Verschlafen wachte Nagi am nächsten Morgen auf. Irgendwie hatte er das Gefühl irgendwas würde nicht stimmen. Mit einem Blick auf die Uhr wurde ihm bewusst was es war. Mit einem fiesen Grinsen zeigte ihm sein Wecker, dass er bereits die ersten zwei Stunden komplett verschlafen hatte.
So ein Mist, dachte der Weißhaarige sich und lief so schnell er konnte ins Bad. Normalerweise war das nicht seine Art. So gar nicht. Wenn er verschlief, dann war das eben so. Er konnte ja auch die Stunden nicht mehr nachholen. In diesem Fall aber hatte er das Gefühl, er sei es Reo nach wie vor schuldig.
Mit der Zahnbürste im Mund ging Nagi zurück in sein Zimmer und nahm sein Handy. Dort leuchteten zwei Nachrichten auf. Sowohl eine Email, als auch eine Kurznachricht. Nervös öffnete Nagi zuerst die Email und merkte dabei gar nicht, wie ihm die Zahnpasta aus dem Mund lief und auf sein Shirt tropfte.
Mit großen Augen las er Zeile für Zeile. Dabei wusste er gar nicht, was er fühlen sollte. Freude? Nervosität? War er zufrieden mit sich? War er glücklich? Das alles war so überfordernd, erst recht wo er zuvor nie etwas hatte für das er sich so eingesetzt hatte. Und nun stand er hier und war dennoch irgendwie froh, dass er das getan hatte.
Als die Zahnpasta nun auch seinen ganzen Arm eingenommen hatte, merkte Nagi es endlich und ging verwirrt in das Bad zurück um sich sauber zu machen. Kurz darauf öffnete er fertig gemacht und auf dem Schulweg die andere Nachricht.
Im ersten Moment überraschte es ihn, dass diese von Reo war. Kurz darauf wurde ihm bewusst, dass ihm niemand anderes einfallen würde, der ihm schreiben wollte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen überflog er die Worte und freute sich darüber, dass sein Freund bereit war mit ihm zu reden. Aber verdammt, er hatte ihn vor der Schule treffen wollen. Dafür war er schon Stunden zu spät. Hoffentlich würde ihm das nicht zum Verhängnis werden. Ein Grund mehr sich nun zu beeilen zur Schule zu kommen.
Komplett abgehetzt kam der Weißhaarige noch rechtzeitig zur Pause auf dem Schulhof an. Mit seinen hellen Augen suchte er die Menschenmassen ab und versuchte Reo ausfindig zu machen. Es dauerte etwas, da Reo normalerweise ihn fand. Aber als er ihn schließlich erblickte, ging Nagi zufrieden zu ihm rüber und tippte ihm von hinten auf die Schultern. Es gab eben nur einen Lilahaarigen an seiner Schule und nur eine Person, die so eine körperliche und positive Präsenz aufwies, wie er.
"Hey Reo".
Langsam drehte dieser sich zu ihm und sah ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an. Es war schon so viel mehr, als Nagi in den letzten Tagen bekommen hatte, weswegen es den Weißhaarigen umso mehr freute Reo so zu sehen. Ein leichtes Hüpfen machte sich in seiner Brust bemerkbar.
"Hey, ich dachte du würdest gar nicht mehr kommen. Wo warst du?", zu früh gefreut. Ein anklagender Unterton war in der Stimme des Lilahaarigen heraus zu hören. Wahrscheinlich hatte Nagi es also doch wieder verbockt.
Verunsichert kratzte er sich am Hinterkopf: "Ich habe vergessen mir meinen Wecker zu stellen, nachdem ich gestern noch so lange am Computer gesessen habe".
Natürlich wollte er nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen. Auch wenn er gute Nachrichten hatte, von denen er hoffte sie würden Reo endlich mal etwas bessere Laune schenken und den Frieden zwischen ihnen herstellen, so wusste Nagi auch, dass er erstmal ein Gespräch mit seinem Freund aufbauen musste. So gut kannte er ihn schließlich schon, um das er wusste, dass er einen Punkt nach dem anderen abhandeln musste. Und gerade musste er erstmal erklären wieso er fast schon wieder den nächsten Fehltritt getan hätte. So ein verdammter Mist, wieso waren Freundschaften denn auch so verdammt kompliziert?
Reo stemmte eine Hand in die Seite und zog eine Augenbraue hoch: "Du hast also am Computer gesessen und vergessen dir einen Wecker zu stellen, aha".
"Ja, sagte ich doch. Was ist daran denn so schlimm?".
"Ich weiß auch nicht Nagi, vergiss es einfach", Reo machte Anstalten sich wieder zu seinen Klassenkameraden umzudrehen, die schweigend um ihn herum standen und das Ganze beobachteten.
Hier und da fingen ein paar an zu tauschen und mit einem Mal überkam Nagi ein beklemmendes und unangenehmes Gefühl. Konnten sich die Anderen nicht einfach für andere Dinge interessieren? Sie hatten ihn doch sonst nie beachtet. Wieso nun also? Es konnte doch nicht alleine nur an Reo liegen.
Ja, er war beliebt. Aber das konnte doch nicht zur Folge haben, dass Nagi deswegen nun auch interessant für andere geworden ist. Er war nach wie vor eine langweilige Person, für die man sich einen Scheißdreck interessieren musste. Einzig und allein Reo sollte ihn beachten, mehr wollte er gar nicht.
"Können wir irgendwo reden, wo wir ungestört sind? Würde das gehen?", gab Nagi leise von sich und sah seinen Freund dabei eindringlich an: "Bitte..?".
Nun verschränkte der Lilahaarige seine Arme vor der Brust: "Ich wüsste nicht wieso ich das sollte".
"Weil du mein Freund bist und ich dich darum bitte", versuchte der Weißhaarige es.
Ein fieses Grinsen machte sich auf dem Gesicht des Mikage Spross breit: "Ach so ist das also. Wenn ich dich um etwas bitte, dann ist das zu viel verlangt. Aber wenn du etwas möchtest Nagi, dann muss das passieren? Glaubst du ehrlich, dass so das Leben läuft? Wenn ja, dann tut es mir verdammt leid für dich. Du hattest deine Chance. Ich habe extra auf dich gewartet und bin wieder einmal enttäuscht worden von dir. Wenn du mich nun also entschuldigen würdest". Mit diesen Worten - die Nagi absolut getroffen hatten - drehte Reo sich wieder um und es war, als hätte er damit einfach beschlossen ihre Freundschaft zu kündigen.
Ein kalter Schauer überlief den Weißhaarigen, während er das Gefühl hatte kaum noch zu Luft bekommen zu können. Auf diesem Schulhof waren so viele Leute. All ihre Blicke waren nun auf ihn geheftet. Und während ein paar Augen ihn mitleidig ansahen, standen in einigen die pure Schadenfreude.
Mist, wieso schauen sie mich alle so an? Können sie mich nicht einfach in Ruhe lassen und woanders hin schauen? Haben sie alle nichts Besseres zu tun?
So also war es, wenn man beachtet wurde und das Leben es mit einem nicht gut meinte. Genau so fühlte es sich an, wenn man vom beliebten Kind zum Unbeliebten wurde und jeder mit dem Finger auf einen zeigte, während sie sich dabei über dich das Maul zerrissen.
Für einige Sekunden wusste Nagi daher einfach nicht was er machen sollte. Es war, als wäre er festgefroren, während die Zeit um ihn herum weiter lief und es immer lauter wurde. Für einen sehr kurzen Moment hatte er sogar das Gefühl es würden Tränen in ihm aufsteigen. Diese versuchte er jedoch zu unterdrücken, da er sich das einfach nicht erlauben konnte. Er hatte schon lange nicht mehr geweint, da würde er jetzt nicht wieder damit anfangen.
Stattdessen ergriff er die Hand des Lilahaarigen und zog an dieser, sodass er Reo gegen seinen Willen mitnahm.
"Spinnst du?", keifte er los: "Was fällt dir verdammt nochmal ein? Lass mich sofort los oder ich schwöre dir, ich vergesse mich!".
Ohne wirklich darauf zu hören, was Reo von sich gab, ging Nagi einfach weiter. All die Worte, all die Beleidigungen ließ er an sich abprallen, während er ihn Richtung Sportanlage und zu den Umkleidekabinen zog. Diese waren für die Fußballer immer frei zugänglich und zu dieser Zeit frei. Für ihn also der perfekte Ort, um in Ruhe mit seinem Freund zu reden.
Dieser zerrte immer noch an seiner Hand und versuchte sich aus dem Griff des Größeren zu befreien, vergeblich. Nagi hatte es sich in den Kopf gesetzt mit Reo zu reden, also würde er das jetzt verdammt nochmal machen. Da war es auch egal, was er gerade wollte. Wenn er auf Angriff aus war und ihn so vor den anderen Bloß stellen konnte, dann konnte Nagi selbst nun auch andere Seiten aufziehen.
Als sie an ihrer Kabine angekommen waren, riss der Weißhaarige die Tür auf und schob Reo mit sich dort rein. Hinter sich schloss er die Tür und starrte nun in das hasserfüllte Gesicht seines Freundes.
"Hast du sie noch alle du Idiot? Verpiss dich einfach und lass mich gehen. Ich habe keine Lust auf diese Scheiße", er spuckte ihm schon fast die Worte ins Gesicht.
Wütend ballte Nagi seine Hände zu Fäusten: "Ich will doch nur in Ruhe mit dir reden! Was ist daran bitte falsch?".
"Du hattest deine Chance. Ich habe dir verdammt nochmal geschrieben und wollte mit dir reden Nagi. Ich wollte endlich, das wir das irgendwie klären können, auch wenn ich immer noch sauer bin. Ich bin extra früher zur Schule gekommen, weil ich dachte du würdest es schon lesen und ich würde dir genug bedeuten, um das wir miteinander reden können. Stattdessen lässt du mich eiskalt hängen, schon wieder. Ich habe da keinen Bock mehr drauf. Such dir jemand anderen, den du so verarschen kannst", als er fertig gesprochen hatte, wollte Reo gehen und versuchte an Nagi vorbei zur Tür zu greifen.
Dieser umschloss erneut sein Handgelenk und hielt dieses fest, während er ihn langsam, aber sicher zur gegenüberliegenden Wand drängte. Dicht stand er vor ihm und baute sich leicht über diesem auf. Zwischen ihnen lagen zwar nur ein paar Zentimeter und doch fühlte Nagi sich in diesem Augenblick um Welten größer.
Mit tiefer unf fester Stimme sagte er nun: "Du hörst mir nun verdammt nochmal zu".
Hoffentlich hatte er es nun endlich verstanden, denn wenn nicht, so wusste Nagi nicht, was er sonst noch tun sollte, damit Reo endlich verstand wie ernst ihm diese Sache gerade war.Angst oder Respekt.
In diesem Augenblick wusste Reo nicht genau was er fühlen sollte. Es lag ein großer Unterschied zwischen diesen beiden Dingen. Aber wenn er ehrlich zu sich war, dann wusste der Lilahaarige das er vor seinem Freund keine Angst haben brauchte. Also war es doch der Respekt, den er ihm gegenüber schon immer gehabt hatte. Aber wieso gerade jetzt? Wieso in diesem Ausmaß?
Mit großen Augen und leicht erstarrt sah er in die grauen Augen seines Mitschülers. Er schluckte und versuchte zu verstehen was hier gerade passierte, während er feststellen musste wie schnell sein Herz gerade schlug. War es vielleicht doch etwas Angst die da mitschwang?
Vielleicht war es aber auch der Herzschlag seines Freundes. Nagi stand so nah an ihm. Er konnte verdammt nochmal seinen Atem an seinem Gesicht spüren und dieser ging wirklich sehr schnell. Vielleicht war das hier gerade alles etwas zu viel und viel zu aufwühlend.
"Hast du mich verstanden Reo?", gab er von sich und kam ihm noch etwas näher, fast so, damit er sicher sein konnte, dass er ihn verstand.
Weil Nagi ihm so nah war, traute er sich kaum zu reden, weswegen Reo nur nickte.
"Gut", dieses Mal war Nagi es der so triumphierend lächelte, während er weiter zu ihm hinunter sah.
Seit wann sah er dabei nur so unfassbar ... gut aus? Oh Gott, hatte er das gerade wirklich gedacht?
Viel zu früh ließ Nagi ihn daraufhin los und ging einen kleinen Schritt zurück.
Nein, wieso?
"Reo es tut mir wirklich Leid, okay? Ich weiß auch nicht was mich da geritten hat. Ich habe langsam wirklich verstanden wieso du Fußball so liebst. Die ganze Zeit schon wollte ich mit dir darüber reden, aber du hast mich einfach nicht gelassen".
Langsam drehte er sein Gesicht weg: "Du solltest wissen wieso ich das getan habe".
"Natürlich weiß ich das. Aber wie lange kannst du mich bitte dafür bestrafen, erst recht wo du mir nicht einmal die Möglichkeit gibst mich dafür zu entschuldigen? Ist das fair?".
Nun überkam Reo wieder die Wut: "Was verstehst du schon davon was fair ist und was nicht?".
Es schien, als würde dies ein Dominanzkampf der Extraklasse werden. Normalerweise ließ sein Mitschüler sich nämlich gut einschüchtern und machte sich gerne mal etwas kleiner, als er eigentlich war. Und Nagi war mit seinen ein Meter neunzig wirklich groß.
Aber jetzt stand er vor ihm, aufrecht und sah ihn eindringlich an, als würde er niemals vor ihm einknicken.
"Es war wirklich scheiße von mir, ich habe es verstanden. Deswegen habe ich doch dieser Frau vom Blue Lock Projekt geschrieben. Ich habe deinetwegen gestern den ganzen Abend am Rechner verbracht und..", weiter kam Nagi nicht, da schaltete das Gehirn des Lilahaarigen.
"Moment mal, du hast was?".
Verwirrt sah Nagi ihn an: "Äh... Ich habe deinetwegen den Abend am Computer verbracht?".
"Nein, das davor".
"Ich habe deinetwegen der Frau von Blue Lock Projekt geschrieben?".
Verwirrt sah er Nagi an: "Aber wieso?".
Nun war es an Nagi wieder sauer drein zu schauen: "Weil du mir etwas bedeutest und ich wieder gut zu machen habe, dass ich dich verletzt habe. Das wollte ich nämlich nicht. Oh man, das will ich doch die ganze Zeit schon sagen. Wenn du mich einfach mal gelassen hättest, dann wüsstest du, dass mir unsere Freundschaft mehr bedeutet, als ich dir vielleicht gezeigt habe. Und deswegen wollte ich mich doch bei dir entschuldigen Reo. Ich will dich einfach nicht verlieren".
Zwar konnte Reo hören was Nagi ihm da sagte und es kam auch irgendwie in seinem Kopf an. Aber ab da war es, als würde irgendwas sein Gehirn daran hindern die Infos zu verarbeiten. Er wusste ja, dass Nagi sein Freund war und mit Sicherheit konnte er auch sagen, das er ihm wichtig war. Aber es so aus seinem Mund zu hören, während er so vor ihm stand, war nun doch zu viel des Guten.
Nervös schluckte Reo den Kloß in seinem Hals herunter, während er weiter sacken lassen musste, was er da gehört hatte. Immerhin hatte Nagi ihm noch mehr sagen wollen. Er hatte Teieri Anri, der stellvertretenden Leiterin der Blue Lock Organisation geschrieben und wahrscheinlich eine Antwort bekommen. Und noch wahrscheinlicher schien es, dass diese positiv ausgefallen war, sonst wäre sein Freund doch nicht so aufgewühlt, oder doch?
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Sorry ... [Reo x Nagi]
FanfictionWas wäre passiert, hätte Nagi sich gegen das Blue Lock Projekt und somit auch gegen seinen besten Freund Reo entschieden? Das konnte so genau niemand wissen. Erst, als Nagi wirklich diesen Schritt gegangen ist, merkte er, was er seinem Freund und so...