Kapitel 17

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Zwei Wochen waren vergangen, seitdem Reo ins Krankenhaus gekommen war, weil Nagi ihn angeschossen hatte.
Inzwischen konnten die Jungen darüber lachen, auch wenn der Lilahaarige an einigen Tagen immer noch das Gefühl hatte etwas würde mit ihm und seinem Körper nicht ganz stimmen. Es gab Momente, in denen fühlte er sich einfach schwach. Ganz so, als wollte sein Körper ihm nicht gehorchen.
Dennoch war er fest entschlossen in den nächsten Tagen wieder mit dem Training anzufangen. Seine Eltern hatten ihm schon versucht ins Gewissen zu reden und an seine Vernunft zu appellieren. Sie verstanden dabei einfach nicht wie viel ihm der Fußball bedeutete. Wäre er nicht gewesen, wüsste Reo immer noch nichts mit seiner Zeit anzufangen. Außerdem wäre er so niemals Nagi wirklich begegnet. Vielleicht hätten sie sich dann auf dem Schulflur gesehen, aber der Weißhaarige wäre ihm niemals so aufgefallen und Reo hätte ihn daraufhin niemals angesprochen.
Kaum auszumalen wie sein Leben nun verlaufen würde, wäre Nagi nicht täglich an seiner Seite. Genauso, wie er jetzt neben ihm her ging, während sie auf dem Weg zur Schule waren.
Nach mehreren Diskussionen, in denen der Größere darauf bestanden hatte auch mal wie jeder andere Schüler zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule zu kommen, war Reo schließlich eingeknickt und hatte dem zugestimmt. Er verstand zwar nicht was genau daran so besonders sein sollte, aber verdammt, er konnte Nagi einfach keinen einzigen Wunsch abschlagen. Wenn es ihm wichtig war, würde er seiner Bitte nachkommen, ohne all zu viel deswegen zu maulen.
Heute schon war er zum Beispiel schon viel gelassener während der Fahrt mit der Bahn gewesen. Er hatte nur drei Mal fast eine Panikattack gehabt, weil er nicht wusste, wie viele Bakterien an welchen Haltestangen waren. Da kannte er es schon deutlich schlimmer. Beispielsweise an ihrem ersten Tag in der Bahn, als Reo sich permanent geweigert hatte sich auf einen der Sitze zu setzen, obwohl die Bahn augenscheinlich mehr als sauber war.
Nagi hatte ihn irritiert gemustert und ihn für einen Reinlichkeitsvernatiker gehalten, was ja auch stimmte. Somit war es Reo herzlich egal gewesen, auch wenn er innerlich etwas verletzt gewesen war. Kurz darauf war sein Freund jedoch in schallendem Gelächter ausgebrochen, was die ganze Situation für Reo selbst ebenso komisch gestaltet hatte. Am Ende waren sie beide mit Bauchschmerzen vom Lachen aus der Bahn ausgestiegen und der Lilahaarige hatte nicht einmal gemerkt, dass er die ganze Zeit dabei in einem öffentlichen Verkehrsmittel gewesen war.
Was man nicht alles für die Liebe tat.
"Bist du eigentlich immer noch der Meinung, du könntest übermorgen wieder beim Training mitmachen?", wie aufs Stichwort drehte Nagi sich zu ihm und sah ihn von oben herab mit einem abschätzigen Blick an. Reo wusste das es ihm ebenso wenig passte, was er sich vorgenommen hat. Tatsache war nur, dass er einen riesigen Dickkopf hatte. Wenn er sich also etwas in diesen gesetzt hatte, wollte er es auch unbedingt durchsetzen. Komme was wolle.
Immer noch beschämt, weil sie nicht weiter über sich geredet hatten und weil Reo nicht wusste wie andere Leute in seinem Umfeld darauf reagieren würden, hatte er seine Hände bei sich und nicht Nagi an seiner Hand. Stattdessen schulterte er seine Schultasche nochmal vernünftig, da diese ihm immer wieder von der Schulter rutschte. Würden sie in der Limousine zur Schule fahren, hätte er das Problem nicht so extrem.
"Ich lasse mir diese Chance nicht nehmen Nagi. Das hatten wir doch alles schon längst. Du weißt selbst, dass wir eigentlich raus sind. Wieso also sollte ich verpassen in einem Probetraining mitzumachen, nur weil ich kurzzeitig verletzt war? Mir geht es gut, okay?", gerade die letzten Worte versuchte er so sanft und mitfühlend wie nur möglich zu formulieren. Vielleicht würde gerade das den Größeren zufrieden stimmen.
Fehlanzeige.
Schnaubend hielt er lässig seine Schultasche fest und ging leicht gebeugt neben ihm: "Der Arzt hat aber auch gesagt, dass er Langzeitschäden immer noch nicht zu einhundert Prozent ausschließen kann. Was ist also, wenn du doch noch irgendwas mit dir rumschleppst, ohne das du es weißt?".
"Das Risiko muss ich wohl eingehen. Aber sollte etwas sein, bist du natürlich der Erste, der es erfahren wird, okay?".
"Ich weiß nicht...".
"Hey", Reo blieb stehen und hielt Nagi nun doch an seiner Hand fest, sodass dieser ebenfalls gezwungen war stehen zu bleiben und ihn anzusehen: "Ich passe auf mich auf, versprochen".
Beschämt sah Nagi zu Seite. Die anfängliche Sicherheit war wieder etwas gewichen, sodass der alte Nagi zum Vorschein kam, welcher schnell überfordert mit sozialen Interaktionen war. Dabei fand Reo es gar nicht schlimm. Er war schließlich selbst immer noch mit der Situation überfordert in seinen besten Freund verliebt zu sein.
"Mehr kann ich wohl gerade nicht verlangen", gab der Weißhaarige von sich, während er sich nervös am Nacken kratzte. Das tat er immer, wenn er sich nicht zu helfen wusste. Eine Eigenart, die Reo an ihm schon schnell wahrgenommen und irgendwie lieben gelernt hatte. Immer, wenn er es tat, wusste der Lilahaarige, dass er auf etwas reagierte. In den meisten Fällen war es auf Reo selbst und das war irgendwie interessant.
"Nagi in zwei Wochen ist schon das Spiel und kurz darauf dieses Training. Ich muss einfach dabei sein und fit sein. Wie sollen wir es sonst mit all den Leuten aus dem Blue Lock Experiment aufnehmen, wenn wir nicht beide komplett fit sind? Du hast immerhin weiter trainiert, während ich nicht konnte. Noch dazu warst du davor schon viel besser, als ich. Seien wir mal ehrlich, ich habe doch jetzt schon kaum eine Chance. Ich muss also einfach trainieren", ein flehneder Unterton schwang in seiner Stimme mit, während Reo Nagi fest in die Augen sah.
Seufzend gab dieser sich geschlagen: "Schon gut. Ich bin zwar immer noch nicht glücklich über die Sache, aber ich kann dich verstehen. Wäre ich damals nicht gewesen, wären wir schon längst dabei. Wie also sollte ich jemals bei einem Nein bleiben können?".
Schmetterlinge tanzten wieder in dem Bauch des Schülers, während er zum Weißhaarigen aufsah. Wären sie nicht in der Öffentlichkeit und wäre sich wirklich sicher, dass es einfach so okay war, würde er ihn jetzt einfach an sich ziehen und Nagi küssen.
Das Verlangen war einfach riesengroß.
Sie sollten schleunigst über sich und ihren Beziehungsstatus reden. Nachdem in der Schule die Nachricht über seinen Unfall die Runde gemacht hatte, waren nämlich andauernd irgendwelche Mädchen aus seiner Klasse und den Parallelklassen bei ihm gewesen, um ihm Blumen vorbei zu bringen. Nagi hatte sich dazu meist bedeckt gehalten und einfach nichts gesagt. Dennoch hatte Reo ihm anmerken können wie sehr es ihn wurmte.
Trotzdem hatte er nichts dagegen sagen können, weil sie eben noch in der Schwebe hingen. Klar, für Reo kam niemand anderes in Frage. Er würde also niemals auf eines der Mädchen eingehen, weil sein Herz schon längst vergeben war. Eine klare Definition zwischen ihnen beiden wünschte er sich aber dennoch.
"Lass uns langsam weiter gehen, sonst kommen wir zu spät zum Unterricht. Ich habe zwar schon etwas Extrazeit mit eingeplant, weil ich weiß wie schwer es für dich ist mit der Bahn zu fahren, aber wenn das so weiter geht, müssen wir noch früher los", Nagi ließ ihn los und ging weiter in Richtung Schule.
"Noch früher? Möchtest du mich umbringen?", schnellen Schrittes holte Reo seinen Freund an um neben ihm her zu gehen.
"Würde mir niemals einfallen. Ich brauche dich schließlich noch".
Wieder einer dieser Momente, in denen Reo nur wegen Nagi seiner Worte weiche Knie bekam. Würde er sich je daran gewöhnen?

Sorry ... [Reo x Nagi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt