Kapitel 4

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Die peitschenden Wellen türmten sich an den Wellenbrechern, bevor sie wieder ins Meer zurückkrochen. Auf dem Wasser schaukelten ein paar Möwen, die die Einsamkeit genossen. Trotz der warmen 20°C war es durch den Wind ziemlich kalt. Einzelne Spaziergänger schlenderten gedankenverloren den Strand entlang. Doch all das nahm ich nicht wirklich wahr. Gedankenverloren starrte ich auf das Meer hinaus. Mein Blick verlor sich im kommenden Sonnenuntergang. Ich hatte beschlossen wirklich eine Auszeit von London zu nehmen, alleine. Aber nicht irgendwo, wo vierundzwanzig Stunden am Tag die Sonne schien, sondern dort, wo ich mich in Erinnerungen verlieren.konnte. Wo ich träumen konnte. Wo ich sie wieder vor mir sah. Wo ich gerne war, in Porthleven

Wir waren hier so oft gewesen, weil sie das kleine Dorf liebte, das hauptsächlich im Gothik-Stil gehalten wurde. Die idyllische Landschaft, der weiche Kiesstrand und das kühle Meer. Als wir das erste Mal hier einen Kurzurlaub gemacht hatten stürzte sie sich sofort in die Wellen und beachtete meine Warnungen, fass das Wasser womöglich kalt war, überhaupt nicht. Gleich darauf rannte sie wieder raus und zitterte am ganzen Körper. Lachend hatte ich sie in ein Handtuch eingewickelt und sie in den Arm genommen. Die Erinnerung war so frisch, als wäre es gestern passiert.

Langsam wurde es kälter und auch der Himmel verwandelte sich in ein dunkelblau. Doch anstatt aufzustehen und ins Hotel zu gehen, blieb ich noch sitzen und spiele mit einem Stein, den ich gerade vom Strand aufgehoben hatte. So einfach konnte das Leben sein - ohne Verpflichtungen, ohne Vorbildfunktion. Sogar die Papparazzi hatten verstanden, dass ich eine kleine Auszeit brauchte und wenn sie mich fotografierten, schalteten wenigstens den Blitz aus.

Diese Fotografen waren wirklich dreist, nicht einmal bei Jazmin's Begräbnis wollten sie von uns ablassen. Aber Paul hatte schon dafür gesorgt, dass sie verschwinden. Da wir schon beim Thema waren, das Begräbnis. Es war wirklich nett und ich war froh ihre ganze Familie wieder zu sehen. Aber trotz allem konnte nichts den Schmerz lindern. Ich war gleich nach der Zeremonie nach Hause gefahren, zusammengepackt und einfach in mein Auto gestiegen. Nicht gerade höflich, aber ich hatte es nicht mehr ausgehalten. Brauchte Zeit für mich allein. Jetzt bin ich hier.

Durch einen lauten Möwenschrei wurde ich wieder in die Realität zurückgeholt. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich regelrecht zitterte. Zeit, zurückzugehen. Der Weg zum Hotel war nicht besonders lang und führte über einen Kiesweg. Links und rechts neben dem Pfad wuchsen verschiedenste Blumen und Gräser, die sich schon zum Schlafen zusammenzogen. Im leichten Schein der Laternen wirkte alles so friedlich. Aber trotzdem so schmerzlich.

Kein brennender Schmerz.

Kein stechender Schmerz.

Nein, ein andauernder, nicht endender Schmerz, der dich auseinanderreißt und dein Herz zerquetscht. Aber heute bringe ich es nicht fertig noch etwas zu fühlen. Ich möchte alles abschalten und keinen Schmerz mehr spüren. Und ich kannte nur einen Weg Gefühle abzuschalten. Alkohol. Ein Glück, dass es eine hoteleigene Bar gab.

Ich trat durch die Drehtür in die Lobby und machte mich auf den Weg zur Bar. Der Weg dorthin schien ewig lang zu dauern und als ich endlich dort war, war ich erleichtert, dass sonst niemand dort saß. Generell, war dieses Dörfchen klein und nicht sehr gut von Teenagern besucht. Ein ziemlich schmaler Mann mit kurzer, Schwarzer Gelfrisur und schwarz-weißem Pinguin-Anzug stand hinter der Theke und sortierte gerade die Flaschen. Die Bar war nur spärlich beleuchtet, aber wenigstens konnte ich einen Schritt vor den anderen setzten, ohne in der Dunkelheit zu stolpern. Schwungvoll setzte ich mich auf einen Barhocker in der Mitte und bestellte mein erstes Getränk.

Jazmin's POV

Was macht er denn da? Will er sich etwa betrinken? Das ist überhaupt nicht seine Art. Irgendwie musste ich ihn doch davon abhalten können. Verzweifelt sah ich mich nach einer Ratte oder wenigstens einer Fliege um, aber es schien wirklich ausgestorben aus. Liam und der Barkeeper waren die einzigen lebendigen Lebewesen hier. Mittlerweile hatte er schon sechs Kurze vor sich stehen und bestellte sich schon wieder einen Long Island Ice Tea. Liam war wie verwandelt. Er war schon wirklich angetrunken und ich war mir sicher, dass er sich nicht mehr auf eigenen Beinen halten konnte. Irgendetwas musste ich doch machen können.

I Wish (Liam Payne FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt