Chapter 7

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Ginessa schlief tief und fest und Shane hatte es nicht übers Herz gebracht, sie zu wecken, weshalb er in einen Gewissenskonflikt geraten war. Sollte er sie in ihre Wohnung bringen, oder mit zu sich nehmen? Er hätte ihren Schlüssel benutzen und sie in ihre vier Wände tragen können, aber das erschien ihm falsch. Immerhin kannte er sich dort nicht aus und wollte nicht in ihre Privatsphäre eindringen, weshalb er sich dafür entschied, sie mit sich nach Hause zu nehmen und dort in sein Bett zu legen. Nun stand er im Wohnzimmer am Fenster und blickte nachdenklich hinaus. Der Tag war in vielerlei Hinsicht aufregend gewesen. Ihm war nun bewusst, wie es sich anfühlte in Sorge um jemand anderes zu sein, als um seine kleine Schwester. Als Tucker sie entführt hatte, wäre Shane fast durchgedreht, ohne Frage. Doch das Erlebnis heute... Sein Herz war mehrfach fast stehengeblieben und sein Puls hatte so hart in seinen Ohren pulsiert, dass er dachte, er würde taub werden. Und als Destiny und Ginessa nicht aufgetaucht waren und die Zeit immer knapper wurde, hatte er einfach nur reagiert und nicht weiter über irgendwelche Konsequenzen nachgedacht.

Verflixt. War er wirklich gerade darauf und dran, mehr zu fühlen als beginnende Freundschaft? Nein, unmöglich. Dafür kannte er die Frau in seinem Bett überhaupt noch nicht gut genug. Man verliebte sich doch nicht in jemanden, von dem man gerade mal den Namen, die Adresse und den Arbeitsort kannte. Oder? Seine Gedanken machten ihn gerade mürbe, weswegen er leise stöhnend durch seine Haare fuhr und sich dann ein Shirt, Boxershorts und eine Trainingshose aus dem Schrank im Schlafzimmer holte. Nach dem unfreiwilligen Tauchgang brauchte er dringend eine heiße Dusche, um seine verspannten Muskeln ein wenig zu lockern. Er schloss im Badezimmer die Tür hinter sich, nahm ein Badelaken aus dem Regal, um es bereitzulegen und entkleidete sich, ehe er unter den angenehmen Wasserstrahl trat und sich matt gegen die kühlen Fliesen lehnte. Jetzt hatte er es jahrelang geschafft, Frauen nicht zu nahe an sich heranzulassen und dann kam eine kleine vorwitzige Rothaarige um die Ecke und drohte seine mühselig aufgebaute Schutzmauer abzubauen. Sie riss sie nicht ein, sondern nahm Stein für Stein und trug die Mauer somit nach und nach ab.

Shane hatte das dumpfe Gefühl, dass diese Variante höchst effektiv zu sein schien. Die Frontalangriffe seitens der Frauen hatten in der Vergangenheit keinerlei Effekt gebracht. Und dann kam Ginessa und war einfach sie selbst. Nicht flirtend, nicht einmal tiefergehend interessiert an seiner Person selbst. Warum also lief er bei ihr Gefahr, dass sie mehr als nur oberflächliches Interesse bei ihm weckte? Es verwirrte ihn. Wegen genau dieser Gefühle hatte er bisher alle Romantik gemieden. Dates, längere Affären... alles nicht seine Agenda. Was also machte Gin anders als die Frauen, mit denen er in Vergangenheit zu tun hatte und ihn ein wenig näher kennenlernten? Bevor er im Stehen einschlief, duschte er zu Ende und stellte das Wasser ab, um sich abzutrocknen und in die frische Kleidung zu schlüpfen. Seine Haare rubbelte er mit dem Badelaken ab, ehe er es in die Wäschetonne warf und einen kurzen Blick in den Spiegel über dem Waschtisch warf. Noch immer der Alte. Wie beruhigend.

Sie ist eben nicht wie die anderen Frauen und gräbt dich an, oder schawenzelt um dich herum, sondern behandelt dich wie jeden anderen auch. Deshalb reizt sie dich.

„Ich dachte, du wolltest mich mit Nichtachtung strafen", bemerkte Shane sarkastisch und rieb sich prüfend über das stoppelige Kinn. „Eine Rasur könnte ich auch mal wieder gebrauchen."

Wollte ich, doch mir scheint, brauchst du den ein oder anderen guten Rat.

„Von dir?", lachte er leise und schüttelte dann amüsiert seinen Kopf. „Ob das eine so gute Idee ist?"

Ein bisschen mehr Respekt könntest du mir entgegenbringen, immerhin habe ich dir im Laufe deines Lebens schon den ein oder anderen heißen Tipp gegeben, Mr. Gardner.

„So wie damals, als du mir gesagt hast, ich solle den Baum hochklettern und für die Nachbarstochter ein paar Kirschen pflücken, die besonders rot waren? Und ich mich fast selbst umgebracht habe, weil ich abgerutscht bin?"

Photographer Heart [Buch 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt