Kapitel 15

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Seit wann war Grau denn meine Lieblingsfarbe? Zählte es überhaupt zu den Farben? Oh man, wenn ich ihn ansehe, kann ich einfach nie einen klaren Gedanken fassen.
"Tut mir Leid, wenn ich zu spät bin", die Worte durchbrachen die Stille und all die Gedanken in dem Kopf des Lilahaarigen, welcher wie erstarrt einige Meter von seinem Freund stehen geblieben war.
Er hatte auf ihn zugehen wollen, um Nagi zu zeigen, dass er nicht sauer auf ihn war. Nach wie vor dachte Reo, Nagi könnte das von ihm denken und das wollte er nicht. Sein bester Freund sollte wissen wie es um ihn stand und das er ihm niemals Vorwürfe für etwas machen würde, was niemals so beabsichtigt war. Zumal es ein Unfall gewesen war, der überall anders auch hätte passieren können. Nagi traf keine Schuld.
"Alles gut. Du bist genau richtig. Wollen wir uns vielleicht setzen?", nervös leckte Reo sich über seine trockenen Lippen und drehte Nagi den Rücken zu, damit er in Richtung des kleinen Tisches in seinem Zimmer gehen konnte.
Passend standen um diesen zwei Stühle, auf die die Schüler sich setzen konnte. Die Blumenvase samt riesigen Strauß seiner Mutter stellte Reo kurzerhand auf den Boden. Den Gebrauch Blumen zur Genesung zu verschenken, verstand er bis heute nicht. Das seine Mutter da auch noch mitzog, verstand er noch viel weniger.
"Wie geht es dir Reo?", eine zögerliche Frage und als dieser wieder aufsah, konnte er Nagi seine Unsicherheit direkt ansehen.
Er zog sich wieder viel mehr zurück, hatte eine Art Schutzhaltung angenommen und generell alles an ihm schrie Reo förmlich ins Gesicht wie verzweifelt er war. Würde das nicht komplett falsch rüber kommen, wäre Reo am liebsten aufgestanden und hätte seinen besten Freund ganz fest in den Arm genommen?
Wie sollte er das nur machen, wenn er jedes Mal so körperlich auf ihn reagierte? Jedes Mal, wenn er daran dachte, wie sich Nagis Körper auf seinem angefühlt hatte, überkam ihn eine Gänsehaut. Innerlich fing er an zu brennen und sein eigener Körper verlangte nach mehr. Er verlangte nach Nagi.
Schnell dachte Reo an etwas anderes, bevor er rot anlief und sich dabei selbst ans Messer geliefert hatte. Nagi würde sofort merken, wenn etwas nicht stimmte. Er war zwar sonst nicht aufmerksam, wenn es um seine Mitmenschen ging. Bei ihm jedoch hatte er genau das richtige Händchen für den richtigen Riecher und die richtigen Interpretationen.
"Reo?".
Blinzelnd starrte der Lilahaarige zu seinem Freund: "Was?".
"Ob es dir gut geht? Du warst gerade irgendwie weg", vor ihm stand auf einmal eine Tüte. Hatte Nagi die da gerade hingestellt? Verdammt, vielleicht hatte er doch einen zu starken Schuss an den Kopf bekommen, wenn er das alles nicht wirklich mitbekam.
"Mir geht es gut, wirklich. Mach dir keine Sorgen. Ich war gerade nur in Gedanken".
"Ich würde gerne wissen was das für Gedanken waren", murmelte er leise.
"Was?".
Dieses Mal war Nagi es, der rot anlief. Ertappt schaute er auf seine Hände, die er im Schoß zusammen genommen hatte um nervös an seinen Fingern spielen zu können: "Nichts".
"Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich an dich gedacht. Nichts... Außergewöhnliches würde ich sagen. Du bist... mein bester Freund", kurz kam Reo zwischendurch ins Stocken, fing sich aber schnell wieder. Wie sollte er auch erklären, dass er in seinem besten Freund mehr sah, als eben nur das? War das überhaupt möglich, ohne das man diese Freundschaft dabei aufs Spiel setzte? Und wenn es alles kaputt machte, was würde er dann am Ende machen, sollte er Nagi deswegen verlieren?
Egal was war, unter keinen Umständen konnte Reo sich das erlauben. Und würde es auch noch so sehr weh tun, er würde seine Gefühle unterdrücken, würde es bedeuten, dass er Nagi für immer an seiner Seite wissen konnte.
Ein sanftes Lächeln umspielte das traurige Gesicht des Weishaarigen: "Du bist auch mein bester Freund, auch wenn es in letzter Zeit sehr schwierig war Reo. Aber ich denke, ich habe verstanden das Freunde genau dafür da sind. Um Fehler zu machen, sie vorgehalten zu bekommen und gemeinsam daran wachsen zu können. Vielleicht habe ich am Anfang komplett falsch gelegen und nicht gewusst, wie ich es machen sollte. Aber jetzt habe ich das Gefühl, ich bewege mich in eine gute Richtung. Also danke für deine Nachricht gestern Abend. Sie hat mir wirklich sehr viel bedeutet".
Noch nie hatte sich eine Ansprache von Nagi so offen und echt angefühlt, wie in diesem Moment. Es war etwas, mit dem Reo so niemals gerechnet hätte und gleichzeitig etwas, das sein Herz auf ganz neue Weisen berührte. Reo konnte spüren, wie es anfing immer und immer mehr für Nagi zu schlagen.
Wie soll ich es nur schaffen dich nicht zu lieben, wenn du Teile meines Herzen berührst, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie habe?
Dieses Mal war Reo es, der ein zaghaft Lächeln aufsetzte und der versuchte eine unbekümmerte Miene zum schweren Spiel aufzusetzen.
"Das waren wirklich sehr schöne Worte Seishiro...", so nannte er Nagi nur in wirklich besonderen Momenten und das wusste dieser auch. Besondere Momente verdienten besondere Worte.
"Du bist schön".
Was?

Sorry ... [Reo x Nagi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt