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Das Wochenende nahte. Während ich Freitag Abend zuhause verbrachte entschied ich es für Samstag Abend anders anzugehen. Mit Enya verstand ich mich gut, weshalb es nicht seltsam wirkte mich mit ihr zu treffen. Nach einem netten Essen in einem Restaurant, in dem wir über die Uni sprachen und über anstehende Veranstaltungen, verschlug es uns für einen Absacker in einen Club, der so gar nicht zu dem ruhigen, zurückhaltenden Wesen von Enya passte.

Zum größten Teil lag der Club im Dimmerlicht, nur die Bar war entsprechend ausgeleuchtet. Die Musik entsprach nicht ganz meinen Ansprüchen, doch das tat dem ganzen nur geringfügig einen Abbruch. Zu später Stunde wurde alles etwas hemmungsloser und junge Frauen wie Männer traten knapp bekleidet auf und tanzten zum Rhythmus der Musik.
Ich bemerkte wie Enya eher schüchtern immer wieder zu den Tänzern schaute, das gejohle und gegröle der feiernden Menge aufgrund der Live Performance sogar etwas unangenehm fand. Es war schlicht nicht ihre Welt wie ich feststellte. Mit jedem Drink schwand ihre Hemmschwelle etwas, doch ein Rest blieb deutlich - ein überaus großer Teil, der ihr einen Strich durch die Rechnung machte und sie davon abhielt wirklich richtig Spaß zu haben.

Etwas später wollte sie unbedingt nach Hause. Sie bat mich sie zum Taxi zu bringen und da ich ohnehin gerade eine absolute Flaute hatte war es für mich kein Problem - bis wir an die frische Luft kamen. Es war nicht der leichte Wind der durch die Gassen peitschte und mich taumeln ließ, es war das, was ich sah. Umringt von Freundinnen stand Amy in der Schlange und wartete auf Einlass. Komplett in schwarz gekleidet mit einem sündhaft kurzen Rock und einem Ausschnitt der ihr garantiert viele Komplimente einbrachte stand sie gelangweilt da, doch ihre Haltung veränderte sich als sie mich erblickte. Für einen kurzen Moment sahen wir einander an und für mich war klar, daß der Abend noch nicht zu Ende war.

Geduldig aber mit einer Spur von Adrenalin in den Venen wartete ich neben Enya, bis das Taxi kam. Amy war schon eine weile vorher im inneren des Clubs verschwunden und ich wollte meiner Kollegin gegenüber nicht unhöflich sein und sie ins Auto schieben, trotzdem war mein Bedürfnis so schnell wie möglich zurück in den Club zu gelangen derart groß, daß ich kaum an mich halten konnte.

"Danke das du mit mir gewartet hast, das war sehr nett. Ich, äh... Ich habe mich gefragt ob du vielleicht Lust hast mal zum Dinner vorbei zu schauen?" fragte mich Enya kleinlaut. So wie sie mich manchmal ansah und sich mir gegenüber verhielt hatte ich schon die ganze Zeit den leisen Verdacht das sie ernsthaft an mir interessiert war - allerdings war sie nicht unbedingt diejenige, für die ich mich interessierte. "Das ist echt nett, aber..." begann ich, überlegte meine nächsten Worte jedoch weise. Schließlich gehörte sie zu meinen Kollegen und das Klima sollte nicht verseucht werden. "Aber ich hab da schon jemanden und ich glaube es käme falsch rüber, wenn ich abends alleine bei dir zuhause auftauche. Versteh mich nicht falsch."

Ich musste lügen - zum Teil. Sie konnte nicht wissen das es niemanden an meiner Seite gab, gleichzeitig konnte ich aber schlecht von meiner Vorliebe für eine junge Studentin erzählen. In dieser Hinsicht saß ich regelrecht in einer Art Sackgasse, selbst verschuldet. Enya versuchte meinen Korb mit Fassung zu nehmen, was mir tatsächlich auch etwas leid tat, doch es war das beste und die einzig richtige Entscheidung, die ich treffen konnte. Das Taxi kam und ich blieb noch neben dem Wagen stehen bis Enya saß und es endlich los fuhr, dann lief ich mit wesentlich schnelleren Schritten zurück in den Club.

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Drinnen pulsierte das Leben. Es dauerte 5 geschlagene Minuten um mich zurück in die Nähe der Bar zu kämpfen - einen freien Platz gab es nicht mehr. Die Menge war aufgeheizt, angetrunken und schon längst bereit das Leben zu feiern und in vollen Zügen zu genießen, doch all das hörte sich nur dumpf in meinen Ohren an. Mein Fokus lag darauf jemand ganz bestimmten in der Menge auszumachen. Warum war ich so versessen, nachdem ich ihr doch gesagt hatte das es falsch war was in der Kammer passiert war... Besonders nachdem wir Frieden geschlossen hatten? Ich erkannte den Widerspruch an sich, doch ich konnte es nicht ändern. Etwas an ihr hatte mich praktisch fest im Griff und trieb mich jedesmal erneut in ihre Richtung.

Aurelio Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt