From the Ashes

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"Sie hämmert seit Stunden gegen die Gitterstäbe." erklärt Casio genervt während er neben mir her läuft. Das Geräusch war auch für mich kaum zu überhören, allerdings habe ich weitaus mehr Geduld es zu ignorieren als der Rest meiner Männer. "Manche lauern wie Wölfe vor dem Eingang des Kerkers, wenn du also jemanden runter schicken willst..."

Auf keinen Fall. Ich weiß was für Tiere ich um mich schare und auch wozu sie fähig sind wenn man ihre Ketten nur für einen Moment löst. Allerdings kann ich den Gedanken nicht gänzlich abschütteln das es helfen könnte ihr Angst einzujagen - vielleicht wird sie im Angesicht der deutlichen Gefahr eines sich nähernden, ausgehungerten Mannes der zu allem bereit ist eher reden.

Als ich den Kerker betrete und mich ihrer Zelle nähere trage ich wieder eine Scheibe Brot und ein wenig Wasser mit mir. Ein erneuter Versuch sie davon zu überzeugen zu kooperieren. Sobald sie mich sieht wird ihr Blick abwertend, ihre Miene wirkt wie versteinert. Nicht unbedingt die beste Grundlage, wie ich fürchte. "Ich habe dir was mitgebracht. Du kannst es haben. Alles was du dafür tun musst ist meine Fragen zu beantworten." sage ich laut und bestimmend, als könnten allein meine Worte sie überzeugen. Allerdings wirkt sie überhaupt nicht eingeschüchtert oder beeindruckt. Mit etwas Abstand lege ich beide Dinge auf ein Tablett und schiebe es in ihre Richtung, lasse jedoch genug Abstand damit sie es nicht erreicht. "Wie heißt du?" frage ich. Ihr Blick gleitet über mein Gesicht, ihre Augen sind voller Zorn. Sie weigert sich nach wie vor mit mir zu reden. "In Ordnung, ich habe eine andere Idee. Oben warten einige darauf zu dir in die Zelle zu können und ich kann dir sagen dass sie weitaus weniger Geduld haben und zu schlimmeren Dingen bereit sind als ich. Also hast du jetzt die Wahl. Beantworte meine Frage und ich verhindere das es soweit kommt oder leg es darauf an und sieh was geschieht."

Sie trotzt mir, trotz dem was ich ihr dezent angedroht habe. Sie trägt eindeutig das Blut des Feindes in ihren Venen - ihre Sturheit unterstreicht das ganze nur noch. Als sie mir wieder einmal die Aussage verweigert, schüttele ich theatralisch den Kopf. Es ist eine Schande, gar eine Verschwendung.

Casio, der mit einem großen Abstand zu mir die Szene beobachtet hat, reagiert sofort auf meine erhobene Hand und ruft zwei Männer herbei. Die beiden wissen erst nicht ob dies ein erneuter Test ist, aber als ich ihnen die Schlüssel zur Zelle aushändige legt sich ihre Zurückhaltung. Einer von ihnen leckt sich bereits übermütig über die Lippen, schließt die Zelle auf und tritt ein, der andere wartet draußen. Was auch immer die beiden geplant haben wird kein Spaziergang für meine Gefangene. Um diesem Schauspiel nicht beiwohnen zu müssen beschließe ich zum Mausoleum meiner Familie aufzubrechen, doch ein Geräusch von brechenden Knochen hält mich auf. Der Schrei der dann ertönt kommt nicht aus dem Mund der jungen Frau sondern aus den tiefen der Brust meines Mannes.

Federleicht gelingt es ihr ihn zu überwältigen und in Schach zu halten ohne selbst zu schaden zu kommen. Ein weiteres Indiz dafür, woher sie stammt. Als ich schneller werde um die Zelle zu erreichen schließt sich der Mann der noch kurz zuvor gewartet hat einzutreten mir an und schafft es mit seiner körperlichen Überlegenheit und Aggression die zu überwältigen. Er greift nach ihr, erwischt sie am Hals und drückt zu und selbst im Angesicht des Todes schafft sie es mir einen zornigen Blick entgegen zu werfen.

Der zweite, dessen Arm seltsam verdreht ist mischt sich schließlich auch ein, schlägt ihr hart in den Bauch und setzt zu einem erneuten Schlag an, als sie langsam ohnmächtig zu werden scheint. "Stopp." rufe ich. "Sag mir deinen Namen und ich entferne die Männer sofort. Andernfalls gehe ich und schließe hinter mir ab. Was dann passiert liegt nicht mehr in meiner Hand."

Ihre Lippen bewegen sich, doch kein Ton kommt heraus. Ich stupse den Mann etwas an der sie im Würgegriff hat damit er locker lässt und sobald die Luft ihre Lungen füllt keucht und hustet sie. Der Zorn meiner Männer ist deutlich zu spüren und ich weiß das sie sich nur aufgrund meiner Anwesenheit gerade zurück halten, besonders weil sie darauf abzielen sie fertig zu machen sobald sie auch nur den Hauch von Trotz zu erkennen gibt, doch diese Hoffnung endet jäh, als sie nach mehrmaligem Husten ihren Kopf in meine Richtung hebt. "Aurora. Mein Name ist Aurora."

Damit bestätigt sie, was ich eigentlich schon weiß, doch offenbar ist das nicht alles. Bevor sie weiter sprechen kann weise ich die beiden Männer an aus der Zelle zu treten und den geschädigten so schnell es geht in Behandlung zu bringen. Knurrend und voller Hass tun sie letztlich was ich von ihnen verlange und Casio tritt näher. Er sichert mich ab, für alle Fälle... Obwohl ich sicher bin das ich sie leichter unter Kontrolle bekommen kann als meine Männer und das absolut unnötig ist. Mit einer galanten Drehung hole ich das Tablett und stelle es vor ihren Füßen ab.

"Siehst du... War doch gar nicht so schwer. Du beantwortest meine Frage und bekommst dafür etwas." murre ich siegessicher, im Glauben sie gebrochen zu haben. Nach einem ausgiebigen Schluck Wasser wischt sie sich wenig damenhaft über den Mund. "Was würde Carina wohl dazu sagen wenn sie das hier jetzt sehen könnte?" faucht sie und taxiert mich mit ihren Blicken. Bei der Erwähnung meiner Schwester zieht sich in meiner Brust alles zusammen. Kalt erwischt steht mir kurz der Mund offen, doch dann gleitet anstelle des gebrochenen Menschen wieder die Maske der Gnadenlosigkeit. "Du weißt nichts über mich oder Carina." knurre ich. "Woher kennst du sie?"

Sie lächelt. Sie scheint zu wissen das sie einen Punkt getroffen hat, der mich schwanken lässt. Beflügelt vom Gefühl Macht über die Situation zu haben stellt sie sich gerade hin, verschränkt die Arme und sieht mich provokant an. Wieder habe ich das Gefühl das sie mir nicht antworten wird. Ich wiederhole meine Frage mehrmals, merke wie ich allmählich unruhiger werde und unterdrücke das Bedürfnis ihr ernsthaft weh zutun, da räuspert sich Casio hinter mir. Mit dem Blick fest auf Aurora gerichtet hält er sie in Schach während ich mich zu ihm halb herum drehe.

Ein Bild auf seinem Handydisplay reißt mir fast sofort den Boden unter den Füßen weg. Darauf zu sehen ist Carina zusammen mit Aurora in einem bekannten Club, weit außerhalb der Stadt. Die beiden wirken nicht wie Fremde. Das Foto wurde ein paar Tage vor Carina's grausamen Tod aufgenommen. Wie konnten wir das übersehen?

"Sie war meine Freundin." antwortet Aurora schließlich. Ich drehe mich wieder zu ihr, sehe sie an und erkenne eine Spur von Mitleid und Trauer in ihren Augen, der aber so schnell wieder verschwindet wie er aufgetaucht ist. Bevor ich endgültig den Halt verliere greife ich in Innentasche meiner Jacke, fische die Spritze darin heraus und greife nach Aurora's Arm. Sie wehrt sich, schreit - vergebens. Ich bin stärker. Ein paar Momente später sackt sie auf dem Boden zusammen als die Wirkung sich in ihrem Körper ausbreitet.

"Ich glaube ich habe noch ein paar weitere Fragen. Aber nicht jetzt." flüstere ich ihr entgegen während sie immer schläfriger wird. Danach verlasse ich die Zelle, überlasse es Casio sie zu verriegeln und renne - fast  panisch - aus dem Kerker.

Stunden habe ich im Mausoleum verbracht, zurück gezogen, nach Kraft betend. Die neuen Möglichkeiten die sich aufgetan haben werfen weitere Fragen in den Raum.
Ich habe solange nach etwas gesucht das mir den Sinn des grausamen Todes offenbart und ärgere mich, weil wir diese 'Kleinigkeit' nicht gesehen haben.

Casio lässt mir Zeit und Raum, doch auch er weiß das sein Kopf nicht länger vor der Schlinge gesichert ist, schließlich war er es, der alles daran gesetzt hat soviel Informationen wie möglich aus Carina's Habseligkeiten zu ziehen. Wie also konnte uns dieses Detail - das Carina offenbar mit Aurora befreundet war - verborgen bleiben? Und was bedeutet das jetzt? Steckt vielleicht sogar Aurora hinter dem Mord?

Ein letztes mal atme ich tief durch. Umgeben von Tod und Verwesung erhebe ich meinen müden Leib wie ein Phönix, der aus der Asche steigt.

Ich werde sie brechen bis nichts mehr von ihr übrig ist...

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