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Filyinas grausames Schicksal

»Was ist geschehen?«

Kaum hatte Solveig diese Frage ausgesprochen, da war Filyinas Selbstbeherrschung dahin. Ihre hellgrünen Augen glänzten, dann rollte auch schon der erste Tropfen über ihre Wange. Die Elbin sank zu Boden und verharrte dort auf den Knien, derweil ihr Körper von beinahe lautlosen Schluchzern ergriffen wurde.

Solveig war leicht erschüttert ob des unerwarteten Ausbruchs der Freundin. Nie zuvor hatte sie diese derart am Ende mit den Nerven oder gar weinend erlebt. Ein wenig hilflos gegenüber der Situation hockte sie sich vor Filyina und schloss sie kurzerhand fest in die Arme. Dieses Mal war sie es, die es sich zur Aufgabe machte der Elbin Halt zu geben, ihr stillen Trost anbietend.

Es dauerte einen Moment, ehe Filyina sich wohl fallen ließ, dazu fähig sich gänzlich der Umarmung hinzugeben. Sie krallte die Finger beider Hände in Solveigs Leinentunika und vergrub alsbald das tränennasse Gesicht an ihrer Schulter.

Solveig indes streichelte zärtlich über den Rücken ihrer Freundin, ohne ein Wort von sich zu geben. Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte und wagte nicht, nochmal zu fragen, was geschehen war, aus Sorge Filyina unwillkürlich unter Druck zu setzen. Wenn sie ihr davon erzählen wollte, würde sie das tun, dessen war die junge Frau sich gewiss.

Minuten verstrichen und bald war es Solveig, als verweilten sie bereits eine halbe Ewigkeit so fest umschlungen. Ihre Schultern und Beine begannen bereits zu schmerzen, derweil endlich Regung in Filyinas starren Körper kam und sie sich langsam von ihr löste. Eilig wischte die Elbin mit den Händen über ihre Wangen, um die Spuren der bereits getrockneten Tränen zu beseitigen.

»Ich danke dir«, murmelte sie und ein zittriges Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. »Das ist, was ich jetzt gebraucht habe.«

Solveig erwiderte das Lächeln mit einem ihrerseits kleinen Schmunzeln. Sie legte ihrer Freundin die Hände an beide Wangen und strich mit den Daumen über die feuchte Haut, welche trotz sommerlicher Hitze recht kühl war. Das helle Grün der Elbenaugen funkelte im goldenen Licht der Sonne.

»Du hast mir Trost gespendet, nachdem Frowin starb«, sagte sie mit sanftem Nachdruck in der Stimme. »Da ist es selbstverständlich, dass ich dasselbe tue, wenn du in Trauer versunken bist.«

Unwillkürlich waren sie einander nähergekommen, bis beinahe schon Nasenspitze auf Nasenspitze traf. Angenehm kribbelnd strich Filyinas Atem über Solveigs Wange und im nächsten Augenblick hatten ihre Lippen schon zueinander gefunden.

Jedoch währte dieser Moment derart kurz, dass Solveig gar nicht die Gelegenheit bekam die Berührung wirklich auszukosten, so überwältigt wie sie war. Einzig einen Hauch des süßlichen wie herben Geschmacks der Elbin verspürte sie, als Filyina sich auch schon wieder zurückzog. Dennoch verweilte ein leichtes Prickeln in ihrer Magengegend, den Flügelschlägen vieler kleiner Schmetterlinge gleichend.

»Verzeih, das hätte ich nicht tun sollen«, flüsterte ihre Freundin und aus unerfindlichen Gründen versetzten diese Worte Solveig einen Stich in die Brust. Sie schluckte, ihre Mundwinkel zuckten.

»Ist in Ordnung«, erwiderte sie rau und darum bemüht, dass ihre Stimme nicht den Dienst versagte. Die junge Frau räusperte sich und um einer unangenehmen Stille zu entkommen setzte sie zögerlich an: »Magst du ... Magst du mir nun erzählen, was geschehen ist?«

Scharf sog Filyina die Luft durch ihre Nase ein, indes sie erneut ein wenig mehr in sich zusammensank. Sofort war Solveig bei ihr und zog sie an sich.

»Du musst es mir nicht erzählen«, wisperte sie ihrer Freundin ins Ohr.

Flügelschlag eines SchmetterlingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt