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Jonas

Es ist eine massive Arbeit, den Schlüssel zu drehen. Ich muss mich dabei halb verenken und all meine Kraft in meine brauchbaren Finger stecken.

Ives sieht mich an. Ich muss meinen Kopf nicht heben, um zu sehen, dass er es tut. Ich spüre seinen Blick auf mir liegen. Er macht sich Sorgen. Vielleicht verachtet er mich aber auch, weil ich ihn gestern belästigt habe.

»Es tut mir leid«, murmle ich und ziehe die Decke enger um mich. »Das gestern war echt blöd von mir. Ich habe zu viel getrunken und habe nicht mitgedacht.«

»Ist in Ordnung«, beruhigt er mich. »Das habe ich mir gedacht. Alkohol beinflusst Menschen eben.«

Nein, er macht nur mutiger. Ich wollte ihn. Ich wollte, dass er mich küsst, dass er mich anfässt, dass er meine Popacken spreizt und seinen Penis an meinen reibt. Ich wollte mit ihm schlafen. Aber er hat mich aufgehalten.

Gott, wie ich mich schäme. Der Moment, in dem ich realisiert habe, dass er auch wenn untervögelt ist, mich nicht anzufassen würden, sollte mir eine Lehre sein. Es hat mich zwei Küsse und ein wenig Reiben gebraucht, um das zu kapieren. Nur weil Ives gerne viel Sex hat, heißt es the ben noch lange nicht, dass er mit jedem ins Bett steigt. Er hat starke Ausschlagkriterien.

»Jup«, sage ich kurz und blicke auf das Handy nieder, welches ich umlagern muss. Meine Hände tun immer noch unfassbar weh, aber ich traue mich gar nicht noch länger hier zu stehen und mir vielleicht sogar beim Nehmen der Tablette helfen zu lassen. »Ich geh da mal dran.«

»Mach das. Wenn du fertig bist, gib mir Bescheid. Ich habe Curry gemacht. Ich bring's dir ins Zimmer«, schlägt er mir vor.

Um das Gespräch zu verkürzen, sage ich ihm nicht, dass ich es immer noch nicht leiden kann, wenn mein Zimmer nach Essen riecht, und nicke deswegen als Zustimmung. Ich drücke mich gegen die Tür und schließe sie, bevor ich in mein Bett krieche und mich entstumme.

»Hey, sorry. Ich bin während dem Lesen eingeschlafen«, lüge ich, weil ich ihr eindeutig nicht sagen kann, was gestern vorgefallen ist. »Was machst du so den ganzen Tag, wenn weder Ives noch ich dich nerven können?«

»Glücklich sein«, scherzt sie und seufzt. »Du hast mir ganz schöne Sorgen gemacht. Ich dachte schon, du zeugst mit Ives Kinder.«

»Weil das das Erste ist, das ich tue, wenn du nicht da bist«, lache ich und fühle mich mies, weil ich mit niemanden über meine momentane Situation sprechen kann. Ich wechsle eilig das Thema. »Ich habe jemanden kennengelernt.«

»Wirklich?« Erfreut jubelt sie auf, bevor sie inne hält. »Warte! Wo hast du denn jemanden kennengelernt?«

»Ich habe Finn beim Eislaufen kennengelernt«, erzähle ich ihr grinsend. »Er ist gut aussehend, kümmert sich gut um seinen Neffen und hat mich nach meinem Unfall ins Krankenhaus gebracht.«

»Uiiii. Du hast doch seine Nummer, oder?«, fragt sie mich neugierig.

»Ja, aber wir kamen noch nicht wirklich zu einem Gespräch«, erzähle ich ihr vorsichtig, um ihre Freude nicht sofort wieder zu zertreten. »Ich habe aber vor, mit ihm etwas zu unternehmen, sobald Ives nicht mehr an meinem Arsch klebt.«

»Oh ja, ein Megaproblem. Manchmal glaube ich schon, er ist dein kleiner Bruder und nicht meiner«, lacht sie amüsiert. »Keine Sorge, Jonas. Ich lenke ihn ab und du schleichst dich raus. Sobald du weit genug weg bist, gebe ich ihm Bescheid, dass du in guten Händen bist.«

Weil ihn das aufhalten würde. Ives ist ein Meister im Finden. Vielleicht hat er aus Nessa's fiesen Verstecken gelernt. Er hat sie einmal einen ganzen Nachmittag lang gesucht, nur um draufzukommem, dass sie die ganze Zeit in ihrem Bett lag und mit mir Video gechattet hat. Er hat stundenlang nach ihr im ganzen Garten gesucht, bis er überhaupt das Haus abgesucht hat. Nach fünf Stunden hat er sie zwischen ihren und seinen Kuscheltieren gefunden. Ich werde niemals sein verweintes Gesicht vergessen.

Ein in Karamell getauchter BackenzahnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt