XXII. Toraus

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Auf Nachrichten von Gigi zu warten, entwickelt sich schnell zu einer nervenzehrenden Geduldsprobe. Drei Tage nach unserem letzten Telefonat habe ich immer noch nichts von ihm gehört und ich merke, dass ich beinahe an nichts anderes mehr denken kann. Alle paar Minuten schaue ich auf mein Handy, nur um es gleich darauf enttäuscht wieder beiseite zu legen.

Mit diesem Verhalten sorge ich für Kopfschütteln bei meiner Großmutter, die selbst kein Mobiltelefon besitzt und eine grundsätzliche Abneigung gegen diese Geräte hegt. Ihrer Meinung nach sind sie gefährlich, weil sie die Menschen süchtig machen und zur allgemeinen Verdummung beitragen. Ich gebe es zwar nur ungerne zu, aber ich denke, dass sie damit gar nicht mal so falsch liegt. Zumindest in ihrem ersten Punkt scheint sie Recht zu haben – das beste Beispiel dafür bin ich selbst.

Neuerdings führe ich mich wirklich auf wie ein Süchtiger, trage mein Handy ständig mit mir herum und kann mich kaum noch auf andere Dinge konzentrieren. Umso dankbarer bin ich, als sich überraschend meine Mutter bei mir meldet und mich zum Mittagessen einlädt. In der Hoffnung, dadurch auf andere Gedanken zu kommen, nehme ich das Angebot an. Wenn's um Essen geht, kann ich ohnehin nicht Nein sagen.

Mein Elternhaus befindet sich am Stadtrand von Bergen, in einer idyllischen Wohngegend. Es ist etwas ruhiger dort, aber genau das kommt mir gerade sehr gelegen. Auf dem Weg zu meinem alten Zuhause muss ich einmal quer durch die Stadt fahren, wobei ich es mir nicht verkneifen kann, aufmerksam nach Olaf Ausschau zu halten. Falls ich ihn irgendwo entdecke, könnte ich ihm vielleicht doch noch aufs Maul hauen.

Leider wird mein stummer Wunsch nicht erhört. Obwohl extra langsam fahre und mit den Augen gründlich die Straßen absuche, sehe ich nirgends auch nur eine Spur von ihm. Das bedeutet, dass ich mein Vorhaben gezwungenermaßen aufgeben muss.

Schade, doch tief in meinem Inneren weiß ich, dass es besser so ist. Auch wenn Ingrid schwer enttäuscht von ihrem Ex-Freund ist, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie begeistert wäre, sollte ich ihm tatsächlich eins auf die Zwölf geben.

Als ich mein Ziel schließlich erreiche, stelle ich genervt fest, dass der Land Rover meines Vaters wieder einmal vor der Garage parkt und damit die Einfahrt blockiert. Das tut er schon seit Jahren, damit allen Nachbarn ein großzügiger Blick auf sein ach so tolles Auto gewährt wird.

Ich ärgere mich darüber, weil ich erstens kein Verständnis für diese Angeberei habe und es zweitens bedeutet, dass ich Omas Karre rund fünfzig Meter entfernt am Straßenrand abstellen muss. Einen anderen freien Platz gibt es nämlich nicht.

Mit großen Schritten stapfe ich zur Haustür und klingle. Eigentlich besitze ich einen Schlüssel, allerdings nutzt er mir wenig, da ich ihn vergessen habe. Nach nur wenigen Sekunden wird mir geöffnet – von meinem Vater, der mich natürlich direkt anmeckert, weil ich es gewagt habe, die Klingel zu drücken und er deshalb den unglaublich langen Weg bis zur Tür auf sich nehmen musste.

„Schlüssel wurden nicht umsonst erfunden", lässt er mich unwirsch wissen und ich verkneife mir ein Grinsen. Diese Diskussion haben wir bestimmt schon tausendmal geführt, denn selbst wenn ich meinen Schlüssel nicht vergesse, bin ich meistens trotzdem zu faul, um ihn zu benutzen.

„Ist ja gut, Papa, reg dich ab", entgegne ich besänftigend und knipse ein gewinnendes Lächeln an. „Sag mir lieber, was es zu essen gibt."

„Für dich nur Wasser und Brot!", kontert er prompt, doch ich meine zu sehen, wie er mit einem Auge zwinkert. Man mag es nicht glauben, aber in diesem wandelnden Eisklotz namens Bjørn-Inge Castberg steckt tatsächlich ein winziges Fünkchen Humor.

„Red doch nicht immer so einen Blödsinn, Inge!", schaltet sich meine Mutter ein, die soeben aus der Küche gewuselt kommt und mich zur Begrüßung fest umarmt. „Heute gibt's vegane Blumenkohlburger!", verkündet sie freudestrahlend. „Gesund und lecker, extra für dich, Jonny!"

Vom Fußballer, der über seine Bälle stolperteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt