Kapitel 20 - Das V Wort

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„Leute, das war All You Can Eat. Danke, dass ihr alle hier wart." Felix ließ das Mikrofon sinken. Grinsend schaute er ins Publikum. Die Menge war außer sich vor Freude. Klar, wie auch nicht. Alle 15'000 Plätze waren bis auf den letzten Platz ausverkauft.
Ein Song, das Outro. Der Micdrop. Dann winkte er und lief rückwärts aus dem Lichtkegel, wie er es jedes Mal tat. Nur heute war es anders. Besonderer.

Ich saß im mittleren Block, rechts von der Bühne direkt am Gang. Ich atmete erleichtert aus und konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Selbstverständlich komme ich morgen Abend in die Benz Arena. Ich freue mich drauf und bin unheimlich stolz auf dich.
Das hätte ich gestern am liebsten gesagt, aber natürlich stand mein Stolz mir im Weg. Mein Stolz und das Unwissen darüber, weshalb er überhaupt auf die Idee gekommen war, eine andere zu küssen. Aber das war jetzt egal. Erstmal.
Zusammen mit dem Rest des Publikums stand ich auf und klatschte, bis das Saallicht anging. Nach und nach leerte sich die Halle.
Also Tommi, bis so ne Zehntausender-Arena mal steht, das dauert.
Ich musste lächeln. Ja Felix, und bis Fünfzehntausend Leute aus der Mercedes Benz Arena draußen sind, leider auch! 

Es dauerte mindestens 20 Minuten, bis mein Block endlich leer genug war, dass ich aufstehen und mich bewegen konnte. Gestern Abend hatte Felix mir noch geschrieben, bei wem ich mich melden müsste, um ins Backstage zu gelangen. Hier war das nicht ganz so einfach wie im Comedyclub in Köln, aber nicht unmöglich.

23 Uhr. „So, hier kannst du deine Sachen ablegen." Jakob, sein Security, lächelte mich freundlich an, was ich erwiderte. „Danke dir."
Er ließ mich alleine und ich begann, mich umzuziehen. Für die Party hatte ich selbstverständlich andere Klamotten mitgebracht als für die Show. Kein Kleid, obwohl ich aufgrund des Taylor Swift Songs nur zu gern eins angezogen hätte, aber dafür einen Jumpsuit, den ich mir erst vor kurzem neu gekauft und bisher noch nicht getragen hatte.

Ich schaute auf mein Handy. Eigentlich hatte Felix mir versprochen, sich bei mir zu melden, sobald er eine freie Minute hatte, aber bisher war das noch nicht passiert. Verständlich.
Er hatte heute bei Gott genug andere Dinge im Kopf.

Ich verließ die Umkleidekabine und machte mich auf die Suche nach irgendjemandem, der mir weiterhelfen konnte. Die Party würde im Untergeschoss der Arena stattfinden, so viel wusste ich, aber nicht, wie ich dorthin kam.

„Hi." Ich blickte auf und geradewegs in das Gesicht von Felix' Bruder, der mich freundlich anlächelte. „Du bist Joana, richtig?" Ich musste lachen. Er kannte mich doch!
Also, zumindest hatten wir uns schon einmal gesehen. Zwar war Felix damals gerade dabei gewesen, mir die Klamotten vom Leib zu reißen, aber mein Gesicht war für ihn definitiv kein Unbekanntes.
„Die bin ich."
„Super. Felix hat mich beauftragt, dich abzuholen und zur Party zu begleiten." Er schaute mich freundlich an und ich nickte.
Zusammen liefen wir eine Treppe runter. Die Party war nicht zu überhören. Die Gesprächsfetzen und die Musik waren beinahe lauter als meine eigenen Gedanken.

„Einen Mojito, bitte." Ich lächelte die Barkeeperin freundlich an, während sie meinen Drink zubereitete. Mit irgendwas musste ich ja anfangen und mit Mojito hatte ich bisher nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht. Ich nahm einen Schluck und grinste vor mich hin.
Kurz sah ich mich um und begann, zur Musik mitzuwippen.

„Hey." Mich überkam eine Gänsehaut. Diese Stimme würde ich überall wieder erkennen. Ich stellte mein Glas zur Seite und sah Felix an. „Hi."
Sein Blick hatte etwas schuldbewusstes, was mir sofort ein flaues Gefühl bereite. Heute war ein Tag zum Feiern!
Für ein paar Sekunden schauten wir uns nur an, dann näherte Felix sich meinem Ohr. „Komm mit." Er nahm meine Hand und wir schlängelten uns durch die Menge. Niemand hier schien zu bemerken, dass Felix mich im Schlepptau hatte und wenn sie es doch bemerkten, dann schien es sie zumindest nicht sonderlich zu interessieren.

Felix schloss die Tür hinter uns ab und lächelte mich vorsichtig an. Scheiße, dieses Lächeln war wirklich ansteckend.
Ich verschränkte die Arme und grinste amüsiert. „Die Besenkammer also?" Er lachte auf.
„Sorry, mit mehr kann ich leider nicht dienen." Wir verfielen in ein kurzes Gelächter. Andere Leute kamen zum Bumsen her, aber wir hatten etwas zu klären.
Ich hab mir Mühe, mich zusammenzureißen und sofort verschwand die Belustigung aus meinem Gesicht. „Also?"
Er holte Luft. „Ich wünschte wirklich, dass ich dir eine Erklärung geben könnte, die mich nicht wie das letzte Arschloch da stehen lässt, aber die hab ich nicht." Nochmal atmete er tief ein.
„An dem Abend in Stuttgart war ich einfach zu gut drauf. Die Show in der Liederhalle war der Wahnsinn. Geile crowd, mega Stimmung, fantastischer Abend." Und geile Weiber?
Sofort verbot ich mir diesen Gedanken. Erstmal sollte er ausreden.
„Danach sind wir direkt ins Steigenberger, mein Bruder und ich, und weil der Abend so schön war, dachten wir, wir machen an der Hotelbar gleich weiter."
Er räusperte sich. „Ich hab zwei Cuba Libre bestellt und viel zu schnell getrunken. Ich weiß, dass das keine Entschuldigung für das ist, was ich getan habe, aber es ist die Wahrheit."
Erwartungsvoll schaute er mich an und ich seufzte. „Mann, Felix." Ich rang nach Worten, während er mich immer noch anschaute. Plötzlich begann er zu lächeln.
„Ich meine... es hat ja nichts bedeutet, und -"
Ich kam nicht dazu, den Satz fertig zu sprechen.  Felix zog mich an sich, fast so wie an dem Abend in Köln, bevor wir ins Savoy gefahren waren.

„Richtig. Es hat mir nichts bedeutet. Das hat es noch nie." Seine Lippen waren jetzt nur noch einen Hauch von meinen entfernt. Jetzt konnte auch ich nicht mehr ernst bleiben. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. „Dann bin ich ja froh."
Er küsste mich. Nicht so, als würde er mich gleich flachlegen wollen. Nicht so, als würde ich gerade in seinem Bett liegen und sein T-Shirt tragen. Nein, dieser Kuss drückte ein ganz bestimmtes Gefühl aus. Und mein Bauchkribbeln verriet mir, dass das auf Gegenseitigkeit beruhte.

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Puh. Ist noch jemandem so warm wie mir? 😅 ich weiß nicht, wie es euch geht, aber die beiden machen mich komplett fertig.
Möchte nicht zu viel vorweg nehmen, aber ich glaub, es beruhigt uns alle, wenn ich sage: das Ende ist hier noch nicht erreicht ;)

Casual fangirl (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt