte sich, derweil er sie genau betrachtete, indes er sich immer weiter näherte. Sie trug nicht ihr übliches Schmunzeln auf den Lippen. Es war weder fröhlich noch strahlend wie sonst. Verkrampft, schoss es dem Sportler durch den Kopf. Sie lächelte künstlich und verkrampft, als ob sie es müsste, obwohl sie es eigentlich nicht wollte.

Was ging da vor sich?

Wakatoshi spürte, wie sich etwas in ihm regte. Ein Groll, der aufzusteigen begann wie das Magma in einem Vulkan. Wie aus einem inneren Instinkt heraus wollte er dazwischen gehen. Sich vor sie stellen, als wäre ihr Gegenüber nicht Semi Eita, mit dem er bereits seit drei Jahren Volleyball spielte, sondern jemand, der sie belästigte und vor dem sie Schutz brauchte. Jemand, der kein Recht hatte, mit ihr zu reden. Ushijimas wusste, wie kindisch es war und dennoch konnte er nichts dagegen tun, als sich seine Schritte wie von selbst beschleunigten, denn es fühlte sich an, als würde jemand sie ihm wegnehmen wollen.

„Hat dir das Finale gefallen, ja? Wir haben demnächst ein Trainingsspiel. Du könntest kommen und uns anfeuern. Nicht nur Tendou würde sich darüber freuen."

Idiot, dachte Wakatoshi, als er nah genug war, um endlich zu verstehen, was Semi schwadronierte. Er wusste, dass Kohana niemals zum Anfeuern kommen würde. Viel zu groß wäre die Gefahr, dass Tendou die gleiche Show abziehen würde, wie beim letzten Mal. Und sie wollte unter allen Umständen vermeiden, erneut so blamiert zu werden. Still und heimlich würde sie sich eher unter die Zuschauer mischen, um einem Spiel beizuwohnen und dabei verhalten und versteckt innerlich bei jedem Punkt jubeln. Am liebsten hätte Wakatoshi seinem Teamkameraden genau das an den Kopf geknallt. Aber wer war er, dass er den Ersatz-Setter über die Erstklässlerin belehren wollte?

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