Hell's waiting

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Casio meldet sich in den frühen Morgenstunden. Er fragt ob alles in Ordnung ist und ich grummele, was als Antwort genügen sollte. Dann beginnt er umgehend mit etwas Input in Bezug auf mein Ziel. "Ne harte Nuss. Massig Anzeigen wegen Nötigung, Körperverletzung, Vergewaltigung. Letztere wurden alle zurück gezogen. Es handelt sich um unterschiedliche Frauen, aber eine Sache ist mir aufgefallen : Aurora's Namen taucht auch auf der Liste auf. Er hinterlässt nur verbrannte Erde, egal wo er sich befindet. Aber da ist noch mehr. Ich brauche etwas Zeit um den Informationsdschungel zu durchkämmen. Jedenfalls ist er gefährlich und die verfeindete Familie lässt sich - warum auch immer - von ihm unterbuttern... Ezio? Weißt du was darüber, wieso Aurora's Namen auf der Liste auftaucht? Hat sie etwas gesagt?"

Ich beiße die Zähne zusammen. Er ist mein bester Mann, ein enger Vertrauter, aber diese Info will ich im Moment nicht teilen. Ich speise ihn damit ab, später alles zu erklären und lege auf. Sobald meine Füße den Boden berühren setze ich mich in Bewegung. Ich habe kein Auge zugetan, aus verschiedenen Gründen - aber auch, weil ich sicher gehen wollte das Aurora nicht doch irgend eine Dummheit macht.

Auf dem Weg an Deck komme ich an ihrem Zimmer vorbei. Die Tür steht offen, sie ist nicht da. Die frische Luft weht mein ohnehin schon zersaustes Haar durcheinander als ich das Sofa erreiche. Darauf sitzend, mit einem Becher bewaffnet sitzt Aurora und versucht weitestgehend meinen Blick zu meiden, aber offenbar hat sie Kaffee gekocht, also gieße ich mir selbst auch etwas ein und lasse mich aufs Sofa fallen, achte darauf genügend Abstand zu ihr zu haben. "Ich habe ein paar Infos bekommen." sage ich und schaue aufs offene Meer hinaus. "Dein Name taucht auch auf."

Sofort versteift sie sich, klammert sich an den Becher als könnte er sie beschützen. Ich muss nicht weiter reden und sagen was wir gefunden haben, denn sie weiß es... Und die Tatsache das sie all das nicht erfunden hat sondern das ihr Onkel wirklich so eine Kreatur ist, lässt mir die Galle aufsteigen. Schließlich räuspert sie sich, um ihre Tränen zu unterdrücken. "Ich habe die Wahrheit gesagt. Er kennt weder Freund noch Feind. Familie. Er zieht sein Ding durch. Immer."

Tausend Fragen quälen mich, aber eine davon sehr penetrant. Wenn er sich an seiner eigenen Nichte vergangen hat - was ziemlich offensichtlich der Fall ist - wieso hat die Familie dann still gehalten? Sie müssen es doch wissen. Ich weiß nur das meine Familie da gänzlich anders reagiert hätte. So sehr ich versuche diese Frage zu ignorieren, so sehr drängt sie sich immer weiter in den Vordergrund. "Wieso hat deine Familie nicht eingegriffen?" frage ich ehe ich es mir anders überlegen kann. Ich erinnere mich an die Narben die ich gesehen habe und befürchte das es noch mehr gibt - schlimmeres. Es quält mich irgendwie zu wissen das meine Schwester das selbe Leid durchleben musste, ehe sie starb. Aurora antwortet nicht und ich sehe zu ihr hinüber. Wieder kullern Tränen ungehindert ihre Wangen hinab, doch diesmal scheint es als würde sie es selbst kaum spüren. Mit einem mal leert sie ihren Becher, knallt ihn auf den Tisch und verschwindet ohne mir überhaupt eine Antwort zu geben. Es nimmt sie scheinbar noch immer stark mit.

Inzwischen ist die Yacht weiter getrieben und die nächste Küste nicht mehr weit entfernt. Ich schätze das auch Aurora die ersten Möwen, die in der Ferne schreien, wahr genommen hat, also mache ich mich auf den Weg um sie aus ihrem Zimmer zu holen. Wie vermutet steht sie am kleinen Bullauge und schaut hinaus als ich am Türrahmen stehen bleibe - eintreten will ich auf keinen Fall. Jeder Fleck dieses Zimmers ist noch behaftet mit Erinnerungen und ich will jetzt nicht länger darüber nachdenken - zumindest für einen Moment. "Die Küste von North ist nicht mehr weit entfernt." sage ich, erhalte aber keine Reaktion, trotzdem halte ich mich an meinen Teil des Deals. Ich greife in die Hosentasche, fische mein Portemonnaie hervor und halte einige Scheine in die Luft. "Aurora?"

Als sie sich zu mir dreht bin ich etwas verwundert wie erschrocken sie aussieht. Dann zeigt sie Richtung Bullauge. Etwas hat ihre Reaktion verursacht, aber da ich nichts erkennen kann weiß ich nicht was. Ich werde jedenfalls keinen Fuß in dieses Zimmer setzen.

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