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Ives

»Wie konntest du nur?«, zische ich, sobald ich in  Nessa's Zimmer schlupfe.

Überrascht sieht sie von ihrem Tablet auf und mustert mich. »Hast du schon mal etwas von Anklopfen gehört?«

»Oh das tut mir leid. Warte! Lass mich nachmachen, was du heute morgen gemacht hast.« Wild trommle ich mit meinen Fäusten gegen die Tür und drehe mich erst dann wieder zu ihr um.

»Du benimmst dich kindisch. Als du ein Kind warst, war das ja noch ganz süß, aber jetzt ist es nur noch nervig«, sagt sie seufzend und wendet sich wieder ihrem Spiel zu. »Was willst du hier, Stinker? Hast du nichts Besseres zu tun? Du solltest lernen. Nach den Ferien finden Prüfungen statt und wenn du dir da keine Mühe gibst, kannst du dein Zahnarztstudium auch gleich wieder vergessen.«

Ich reiße ihr das dämliche elektronische Gerät aus den Händen und funkle sie wütend an. »Begegne mir mit mehr Respekt! Ich bin vielleicht dein kleiner Bruder, aber ich bin ebenfalls ein erwachsener Mann.«

»Wenn du Respekt verlangst, solltest du selbst respektvoll sein. Fang erst einmal bei dir an, bevor du-«

»Und wenn ich mich nicht in deine Beziehung einmische, dann tue du es auch nicht bei meiner«, fauche ich. »Wieso mischt du dich immer in mein Leben ein? Wer hat dir die Erlaubnis erteilt, deinen besten Freund wie Scheiße zu behandeln und alle um dich herum unglücklich zu machen? Macht dir das Spaß, Eiskönigin?«

Ronny legt sein Buch zur Seite und sieht schutzsuchend zur Tür. Nessa hält ihn am Arm fest, als wisse sie, er würde am liebsten aus dieser Situation flüchten.

Sie fährt sich mit der freien Hand über die Augen und seufzt. »Ives, jetzt glaubst du, dass ich einen Fehler mache und dir Jonas wegnehme, aber du verstehst nicht, was eine Trennung bedeutet. Es ist schmerzhaft und zerstört alles. Ihr beide würdet alles zwischen euch kaputt machen.«

»Dann müsste doch erst einmal etwas zwischen uns sein«, fauche ich. »Du mischt dich doch schon seit unserer ersten Begegnung ein. Weißt du denn nicht, dass ich von allem schon längst Bescheid weiß?«

Interessiert sieht sie mich an, versucht herauszufinden, wie viel ich genau weiß und wie ich es erfahren habe. Aber sie kann natürlich keine Gedanken lesen, also tue ich ihr den Gefallen und beantworte ihre nicht ausgesprochene Frage.

»Er ist so eine Heulsuse. Pass ja auf! Irgendwann ist er älter und dann ist es nicht mehr niedlich, wenn er dir überall hinterhertackelt und sich heulend an dich klammert. Wenn du zu nett zu ihm bist, wirst du ihn nie wieder los«, äffe ich sie nach und höre auch nicht auf, als ihr jede Farbe aus dem Gesicht weicht. »Er ist ein Grobian. Gestern noch hat er einen kleinen Jungen geschlagen, weil sie sich über einen Fußball gestritten haben. Wenn er erst erwachsen ist, will ich gar nicht wissen, wie er seinen Partner später behandelt.«

»Okay, gut. Das habe ich gesagt und ich entschuldige mich dafür. Damals war ich sauer auf dich, weil du meine Kleider zerschnitten hast, um Jonas ein Geburtstagsgeschenk zu basteln.«. gibt sie zu und lässt von Ronny ab, um sich die Haare hinter die Ohren zu streichen. »Aber ich habe nichts damit zu tun, dass er dich nicht mag.«

»Du hast alles damit zu tun«, schreie ich aus Frust heraus und rangle mit den Händen hilfesuchend in der Luft. Gott, steh mir bei, damit ich sie nicht wie ihre Kleider in der Luft zerreiße! »Du redest ihm immer und immer wieder ein, dass ich ein Arschloch bin, dass ihn verletzen wird, auch wenn ich stets alles versuche, um ihn glücklich zu machen. Das erste Mal, das er mich mal wieder mit dem Gesicht und nicht nur mit dem Arsch angesehen hat, war, als du nicht da nicht da warst. Du konntest aktiv nicht zwischen uns zu stehen und uns das Gefühl geben, wir wären nicht gut genug füreinander.«

Ein in Karamell getauchter BackenzahnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt