3. [...] WEIL du so unerfahren bist." -Evelyn

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Irgendwie verwirrte diese Catherine mich emotional. Ich meine, ich war glücklich mit Charles. Natürlich, manchmal hatte ich eben Fantasien, aber hatte nicht jeder mal das Bedürfnis, etwas in Richtung gleichgeschlechtlich zu tun? Auch wenn ich mit Charles im Bett war, waren es eher meine Fantasien, die mich zum Kommen brachten. Ich stellte mir nicht vor, dass Charles ein Mädchen wäre, das nicht. Ich stellte mir vor, wie es wäre, mit einer Frau Sex zu haben. (A/N: ich weiß, eigentlich ist da kein großer Unterschied...) Schon als ich mit Charles zusammengekommen war, wusste ich, dass ich mich nicht wenig für Frauen interessierte. Ich hoffte nur, dass ich mich nicht in eine Frau verlieben würde, solange ich mit Charles zusammen war. Das hatte die letzten zehn Monate auch relativ gut funktioniert, bis diese Catherine erschien, welche nicht weniger gut aussah als Charles.

Natürlich musste Charles gleich wieder zur Oberglucke mutieren und mich in alle möglichen Läden zerren. Und kitschige Herzenketten zeigen. Wenn mich etwas absolut abturnte, war es Kitsch. Moment, hatte ich das gerade wirklich gesagt? Eigentlich hatte ich nichts gegen Kitsch. Vermutlich gefiel es mir nicht, dass dass er es ausgerechnet vor Catherine machte. Warum wollte ich gerade vor ihr wie eine eigenständige Person wirken? Was war an ihr so besonders? Außer diesem schwer verständlichen Akzent, den ich kaum einordnen konnte, und übermenschlich gutem Aussehen?

Sie war sofort interessant für mich, vermutlich, weil sie so klar zeigte, dass sie mich wollte... Gerade mich, die keine Ahnung von Sex mit Frauen hatte... Vielleicht will sie dich ja gerade, WEIL du so unerfahren bist..., sagte eine fiese kleine Stimme in meinem Kopf. Offen gesagt war es sogar der Teil, der mir geraten hatte, mich von Charles fernzuhalten. Einerseits wollte ich diese Catherine, doch andererseits erinnerte mich meine Stimme der Treue daran, dass ich einen Freund hatte, den ich nicht enttäuschen wollte. Keiner von uns würde je fremdgehen. Dachte ich zumindest. Dann kam Catherine. Und mit ihr kamen alle Fantasien hoch, die ich bisher zu verdrängen versucht hatte. Der eine Teil meines Gehirns, von dem ich glaubte, dass er Charles irgendwie nicht leiden konnte, sah in Catherine DIE Möglichkeit zur Erfüllung meiner Fantasien. Aber andererseits liebte ich Charles. Zehn Monate sind eine lange Zeit. Vor allem mit dem allerersten Freund. Irgendwie machte es mich traurig, Catherine alleine vor dem Souvenirshop stehen zu sehen, während Charles mir allen möglichen Schnickschnack zeigte, den London zu bieten hatte. Verdammt, wieso betrübte mich das? Ich kannte sie noch nicht einmal.

Ich liebte meine Heimat echt abartig sehr, doch dank der Themse war es hier fast allzeit neblig und ziemlich frisch. Diese Kälte brachte mich auf dem Heimweg fast um, ich musste einfach Charles bitten, meine Hände zu wärmen. Dieser hatte jedoch kältere Hände als ich selbst, was komisch war, normalerweise war er immer meine Heizung. "Ich hab warme Hände...", murmelte eine raue Frauenstimme hinter mir. Wie beim ersten Mal, als ich ihre Stimme gehörr hatte, musste ich ein Schaudern unterdrücken. Trotz der eigentlich total normalen Dinge, die sie sagte, sank mein Blut sofort ab. Ich hörte Charles seufzen und ihn genervt sagen: "Wenns dich glücklich macht..." Wenn er nur wüsste... Zögerlich schob ich meine Hand in Catherines und es sackte noch mehr Blut ab, als sie ihre langen Finger um meine Hand schloss. Es durchfuhr mich heiß, ich zuckte zusammen und ich keuchte leise auf. Catherine ließ meine Hand auf dem ganzen Heimweg nicht los, was meinen Unterbauch regelmäßig in Schwierigkeiten brachte. Ich wette, wenn ich zu Hause ankam, würde mein Höschen nass sein und ich würde Charles gegenüber in Erklärungsnot kommen. Warum konnten wir nicht schneller laufen...?


Ich bemerkte relativ spät, dass Catherine unwohl war. Und gerade, als Charles die Tür aufschloss, presste sie sich die Fäuste auf die Schläfen, beugte sich vornüber und begann, wie verrückt zu schreien. Charles fuhr erschrocken zu ihr herum und ich stand hilflos neben ihr, unfähig, irgendetwas zu tun. Nach kurzer Zeit kam der Vater von Catherine zur Tür heraus. Als er Catherine sah, riss er die Augen auf und brüllte ins Haus: "Alice, in unserer Tasche ist Ibuprofen 1000! Bring zwei Tabletten und ein Glas Wasser, es ist wichtig!" Ibuprofen? 1000? Zwei Tabletten? Nach einer alleine könnte ich mir die Hand abhacken, ohne etwas zu merken. Ich wollte mir lieber nicht vorstellen, was für höllische Schmerzen sie haben musste. Er eilte zu Catherine und nahm die Hände von ihrem Kopf. "Catherine, es wird gleich besser, alles ist gut... bitte, hör auf zu schreien..." Dann kam Alice mit zwei Tabletten und einem Glas Wasser heraus, beides jedoch wurde ihr schnell von Catherines Vater aus der Hand gerissen. "Charles, halt mal bitte ihren Kopf!" Dieser jedoch bewegte sich keinen Millimeter, sodass ich schnell reagierte und eine Hand in Catherines warmen, verblüffend harten Nacken legte. Ihr Vater sah mich geschockt an, und bevor mein Gehirn aufwachte, brüllte ich ihn an: "Jetzt machen Sie schon, vom Warten gehts ihr nicht besser!" Das ließ er sich nicht zwei Mal sagen und klappte Catherines Mund auf, um ihr die zwei Tabletten und das Wasser zu geben. Dann klappte er ihren Mund wieder zu. "Catherine, du musst jetzt schlucken!", sagte er mit einem strengen Unterton. Ich weiß zwar nicht, wie sie es geschafft hat, zu schlucken, aber ihr Vater trug sie dann ins Wohnzimmer und legte sie auf der Couch ab. "Maxwell, was ist mit ihr?", wollte Alice wissen, nachdem er auf einen Sessel geplumst war. "Und wer ist die?", fragte Charles. Catherines Vater seufzte und rieb sich mit der Hand über das Gesicht. "Catherine...", begann er. "Catherine ist das zweite Kind von Alice und mir. Du warst das erste." Er nickte zu Charles. Heiliger. Strohsack. Catherine konnte doch unmöglich... wobei, theoretisch gesehen konnte sie schon, aber wieso fand ich gerade Charles' Schwester heiß? Ich sah von Catherines Gesicht zu Charles, der Catherine geschockt anstarrte. "Sie hat ein Medulloblastom.", sagte er an Alice gewandt. "Das ist ein extrem bösartiger Hirntumor."

My Boyfriend's SisterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt