❁ Roses ❁
Kühl blies der nasskalte Oktoberwind Wakatoshi ins Gesicht, während er die gewohnte Rasenfläche betrat. Wie üblich saß Kohana bereits am Blumenfeld, auf dem nur noch spärliche Farbtupfer von der einstigen Pracht im Sommer zeugten. Über ihren Schultern hing locker und viel zu groß, eine ausrangierte Trainingsjacke des Volleyballclubs der Shiratorizawa von ihrem Bruder - wie so häufig in letzter Zeit. Sie hatte ihm einmal gesagt, dass sie beim ersten Tragen erstaunt gewesen war, wie warm der dünn aussehende Stoff doch hielt und dass sie es witzig fand, dass sie und der Captain im Partnerlook vor der Wiese saßen.
„Kohana."
Leicht zuckte die Erstklässlerin zusammen und ließ den Sportler die Stirn runzeln. Ihn beschlich sofort das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
„Ich hab dich gar nicht gehört."
Das war merkwürdig. Für gewöhnlich begrüßte die Schülerin den Volleyballer noch bevor er sie richtig erreicht hatte. Was war los? Langsam drehte sie ihren Kopf und sah ihn über die Schulter hinweg an. Das Strahlen, das sonst ihre Iriden funkeln ließen, war nicht mehr als ein leichtes Glimmen. Das warme Lächeln, das sonst ihre Lippen zierte, wirkte nun matt. Ihre helle, makellose Haut war aschfahl und er konnte leichte Ringe unter ihren Augen erkennen.
„Was ist mit dir?"
Augenblicklich trat er näher, als hätte er Angst, dass sie nicht länger aufrecht sitzen könnte. Doch statt sie vorsorglich zu stützen, ging er neben ihr in die Hocke und ließ seine Pupillen prüfend über ihr Gesicht huschen. Ihr Lächeln glühte einen kurzen Moment auf, als freue sie sich darüber, dass der Sportler sich offensichtlich Sorgen machte.
„Alles gut, Senpai. Heute ist einfach kein optimaler Tag."
Beruhigend tätschelte sie seinen Unterarm, der auf seinen Oberschenkeln ruhte, während er sie noch immer skeptisch betrachtete.
„Das lange Stehen hat mir da jetzt einfach zusätzlich noch etwas zugesetzt. Aber bald geht es wieder."
Irritiert runzelte er die Stirn. Was hatte die Schülerin heute gemacht?
„Ich hab mich für eure Matches in Zivil unter den gegnerischen Fanblock gemischt. Damit Satori mich nicht wieder entdeckt", erklärte Kohana, als hätte sie die Frage von seinem Gesicht abgelesen.
Wakatoshi blinzelte einen Moment lang verwundert. Heute war der zweite Tag der Qualifikationsrunden für das Frühlingsturnier. Und sie war gekommen, um sich beide Matches anzusehen?
„Das erste Spiel fand doch noch während des Unterrichts statt."
Der Schalk blitzte in ihren Augen auf und für einen kurzen Moment benetzte eine leichte Röte ihre blassen Wangen. Spitzbübisch lächelnd hob sie ihre Hand und legte ihren Zeigefinger an ihre Lippen.
„Ich hab die letzten beiden Stunden geschwänzt. Aber verrat das nicht Satori. Er würde nur furchtbar mit mir schimpfen."
Kurz presste Wakatoshi die Lippen aufeinander, bevor sich seine Mundwinkel zu einem Schmunzeln hoben. Er war erstaunt und amüsiert zugleich, dass sie tatsächlich dem Unterricht unerlaubterweise ferngeblieben war.
„Sieh an. Dafür, dass du vorher noch nie bei einem Match zugesehen hast, brichst du jetzt sogar die Regeln, um dabei zu sein?"
„Jaaaa", erwiderte die Schülerin gedehnt und wandte leicht grinsend den Blick ab. „Es ist schon ziemlich spannend. Glückwunsch zu euren Siegen übrigens."
„Danke."
Ushijima erhob sich aus seiner Hocke und ging um die Decke herum, um sich auf seinen gewohnten Platz neben der Schülerin niederzulassen.
DU LIEST GERADE
❁Flowers to you ❁
FanfictionWakatoshis Leben war wie in Beton gegossen. Feste Strukturen und Routinen waren dem Gewohnheitsmenschen wichtig. Ebenso die Ruhe und Abgeschiedenheit seines persönlichen Rückzugsortes, den er besuchte um den Lärm und dem Grau des Alltages zu entflie...