Vor mir steht eine junge, lächelnde Frau mit zusammengebundenen braunen Haaren. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt, auf dem "Notarzt" drauf gedruckt ist. Etwas unsicher sehe ich sie an.
"Du bist also Ellis Wilson?", fragt sie freundlich.
Mein Pessimistisch-Und-Ruhig-Aber-Humorvoll-Ich erwacht in mir.
"Jaah, hallo. Ellis Wilson, 15, Schiller-Gymnasium... Schülerpraktikum", stelle ich mich leise vor.
"Okay, super. Mein Name ist Dr. Paula Martinson - ich arbeite als Notärztin. Für diese Woche bin ich auch teilweise für dich zuständig; meine Kollegen wirst du gleich auch noch kennenlernen. Dann werden wir dich hier auf der Wache ein bisschen rumführen; wir erzählen dir was über unsere Berufe... Ach, du wirst schon sehen. Magst du dann mal gleich mitkommen? Dann siehst du schonmal unseren Gemeinschaftsraum, wo auch die anderen sind."
Abwartend sieht mich Dr. Martinson an.
"In Ordnung", sage ich nach kurzem durchatmen. "Dürfte ich dann vielleicht auch irgendwo meinen Rucksack abstellen?"
"Klar - dann komm mal mit."
Dr. Martinson läuft vom Eingangsbereich, in dem wir bis jetzt standen, einen hellen Gang weiter rein ins Gebäude."Hier ist der Gemeinschaftsraum - der Ort, an dem wir uns meistens aufhalten, wenn wir gerade keinen Einsatz haben", erklärt Paula, die mir gleich nach meinem ersten Sie ("Könnten Sie kurz einen Moment warten?" - ich musste mir meine Schnürsenkel neu binden) das Du angeboten hat.
Ich stehe hinter Paula in der Tür. Im Raumen erkenne ich vier Personen, die an einem Tisch sitzen und nun zu uns rüber gucken.
"Leute, darf ich vorstellen? Ellis, die Praktikantin." Paula blickt grinsend in die Runde. Die vier Leute stehen von ihren Stühlen auf.
"Ähm... Hi", presse ich raus.
"Hallo, Ellis", sagt da eine Frau mit glatten dunkelblonden Haaren. Ich würde sie auf Anfang 20 schätzen. "Ich bin Jaqueline, aber die meisten nennen mich einfach nur Jacky. Ich bin hier die jüngste Rettungssanitäterin." Sie lächelt.
Nach und nach stellt sich auch der Rest vor:
Phil, ein Notarzt Ende 20 mit dunkeln Locken; Franco, 43, Sani; und Florian, kurz 'Flo', 25, Sani, dunkles Haar und Brille.
"Ich glaub, ich sollte mich auch noch vorstellen", höre ich von hinten eine männliche Stimme. Neben Paula und mir steht nun ein Mann in Notarzt-Jacke. "Oliver Dreier. Notarzt, wie man wahrscheinlich erkennen kann. Und du bist?"
Der Mann sieht mich neugierig an.
"Ellis Wilson. Hi", sage ich also schnell.
"Sie macht diese Woche hier ihr Schülerpraktikum", fügt Paula hinzu.
"Ah, stimmt, da war ja was."
"Willst du dich nicht noch genauer vorstellen? Alter, Schule, Hobbies - sowas", schlägt der Sanitäter namens Franco vor.
Sofort werde ich von einer Welle aus Was-Wäre-Wenn-Gedanken und Panik überflutet.
Ich hasse Fremde, habe ich das schonmal erwähnt?
"Uhh... Ich bin 15, bin in der neunten Klasse des Schiller-Gymnasiums und, äh, mache gerne Musik... Und lese viel."
"Musik?", horcht Phil auf.
"Jaah... Ich spiele E-Bass und Klavier." Dass ich manchmal eigene Songs auf englisch schreibe, lasse ich weg.
"Warte, warte... Schiller-Gymnasium sagtest du?", hakt Franco vergewissernd nach. Ich bejahe leise.
"Meine Tochter ist da auch; ebenfalls in der Neunten", erzählt der Sani jetzt.
"Echt?" Überrascht blicke ich ihn an. So sehr ich es auch hasse, neue Leute kennenzulernen - das interessiert mich jetzt. "Wie heißt sie denn?"
"Allegra Fabiano. Klasse 9E."
Oh.
Oh.
Ohhhh...
"Sie... Ich hab mit ihr Sport. Sie ist... nett."
Scheiße.
Oh je.
Oh Gott.
Das kann nicht wahr sein.
Das darf es nicht.
Wieso...
FUCK.
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Und wenn es kein morgen gibt? - ASDS
Fanfiction~TW: Psychische Probleme, mit Fokus auf Angst- und Essstörungen~ Der fünfzehnjährigen Ellis steht ein Schülerpraktikum bevor - und das beim Roten Kreuz in Köln. Dort verhält sie sich vorerst zurückhaltend, sarkastisch und pessimistisch - wie immer...