Kapitel 6

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Marc schlenderte mit Samantha Hand in Hand zu seinem Auto, schloß auf und wies sie an, Platz zu nehmen. Nachdem er die Wagentür geschlossen hatte, zückte er sein Handy und rief einen seiner Kollegen an. Das Gespräch ging schnell über die Bühne, Angabe der Adresse und der Verdacht auf Dealerei genügte meist schon.
Er legte auf und setzte sich hinters Lenkrad. Als er startete hörten sie bereits die Sirenen der Polizei.

"Lass uns verschwinden." Murmelte er und fuhr zügig die Strasse entlang.

Samanthas Kleid war über ihre Knie nach oben gerutscht, immer wieder zerrte sie nervös am Saum.

"Sam, das Kleid wird nicht länger dadurch", raunte Marc amüsiert der verdatterten Samantha zu. "Außerdem kannst du es tragen", zwinkerte er ihr zu. Sein Blick wanderte kurz zu ihren nackten Knien, zu gern hätte er sie berührt.

Samantha öffnete bereits den Mund, um etwas darauf zu kontern, schloss ihn aber wieder und grinste ihn an.
"Warum warst du heute da? Ich meine auf der Party." Fragend musterte sie ihn von der Seite.

Marc fuhr konzentriert im dichten Verkehr, runzelte bei seiner Antwort die Stirn. "Mein Kumpel Ben hat mich mitgeschleppt. Ich wäre heute lieber zuhause geblieben."

Samantha legte ihre Hand auf seinen Unterarm. "Gut das du das nicht bist." Flüsterte sie und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe.

Marc stimmte ihr gedanklich zu, legte seine Hand kurz über ihre und konzentrierte sich wieder auf die Strasse.
Am Gebäude angekommen, hielt er ihr wieder die Wagentür auf. Verlegen stand sie vor ihm und starrte auf seinen Bauch. Ob er einen Sixpack hatte?

"Sam?" Erschrocken blickte sie ihm ins Gesicht, bei was hatte er sie denn jetzt ertappt? "Alles in Ordnung?"

"Ja, danke für...alles....und... lass dich mal wieder sehen." Sie reckte sich und drückte ihm einen flüchtigen Schmatzer auf die Wange.

"Schlaf gut", sagte er heiser und schaute ihr nach, bis sie im Gebäude verschwunden war.

Seine Wange brannte, dieser kleine unschuldige Kuss brachte ihn völlig durcheinander. Er blieb noch so lange im Auto sitzen, bis in ihrer Wohnung das Licht brannte. Dann fuhr er zufrieden nach Hause.
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Samantha schmiss ihre Schlüssel auf die Theke und schleuderte ihre Pumps von den Füßen. "Anthony?" Keine Antwort. Dann war sie wohl wieder mal allein. Lustlos zog sie ihr Kleid aus und wechselte in bequeme Schlafklamotten. Sie putze sich die Zähne und stieg in ihr Bett.
An Schlafen war jedoch nicht zu denken. Ihre Finger wanderten zu ihren Lippen, seine Wange war stoppelig gewesen, sein Duft so männlich und fruchtig.
Was war das noch gleich? Irgendwie roch er nach - Zitrone? Orange? Ja das könnte es gewesen sein. Herrgott er sah so sexy aus heute abend. Immer wieder tauchten seine Gesichtszüge vor ihren Augen auf. Gerne hätte sie länger mit ihm getanzt. Ob er eine Freundin hatte? Sicher nicht, denn sonst wäre er bestimmt nicht mit diesem Ben zur Party gekommen.
Gott, wie sollte sie sich nur künftig Alesso gegenüber verhalten? Sein Gegrabsche ging ihr gegen den Strich, sie würde morgen ein ernstes Wörtchen mit ihm reden müssen. Sie kuschelte sich in ihre Decke und löschte das Licht.
Ein letztes Mal tauchten Marcs Augen vor ihr auf und seufzend schlief sie ein.
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Es war bereits drei Uhr nachts, als Anthony mit der Tür in die Wohnung polterte.
Im Schlepptau eine aufgetakelte Blondine. Er hatte ziemlich viele Drinks intus und achtete deshalb nicht besonderst darauf leise zu sein.
Samantha war sofort wach. Blinzelnd beobachtete sie die Fummelei ihres Bruders an dem Kleid der Blondine. Diese kicherte immer wieder, feuerte Anthony immer wieder schrill an. Bis sie in seinem Zimmer knutschend verschwunden waren, lagen High heels, Jacken und Handtasche im Flur.

Samantha stieß heftig Luft aus ihren Lungen, das würde sicher keine ruhige Nacht werden. Tatsächlich dauerte es nicht lange und das Stöhnen mit spitzen Schreien hallte an ihre Ohren. Verzweifelt hielt sie sich erst diese zu, um sich dann ihr Kissen über den Kopf zu stülpen. Papa, ich bring dich um! Das du mir das antust!
Sie verfluchte Anthony und seine Weiber, jetzt war sie hellwach.

Genervt machte sie Licht und stieg von der Galerie. Das musste sich eindeutig ändern, das hielt ja kein Mensch aus. Wer bitteschön wollte schon wissen wie und wann der Bruder Sex hatte?
Sie musterte die am Boden liegenden Jacken, als sie sah, das aus Anthonys Jackett ein schwarzes Büchlein heraus ragte.
Sie vergewisserte sich, das er noch beschäftigt war und angelte sich das Teil.
Neugierig blätterte sie in der Klatte und überflog Anthonys Termine. Die meisten Namen und Orte sagten ihr nichts. Aber dabei fiel ihr auf, das die Termine mit verschiedenen Farben eingetragen worden waren. Interessant. Das hatte sicher eine Bedeutung.
Und welche, das würde sie noch herausfinden. Hastig steckte sie das Büchlein wieder in die Brusttasche des Jacketts und ging ins Bad. Keine Sekunde zu früh, denn als sie wieder heraus kam, waren die Klamotten weg.....

Kaffeeduft zog durch die Wohnung als Anthony am nächsten Morgen ins Bad schlappte. Die Kleine hatte alles aus ihm heraus geholt, grinsend gönnte er sich erst mal eine heiße Dusche. Heute morgen war sie bereits verschwunden, das Beste an diesen One-Night-Stands, keine Frage.
Samantha stand bereits an ihrer Staffelei, bemerkte ihn erst nicht.

"Morgen, Schwesterherz", brummte er.
Samantha erschrak, so vertieft war sie in ihrer Skizze.

"Morgen", murmelte sie und schenkte ihm einen eisigen Blick.

"Ja, ja, tut mir leid." Versuchte er sie sofort zu besänftigen, denn er wusste genau was ihr Blick bedeutete.

"Wenn ich schon mit dir hier zusammen leben muss, dann halt dich an die Regeln." Schnautzte sie ihn an.

Anthony angelte sich eine Tasse und goss sich Kaffee ein. Die heiße Flüssigkeit rann seine Kehle hinunter und weckte seine Lebensgeister. "Es war nicht meine Idee die Wohnung mit dir zu teilen", seufzte er.

"Meine etwa?!" Entrüstet drehte sie sich zu ihm.

"Ich bin ein Mann", zuckte er mit den Schultern.

"Was würdest du sagen, wenn ich hier mit einem Typen rummachen würde?" Sie wurde wütend, schmiss die Kreide aus ihrer Hand und setzte sich zu ihm an die Theke.

"Hast du denn jemanden?" Hakte Anthony mit zusammen gekniffenen Augen nach und beobachtete seine Schwester genau. Das würde seinen Vater sicher interessieren.

Samantha erwiderte nichts, einen Teufel würde sie tun und ihren Bruder über ihre Gefühlswelt informieren. Aber eines war sicher, sie brauchte dringend einen Job.
Denn das ihr Vater sie gegeneinander ausspielte war so offensichtlich. Und das würde sie nicht mit sich machen lassen.

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