Elf

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Heute war ein guter Tag. So empfandst du es zumindest.

Du konntest die Vögel zwitschern hören und das Wetter war angenehm warm. Den Unterricht, den du für die Oberschüler vorbereitet hattest, lief auch einwandfrei. Zudem musstest du noch die Vertretung, eines dritten Jahrgangs übernehmen. Diese waren viel mehr an deiner Person interessiert, als am Unterricht. Doch daran musstest du dich gewöhnen. Bei dem älteren Kollegium, war es nicht ungewöhnlich, dass dich gerade die männlichen Schüler zu bewundern schienen.

Somit stolziertest du aus dem Schulgebäude. Deine Tasche hieltst du über deine Schulter und sahst zufrieden in den Himmel. Endlich hattest du einen Job und es lief wirklich gut. Langsam solltest du dich auf die Wohnungssuche machen. Du wolltest deinen Großeltern nicht weiterhin zur Last fallen.

„Schon zu Mittag gegessen?", hörtest du eine dir allzu bekannte Stimme.

Verwundert sahst du zu dem blonden Miya, der sich lässig an sein Auto lehnte. Du hörtest schon einige Schüler um euch herumtuscheln. Glücklicherweise standet ihr am Lehrereingang, somit waren es nicht allzu viele. Doch es reichte aus, um dir die Situation unangenehm zu machen.

„Was machst du hier Atsumu?", fragtest du etwas schroff. Dies war keinesfalls so gewollt. Eigentlich freutest du dich sogar, ihn zu sehen. Aber ihn in deiner Mittagspause zu sehen, war neu.

„Wow. Ziemlich zickig heute.. obwohl ich so toll bin und dir sogar Mittagessen mitgebracht habe", beschwerte er sich und hob eine Tüte in die Höhe, auf der das Logo seines Bruders abgebildet war. Sofort funkelten deine Augen vor Begeisterung.

„Du bist wirklich toll, Atsumuuuuu", schwärmtest du und beäugtest dabei das Essen in seiner Hand. Dass sein Herz, bei deinen Worten kurz aussetzte, ignorierte er gekonnt. Inständig hoffte er, dass du seinen Rotschimmer nicht erkennen konntest, doch dafür warst du viel zu sehr auf die Tüte in seiner Hand fixiert.

„Kommst du endlich?", du saßt bereits im Auto und strecktest den Kopf aus dem Fenster, denn Atsumu stand immer noch wie angewurzelt da.

Du hattest dich schon dran gewöhnt in seinem Auto zu sitzen und auch bei ihm daheim zu sein. Die letzten Wochen hattet ihr euch immer öfter getroffen. Oftmals hat er dich nach dem Unterricht abgeholt und anschließend wart ihr bei ihm. Seit dem letzten Mal, ließ er dich auch nicht mehr alleine nach Hause gehen. Er wollte sich sicher sein, dass du auch unversehrt daheim ankamst.

Lächerlich. Das wusste er. Doch es beruhigte ihn nun mal, wenn er es tat.

Leider war deine Pause nur begrenzt, somit gab sich dein Entführer mit einem Quickie zufrieden.

Praktisch war es, dass du ein Kleid trugst und dich somit kaum ausziehen musstest. Nachdem du deinen Slip wieder an Ort und Stelle geschoben hattest, sah er dich grinsend an.

„Was?", fragtest du und hobst eine Augenbraue an.

„Jetzt hast du dir dein Essen verdient, Prinzessin", gluckste er und streckte dir die Tüte hin.

Bei seinem Kosenamen für dich, fiel dir kurz die Kinnlade runter, doch du fingst dich schnell wieder und fokussiertest dich voll und ganz auf Osamu's Kunstwerk.

„Gooott.. Osamu wäre bestimmt ein fantastischer Ehemann", dabei packtest du das nächste Stück heraus. Atsumu's Blick verfinsterte sich bei deinen Worten.

„Du weißt schon, dass ich dir das Essen gebracht hab..", murmelte er genervt.

„Und er hat es gemacht", kichertest du. Dir war natürlich aufgefallen, dass Atsumu es nicht mochte, wenn man seinen Bruder mehr Lob zukommen ließ, als ihm.

„Was unterrichtest du eigentlich?", lenkte er ab. Er wollte definitiv keine Lobpreisungen über seinen Zwilling hören. Verwundert blinzeltest du. Mit so einer Frage hättest du nicht gerechnet.

„Englisch, Japanisch und Sport", teiltest du ihm mit. Dass du sportlich warst, ist ihm nicht entgangen, zumindest hatte dein Körper es ihm bestätigt. Dabei triebst du eigentlich keinen mehr, zumindest nicht regelmäßig. Ab und zu joggtest du durch das Viertel, das wars dann auch schon.

„Sport also", staunte Atsumu.

„Ich hab ein Nebenfach benötigt", zucktest du mit den Schultern. „Ich hatte meinen Bruder oft zu Schulzeiten anfeuern dürfen. Sein Team war wirklich gut", schwelgtest du in Erinnerungen. Damals warst du noch in der Mittelschule, diese war dicht an seiner Oberschule.

„Er war in einem Club?"

Du nicktest bestätigend.

„Basketball an der Kaijo-Oberschule", teiltest du ihm mit. Nachdenklich rieb er sich das Kinn.

„Ist diese Schule nicht in Kanagawa. Ich dachte du wärst aus Tokio?"

„Huh? Wie kommst du darauf?"

„Du warst doch mit Omi-kun auf derselben Schule", stellte er fest. Er erinnerte sich selbstverständlich an dein Wiedersehen mit dem Ass.

„Ach das. Also..", verlegen riebst du dir den Hinterkopf.

„Die Itachiyama setzte viel mehr auf Sprachen, weshalb ich den stündlichen Schulweg in Kauf nahm", lächeltest du leicht. Du wolltest schon immer etwas in diesem Bereich machen.

Verstehend summte dein Gegenüber.

„Hast du dann auch in Tokio studiert?", fragte er. Dabei wusste er dass dies nicht der Fall war. Denn deine Schwester hatte erwähnt, dass du weg warst. Er wollte wissen, wohin es dich verschlagen hatte und am liebsten auch wieso.

Du schütteltest den Kopf.

„Ich bekam ein Auslandsstipendium an einer bekannten Universität in Europa und die Umstände sprachen dafür, also bin ich gegangen", ein sanftes Lächeln schlich sich auf deine Lippen. Doch es wirkte traurig, zumindest empfand Atsumu es so, also hakte er nicht weiter nach.

„Beeindruckend und auch mutig von dir im Ausland zu studieren. Also meine Noten hätten wohl nicht ausgereicht", lachte er unbeholfen.

„Ja und. Du bist einer der bekanntesten Sportler in Japan. Wann wolltest du mir das eigentlich sagen, huh?", mit verschränkten Armen, mustertest du den Volleyballer.

„Du hast nie gefragt", verteidigte er sich grinsend. Außerdem kannten ihn die meisten Japaner. Vor allem die in seinem Alter. Doch dass du ihn nicht kanntest war nun einleuchtend. Seine Karriere begann mit deinem Verschwinden.

Er fragte sich, wieso dein Lächeln so einsam wirkte. Als würdest du deine Entscheidung von damals bereuen. Dein Anblick auf dem Friedhof kam ihm wieder vor Augen. Dein zerbrechliches, wimmerndes Ebenbild. Davon war an anderen Tagen kaum etwas zu sehen. Ab und zu blitze diese Seite hervor. Ganz kurz. So wie eben.

Safe Haven - Miya Atsumu x OC/ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt