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Ives

Stolz baue ich den Kratzbaum auf, während mich die Katzen dabei neugierig beobachten, jedoch kein einziges Mal von Jonas' Seite weichen. Sie haben sich gegen mich verbündet. Überraschen tut es mich nicht wirklich, aber etwas enttäuscht bin ich dennoch.

Jonas hat mit mir kein weiteres Wort mehr gewechselt seit sich unsere Wege für kurze Zeit im Geschäft getrennt haben. Ich habe es darauf geschoben, dass er müde ist, aber er schläft nicht. Gelangweilt starrt er auf seinen Handybildschirm und probiert aus, wie er den Touchscreen bedienen kann, ohne dabei seine Finger verrenken und sich Schmerzen zufügen muss. Er probiert jeden unverletzen Finger durch und bleibt dann dabei den Zeigefinger zu verwenden. Wie eine alte Dame, die zum ersten Mal ein Smartphone besitzt, drückt er darauf herum und mustert den Bildschirm irritiert.

Ich weiß selbst nicht genau, wieso er so ist. Er war den ganzen Tag schon merkwürdig drauf, aber jetzt ist er nicht einmal mehr wirklich anwesend.

»Sieht doch schon gut aus, nicht wahr?«, versuche ich ihn zu einer Unterhaltung zu überreden.

Er sieht auf, mustert den fast fertig aufgebauten Kratzbaum und nickt zustimmend. Ich sehe ihn abwartend an und endlich beginnt er zu sprechen.

»Er ist sehr imposant. Glaubst du nicht auch, ein kleinerer Kratzbaum hätte es auch getan?«, fragt er mich seufzend. »Sieht echt so aus, als hätte dich der Kleine abgezockt. Wahrscheinlich arbeitet jemand aus seiner Familie dort.«

Belustigt drehe ich eine Kratzrolle auf eine Schraube und teste, ob sie gut hält, bevor ich das bequeme Katzenkissen darauf montiere.

»Dann hoffen wir mal, dass es nicht so ist, denn wenn es stimmt und er mich abgezockt hat, könnte es schwierig werden, ihn wieder aufzuspüren«, erkläre ich ihm scherzhaft und atme erleichtert auf, als es damit getan ist.
»Und? Was sagst du? Habe ich mir nicht eine Belohnung verdient?«

Ich erhebe mich und klopfe mir stolz mit den Händen auf die Schultern, bevor ich zum Kühlschrank gehe und eine von Ronny's Weinflaschen stehle.

»Schenk mir bitte auch ein Glas ein!«, bittet er mich und streckt seine Beine auf dem Wohnzimmertisch aus.

Zögerlich ziehe ich zwei Gläser aus dem Schrank, doch stelle beide sofort wieder zurück und drehe mich zu ihm um. »Du nimmst immer noch Schmerzmittel. Schmerzmittel und Alkohol sind keine gute Mischung, Doktor Haas.«

»Klappe und her mit dem Wein!«, sagt er streng und streckt die Hand nach der Flasche in meiner Hand aus.

Ich schütte den Wein in zwei Plastikbecher und reiche ihm eines davon. Neugierig betrachte ich ihn dabei, wie er sich halb verrenkt, um sich die hellgelbe Flüssigkeit den Rachen hinunterzukippen.

»Toll, wenn du nachher kotzt, kann ich den Ärzten im Krankenhaus erzählen, dass es meine Schuld war und ich-«

»Klappe, habe ich gesagt«, sagt er grinsend. »Weißt du dass die Phrase Klappe halten aus der Kirche kommt?«

Verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel schüttle ich den Kopf. »Ne, warum sollte es aus der Kirche kommen?«

Er lacht und trinkt noch etwas. »Die haben so Klappstühle und wenn jemand bei der Predigt zu schnell aufspringt, knallen die gegen die Wand. Dann unterbricht dieses laute Geräusch die Gottesrede. Deswegen haben sie immer mit Klappe halten getadelt und irgendwie hat sich das unter unseren täglichen Sprachgebrauch gemischt.«

Ein in Karamell getauchter BackenzahnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt