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Als würde man zur Schlachtbank geführt

Gut achtzig Mondzyklen später

(entspricht etwa acht Jahren in unserer Zeitrechnung)

Ihre goldenen Strahlen durch die ausschweifenden Baumkronen des Mischwaldes werfend, brachte die Mittagssonne den weißen Schnee auf dem hartgefrorenen Moos zum Glitzern.

Filyina hockte hinter einem Strauch zwischen Vogelbeeren und bunt gefärbten Blättern, das denen der Laubbäume ringsum ähnelte, die hier und da zu Boden schlingerten.

Die Ohren gespitzt und einen Pfeil schussbereit an die Sehne ihres Bogens gelegt, lauerte sie auf ihre Beute: Einen Luchs, der sich zwischen Felsen inmitten des Wurzelgeflechts eines Berghangs eingerichtet hatte und wohl jeden Moment aus seinem Bau würde kommen müssen, um sich selbst auf die Jagd zu begeben. Es herrschte Stille, nur hin und wieder drang ein einsamer Vogelruf an Filyinas Ohren.

Etwas bewegte sich und Filyina zog die Sehne leicht an. Es knirschte und knackte leise, dann blitzte orangegelbliches Fell auf. Vorsichtig trat das schwarz getupfte Tier aus einer der schmalen Steinspalten heraus. Die spitzen Ohren zuckten, während es die Schnauze in die kühle Herbstluft reckte und sich aufmerksam umschaute.

Wohl wissend, dass sie sich mit genügend Abstand positioniert hatte, hoffte Filyina dennoch inständig, der Wind würde nicht jeden Moment drehen, sodass die Raubkatze Verdacht schöpfte. Der Luchs wagte sich indes weitere, zaghafte Schritte aus seinem Versteck heraus.

Die Pfeilspitze auf das offensichtlich ahnungslose Ziel gerichtet, hob Filyina den Bogen an. Doch gerade in dem Augenblick, da sie im Begriff war, den dunkelgrün gefiederten Schaft loszulassen, erreichte sie ein schrilles Krächzen.

Die Elbin hob den Blick. Eine Krähe segelte mit weit ausgebreiteten Schwingen über die bunt gesprenkelten Baumkronen hinweg und stieß ein weiteres Krächzen aus. Ihr wurde leicht mulmig zumute. Begleitete Milaileés Vertraute sie, so hielt sie sich zumeist im Verborgenen. Zeigte sie sich jedoch, war dies oft ein Hinweis, dass Unheil nahte.

Ein Knacken ließ Filyina herumfahren, während der Luchs, von dem lauten Geräusch aufgeschreckt, eilig in seinem Bau verschwand. Im nächsten Moment durchfuhr ein Sirren die Luft und ein Pfeil schoss aus dem Gesträuch hervor, bohrte sich in den breiten Stamm einer Buche zu ihrer Linken. Große Gestalten lösten sich aus den Schatten des Unterholzes und stürmten auf Filyina zu, die unmittelbar herumwirbelte.

Die Elbin verlor keine weitere Sekunde, spannte abermals den Bogen und richtete ihre eigene Pfeilspitze auf den Angreifer, der ihr am nächsten war. Dieser brach mit einem dumpfen Aufschrei in sich zusammen, als der Schuss sein Ziel mit genauester Präzision traf. Knisterndes Laub sowie kalter Schnee wirbelten auf, doch das hinderte die anderen nicht daran, Filyina immer näherzukommen.

Sie biss die Zähne aufeinander und langte bereits über ihre rechte Schulter nach dem nächsten Pfeil, gefangen im Zwiespalt, ob sie bleiben und kämpfen oder kehrtmachen und die Flucht ergreifen sollte. Ihr blieb keine Zeit mehr sich zu entscheiden, und so war es die Krähe - auf einmal mit angelegten Flügeln und Schnabel wie auch Krallen nach ihr greifend auf sie herabstoßend -, die Filyina letztendlich dazu trieb, den Bogen geschwind über ihrer Schulter zu befestigen und das Weite zu suchen.

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Flügelschlag eines SchmetterlingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt