Kapitel 4: Schläfrigkeit und Neugier

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Ray Pov:

Ich fühlte eine sanfte Berührung an meinem Körper. Sie war so behutsam, dass ich sie beinahe in meinem Halbschlaft nicht bemerkt hätte. Etwas verwirrt öffnete ich mit großer Anstrengung meine trägen Lider. Es war Nacht und stockfinster. So finster, dass ich noch nicht einmal meine Hand erkennen konnte. Nach einigen Momenten hatten sich mein Sehsinn an die Dunkelheit angepasst. Aber meine Finger wahren noch immer nicht sichtbar, stattdessen starrte ich nur auf ein braunes Etwas. Ich brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, dass eine Decke auf mir lag, wodurch ich logischerweise nicht meine Pfoten erkennen konnte. Mein Körper war ganz ausgelaugt und ich hatte mühe das flauschige Ding mir vom Oberkörper weg zu ziehen. Mit der Zeit begriff ich auch, wo ich mich befand und was dieses viereckige Objekt zwischen meinen Beinen war. Noch immer sehr schläfrig stand ich von dem bequemen Stuhl auf. Mich durchfuhr ein Schauer, der meine Haare aufstehen ließ, als ich die Decke auf den Sessel zurückwarf. Schnell packte ich sie mir wieder und ummantelte mich damit. Langsam setze ich einen Fuß vor dem anderen und steckte das Buch, das sich in meinen müden Armen anfühlte, als hätte es hunderte von Kilos, zurück zu den Krimis, sodass es keiner findet. So leise wie möglich öffnete ich die Türe zum Gang und schlich auf Zehenspitzen zurück zu den Betten.

Die plötzliche Berührung auf meiner Schulter ließ mich aufschreien. „Psst, nicht so laut!", flüsterte mir eine Stimme ins Ohr. Sie war so sanft und weich, dass ich glatt im Stehen wieder einschlafen könnte. Blitzartig drehte ich mich um. Nicht. Nicht! Dort war NICHTS! Keine Person, kein Licht, kein Garnichts! Nur Finsternis! Erschrocken machte ich einen Tapser nach hinten, wobei ich das Gleichgewicht verlor und zurückfiel. Wie in Schockstarre fiel ich zu Boden. Ich konnte mich nicht bewegen und akzeptierte den Gedanken gleich einen unschönen Schmerz zu fühlen und schloss meine Augen. Dabei spannte mein Körper wie aus Reflex meine gesamten Muskeln an, um den Fall doch etwas zu mildern. Zu meinem Überraschen, traf ich aber nie auf dem Parkett auf und fühlte stattdessen wie mich zwei zarte Hände am Rücken hielten. Nachdem ich in meinem Kopf kurz realisieren musste, was gerade passierte, öffnete ich meine Lider und blickte nach oben. Weiße Haare und funkelnde Augen sahen mich an. Wie gefesselt starrte ich in sie hinein. Ohne auch nur einen Moment von ihnen ablassen zu können. Sie waren viel zu schön, sodass ich hätte wegschauen können. Zudem glitzerten sie im Mond, der durch das Fenster neben uns schien. Für einige Sekunden starrten wir uns so an. Diese Stille und dieses geborgene Gefühl, ich wollte sie nie mehr hergeben. Diese weichen Hände und dieses schöne Lächeln, dass nur für mich so strahlte. Nur für mich, nicht für Emma, nicht für Mama, nicht für irgendwen auf dieser Welt! Nur für mich!

Mir fiel dabei gar nicht auf, wie rot ich wurde. „S-sorry, d-das wollte ich nicht!", stotterte ich daher, währenddessen der Weißhaarige mich hochhob und ich mich etwas von ihm wegdrückte. „W-wo-wofür entschuldigst d-du d-dich? Ich m-muss mich entschuldigen, schließlich h-habe ich d-dich so erschreckt!" Erst jetzt fiel mir auf wie verlegen sein Gesichtsausdruck aussah. Sein ach so schönes Lächeln, verwandelte sich in ein etwas peinlich berührtes Schmunzeln und auch er war rot angelaufen, sodass man ihn glatt mit einer Tomate hätte verwechseln können. ~*Also ist nicht nur mir die Situation unangenehm*~, ging es mir durch den Kopf. „I-ist dir e-etwas passiert?", fragte er mich zögerlich und glotzte den Boden an. „N-Nein, alles bestens!", brachte ich gerade so heraus. „G-Gut, d-dann gute Nacht.", nuschelte er daher und war gerade am Gehen, als ich ihn bei der Schulter fest hielt. Erschrocken blieb er stehen. „D-Danke fürs a-auffangen!", mehr brachte ich nicht heraus und lief keine Sekunde später auch schon in der Dunkelheit des Ganges zurück. Im Augenwinkel konnte ich noch ein zufriedenes Lächeln wahrnehmen, bis auch er im Zimmer verschwand! Erst eine halbe Ewigkeit später traute ich zum Schlafzimmer zurückzukehren. Vorsichtig steckte ich meinen Kopf durch die Zimmertür. Es war ruhig, alle lagen in ihren Betten und schliefen. Ich schlich zu meinem Bett hinüber und setzte mich hin. Die Latten unter mir knarzten etwas und nach einem kurzen Rundumblick atmete ich erleichtert aus, keinen geweckt zu haben. Müde legte ich mich hin und zog mir die Decke bis zum Kopf hoch. Mir viel gar nicht auf, dass ich noch immer in der braunen Wolle vermummt war, tauchte jedoch, bevor ich es bemerken konnte, tief in meine Traumwelt ein.

Was ist das für ein Gefühl?! (Norray)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt