Kapitel 15

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  Am nächsten Morgen mache ich große Augen beim Betreten des —dank Rosa— sauberen Wohnzimmers. Vom weißen Fellteppich ist nichts mehr übrig und somit ist auch der rote Fleck verschwunden. Hamilton ist wahrscheinlich schon zur Arbeit gefahren, was bedeutet, dass ich mich, nachdem ich geduscht habe, aus dem Appartement schleichen kann, ohne dabei erwischt oder gar aufgehalten zu werden.

  Mit meiner gewaschenen Kleidung—die durchlöcherte Jeans und der dunkle Pullover—  in den Armen, tapse ich auf Zehenspitzen den überraschenderweise warmen Steinboden des Flures entlang zum Badezimmer.  Aus der wiederkehrenden Angst meines eigenen Spiegelbildes, hänge ich nicht zum ersten Mal eines der großen Handtücher über den Spiegel, wage es nicht, auch nur einen einzigen Blick hinein zu werfen.

  Solange das lauwarme Wasser die Badewanne füllt, putze ich mir am Waschbecken die Zähne und summe eine Melodie, die mir einfach so eingefallen ist, meinen Kopf aber nicht mehr verlassen will. Ich habe keine Ahnung, woher meine plötzliche Laune kommen mag. Ich summe lediglich, wenn es mir gut geht. Aber das kann es nicht sein, schließlich werde ich heute auf die kalte Straße zurückkehren.

  Nachdem ich meinen Mund ausgespült habe und das seidige Nachthemd im Waschbecken gelandet ist, steige ich in die Badewanne. Das Wasser ist längst nicht so angenehm, wie beim letzten Mal; Ich muss es wohl zu kalt eingestellt haben. Und auch die weißen Rosenblätter fehlen mir... Ich traue mich nicht, den Kopf unter zu tauchen, da mir Kopfschmerzen nur schaden würden.

 Als ich mich eine Weile später in meine alten Klamotten gezwungen und das Bad in einem sauberen Zustand verlassen habe, begegne ich Rosa in der Küche. Sie bereitet das Frühstück vor, greift mit ihren kurzen Armen nach zwei Tellern in einem der oberen Schränke.

  "Frühstücken wir heute etwa zusammen?", frage ich sie und lehne mich gegen die Theke, um ihr mit einem aufheiternden Grinsen in die Augen zu sehen. Sie muss schon sehr früh auf den Beinen gewesen sein, damit sie das Chaos von gestern "ungeschehen" machte.

  "Nein. Ich esse nie an diesem Tisch, Birdie. Der Tisch dient alleine für Gäste und Mr. Hamilton." Hamilton ist hier?

  "Wo isst du?", ist meine nächste Frage und ich folge ihr mit dem Besteck zum Esstisch. Zwei Teller— Zwei Personen, die an diesem Tisch essen werden.

 Hamilton ist hier!

  "In meinem Zimmer. Aber wenn wir ehrlich sind, habe ich diese Regel an einigen Tagen schon mal aus Versehen vergessen." Die sonst so ordentliche Rosa hat eine Regel von Hamilton missachtet? Anscheinend ist sie doch nicht so sauber, wie ich sie zuerst eingeschätzt habe. Und wenn ich nun ehrlich sein soll, finde ich das gar nicht mal so schlecht.  

  "Kann ich dir noch bei etwas helf-?"

 Mit einem Ruck drehen wir uns um, als wir Hamiltons schallende Schritte aus dem Flur kommen hören. Rosa schaut mir noch ein letztes Mal in die Augen, bevor sie zurück zum Kühlschrank geht, um die Butter und diesen überaus leckeren Apfelgelee vom letzten Frühstück zu holen.

"Guten Morgen." Der Anzugträger wirkt ziemlich munter, wenn man es mit seiner gestrigen Laune vergleicht. "Hübsche Frisur." Mit einem Schmunzeln schaut er sich den Turban auf meinem Kopf genauer an. Und auch seine Wahl an Klamotten überrascht mich. Er trägt eine verwaschene Jeans und einen ziemlich lässig wirkenden grauen Pullover mit einem weiß-schwarzen Aufdruck, der wohl eine Buchstabenkombination sein muss. Bestimmt wieder einer dieser überteuerten Designer. Sie lassen ihn ziemlich jung aussehen, was mich einerseits verwirrt, aber auch eine gewisse Neugier in mir weckt. "Morgen.", antworten Rosa und ich im Chor und ich ignoriere seine Belustigung.

Million Dollars Between Us (Damien & Birdie - Trilogie #1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt