Kapitel 8 - Rührei und Deeptalks

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Nach der knapp 80-minütigen Bahnfahrt und einem kurzen Spaziergang betraten wir Felix' Wohnung, welche in unmittelbarer Nähe vom Kotti lag. Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen und zur Seite gestellt hatte, nahm ich mir einen Augenblick Zeit, die Wohnung genauer zu betrachten.

Felix hatte in seinen unzähligen Erzählungen im Podcast nicht übertrieben: seine Wohnung war wirklich sehr groß und dazu noch wirklich schön. Ich setzte mich aufs Sofa.
„Möchtest du was trinken? Ich hab Cola, Apfelschorle oder klassisches Leitungswasser." Ich überlegte einen Moment. "Leitungswasser ist okay, Danke." Felix ging zum Wasserhahn in der Küche und brachte mir wenige Sekunden später das Glas. Für sich selbst hatte er eine Dose Cola geholt mit der er sich neben mir auf dem Sofa niederließ.

"Wie groß ist deine Wohnung eigentlich?", fragte ich, während ich einen Schluck von dem Wasser nahm und mir das Wohnzimmer genauer ansah.
"200 Quadrameter inklusive Balkon und Keller." In seinem Blick lag ein gewisser Stolz, den ich sehr gut nachvollziehen konnte. Anerkennend nickte ich.
"Krass. Ich wohne in einer 2-Zimmer Wohnung mit gerade mal 70 Quadrametern. Kein Balkon und nur ein kleiner Keller." Kurz überlegte ich, ob ich die nächste Frage wirklich stellen sollte. Ich wollte wirklich nichts überstürzen, aber ich war neugierig.

"Wie kommt es, dass du ganz alleine in so einer großen Wohnung wohnst? Ich meine, klar, Geld ist bei dir ja kein Problem -" Felix lachte kurz auf, nahm einen Schluck von seiner Cola und sah mich fragend an - "aber hast du hier schon immer alleine gewohnt, oder....?"
Den Rest meiner Frage musste ich nicht aussprechen. Wir schauten uns für einen kurzen Moment an, dann wanderte Felix' Blick Richtung Boden. Er zögerte.

"Also, wenn du damit fragen willst, ob ich hier mal mit einer Partnerin eingezogen bin - nein. Das hier war schon immer mein eigenes Reich, und das genieße ich wirklich. Ich bin so viel unterwegs und mit Menschen zusammen, dass ich diesen Rückzugsort hier einfach brauche."
Er stellte die Coladose vor sich auf den Couchtisch.
"Ich meine, ob ein einzelner Mann, der auch noch so viel unterwegs ist, so eine große Wohnung braucht ist fraglich, das weiß ich auch. Aber ich mag's hier. Hab mir die Wohnung nach meinen eigenen Vorstellungen eingerichtet und würde es nicht mehr anders wollen."
Verständnisvoll nickte ich. "Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich liebe mein eigenes Reich auch. Bin vor paar Jahren hierher gezogen als ich den Job in der Agentur angefangen habe. In Mitte kann sich kein normaler Mensch die Mieten leisten, also hat's mich nach Kreuzberg verschlagen. Und ich fühl mich wohl."
Felix grinste und nahm mir den nächsten Satz vorweg: "Die Junkies nerven halt, wa?"
Ich musste lachen. "Ja, aber es ist okay. Ich meine, man weiß ja, was man hier zu erwarten hat und dann kann man sich damit arrangieren. Ich hab mich dran gewöhnt."

Wir tranken unsere Getränke aus und schwiegen für einen Moment. "Hast du eigentlich Hunger? Ist schon fast halb 9", fragte Felix und ich überlegte. Eigentlich war all das hier ja gar nicht geplant gewesen... sollte ich wirklich noch zum Essen hier bleiben?
Nach einem weiteren Moment kam ich zu einem Entschluss. Ja, das sollte ich. Ich war von der Trennung bis heute auf keinem einzigen Date mehr gewesen und war auch sonst kaum mehr rausgegangen, ich würde den Abend jetzt sicher nicht versauen, indem ich einfach ging.

"Ja, ich würd gern was essen. Was hast du so im Angebot?"

"Also, wir könnten Pizza bestellen, oder ich mach uns Rührei. Geht schnell und ich kann's relativ gut, und ganz nebenbei ist es noch gut für die Gains." Felix grinste und ich spürte, wie sich Erleichterung in mir breit machte. Unser Gespräch über seine Wohnsituation war vorhin völlig unbeabsichtigt in eine düstere Richtung abgedriftet. Es war schön, sein Lächeln wieder zu sehen.

"Rührei hört sich gut an." Ich stand auf. "Soll ich schon mal den Tisch decken?"

"Wenn du schon so fragst, gerne. Da vorne sind Teller, hier drüben ist Besteck."

Während Felix das Rührei zubereitete, deckte ich den - zugegebenermaßen sehr großen - Tisch. Ich konnte nicht anders als zu grinsen. Riesige Wohnung, viel zu viel Platz für eine Person und ein Esstisch, an dem acht Leute Platz hatten - ich hätte zwar nichts anderes erwartet, aber trotzdem war es lustig, wie sehr das Klischee des großen Felix Lobrecht auf den echten Menschen zutraf.

Nachdem wir gegessen, abgeräumt und alles in der Spülmaschine verstaut hatten, setzten wir uns wieder aufs Sofa.
Nachdenklich schaute ich Felix an. Er hatte bisher keine Anstalten gemacht, mich rauszuschmeißen, also schien meine Anwesenheit ihn nicht zu stören. Vielleicht war er aber einfach nur zu höflich. Ich beschloss, den Elefanten im Raum anzusprechen.

"Hör zu, das war ein wirklich schöner Tag, aber ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen. Ich will dir hier nicht auf den Sack gehen, du willst doch bestimmt noch deine Ruhe haben."
Felix schaute mich verdutzt an. "Du störst überhaupt nicht, sonst hätte ich dir sicher nicht angeboten, noch hier zu essen. Glaub mir, ich hab da so meine Methoden, um Mädels aus meiner Wohnung zu schmeißen, wenn ich das will", sagte er grinsend und ich unterdrückte ein Schlucken.
Wie viele Frauen hatte er wohl schon mit zu sich nachhause genommen und danach wieder abserviert....?
Ich schüttelte den Gedanken weg. Jetzt war nicht der Moment für Eifersüchteleien. Jetzt war ich bei ihm zuhause, dann konnte ich das auch genießen.

Er riss mich aus meinen Gedanken. "Wenn du nachhause möchtest werd ich dich nicht aufhalten, aber du kannst wirklich gerne noch hierbleiben. Ich hab da letztens einen Film auf Netflix entdeckt, den ich gerne schauen würde. Wenn du willst, können wir ihn zusammen schauen."

Ungläubig schaute ich ihn an. "DU willst einen Film schauen? Echt jetzt? Normalerweise schaust du doch nur Hitler-Dokus."

Felix lachte. Kein kurzes, spitzes Lachen, sondern ein echtes Felix-Lobrecht-Signature-Lachen, als hätte ich einen wirklich guten Witz gerissen.
"Ich schau echt gerne Hitler-Dokus, das stimmt, aber soooo oft jetzt auch nicht. Erst recht nicht, wenn ich Damenbesuch hab." Er grinste mich an.
"Den Film hat mir Tommi empfohlen, der schaut ja den ganzen Tag irgendwelche Mediatheken durch. Er heißt "The Weekend Away" und soll echt spannend sein. Geht um zwei Frauen, die zusammen im Urlaub sind und dann verschwindet eine davon."

Meine Gedanken kreisten. "Ich glaub, von dem Film hab ich schon mal gehört. Lia hat mir davon erzählt."
"Na, das trifft sich doch hervorragend. Aber lass uns lieber ins Schlafzimmer gehen, ist bisschen gemütlicher da."

Mit einem leichten Zögern und einem heftigen Kribbeln im Bauch stand ich auf und folgte Felix ins Schlafzimmer.

Casual fangirl (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt