Kapitel 21

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"...Kreislaufkollaps."
"Gibt es irgendeinen Grund?"
"Vielleicht die Aufregung?"
"Die vielen Menschen?"
"Sie hat heute morgen schon sehr bedrückt gewirkt."

Ich schlage die Augen auf.
Nach und nach erkenne ich die Leute, die sich über mich beugen.
Phil und Jacky, daneben Jess und eine Polizistin.
"Hey. Wie geht's dir?", fragt Phil mich sanft.
"Mir geht's g..."
Stopp.
Nein.
Mir geht es definitiv nicht gut.
Ich kann nicht weiter lügen und vormachen, ich sei okay.
"Bitte, Ellis, vertrau uns. Du kannst es ruhig sagen, wenn's dir schlecht geht."
Ich atme tief durch und blinzle ein paar mal. Dann richte ich mich langsam auf.
"Ehrlich gesagt, ist mir immer noch ein bisschen schwummrig", gestehe ich leise und sehe weg. 
Noch mehr besorgte Blicke kann ich jetzt gerade nicht ertragen.
Dann jedoch fällt mir wieder etwas ein.
Noah.
Ich schaffe es, aufzublicken, und sehe dabei Phil an.
"Wie geht's meinem Bruder?"
"Deinem Bruder?", fragt Jacky überrascht, und ich erinnere mich daran, dass ich ja noch niemandem gesagt habe, dass der Junge ohne Puls und Atmung  mein zehnjähriger Bruder ist, der seit gestern als vermisst gilt.
"Ja, Noah, er ist es... Ich... hat... hat er... ist er..." Weiter komme ich nicht, denn ich merke, wie den Leuten vor mir jetzt scheinbar ein Licht aufgeht.
"Das ist dein BRUDER?", fragt Jess mich völlig entgeistert.
"Ich hab gefragt, wie es ihm geht!", entgegne ich etwas lauter. Zugegeben, ich klinge ziemlich verzweifelt.
Aber ich will einfach nur wissen, was mit Noah ist.
Andererseits... Wenn Phil, der Notarzt, der sich um meinen Bruder gekümmert hat, jetzt vor mir ist... Und sich zu mir hinkniet...
Scheiße.
Fuck.
Nein.
Bitte nicht.
Er darf nicht... 
NEIN.
Er muss überleben. 
Er ist mein gottverdammter Bruder.
Er ist zehn.
Mein Atem wird schneller.
Noah.
Nein.

"Wichtig ist erstmal, dass es dir gut geht", weicht Phil aus und sieht mich dabei an.
"Mein Bruder. Er ist mein verdammter Bruder. Ich will wissen, was mit ihm ist..." Meine Augen brennen, und als ich die erste Träne über meine Wange rollen spüre, wische ich sie schnell weg. 
"Ellis..." Jacky legt eine Hand auf meine Schulter, doch ich schüttle sie ab und stehe auf. Kurz taumle ich ein wenig, doch dann bekomme ich mich wieder in den Griff und will losrennen. Zu Noah. Was auch immer mit ihm sein mag. Ich muss ihn sehen. Ich muss.

"Warte, Ellis, du kannst jetzt nicht-", fängt auch noch Jess an und greift nach meinem Arm.
"Lass mich los!", brülle ich ihn an, und kann dabei meine Tränen nicht mehr weiter zurückhalten.
Ich spüre weitere Hände an meinem Körper, die versuchen, mich aufzuhalten. Ich will um mich schlagen. Ich will zu meinem Bruder. 
"Hört auf, lasst mich einfach los, bitte!" 
Niemand hört auf mich.
"Ellis, sei vernünftig", versucht es Jacky. 
"So kannst du deinem Bruder doch auch nicht helfen!", meint Jess und sieht mir fest in die Augen.
Ich erstarre.
Und beiße mir auf die Lippen.
Zähle bis drei.
"Ich. Will. Ihn. Doch. Einfach. Nur. SEHEN!!", schreie ich, und dann fühle ich, wie ich tatsächlich zusammenbreche und weine.

Noah.
Wenn doch jemand einfach sagen würde, was mit ihm ist...

"Ellis. Komm. Sieh mich an", sagt Phil nun leise. Ich versuche, meinen Atem unter Kontrolle zu kriegen und blicke ihn schließlich an.
"Es tut mir leid."




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Mir tut's auch leid Leuteee :)
Naah ok jokes aside
Danke fürs Lesen <3

Und wenn es kein morgen gibt? - ASDSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt