Vierzehn

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Da saßt ihr nun. Alle an einem Tisch. Deine Großeltern, deine Geschwister.. Atsumu und du.

Du konntest gar nicht in Worte fassen, wie unangenehm dir diese Situation war. Die Blicke der Personen um euch herum, konnten verschiedener nicht sein. Einige neugierig, andere missbilligend. Du versuchtest vor allem den Blicken deines Bruders auszuweichen.

Glücklicherweise bettelte dich Takara regelrecht an, sie ins Bett zu begleiten. Auch wenn du Atsumu somit ins offene Messer laufen lässt, hattest du kein Erbarmen. Immerhin wollte er kommen.

Während du mit Takara in ihrem Bett lagst, verschwanden Atsumu und dein älterer Bruder auf der Terrasse. Normalerweise hatte der Setter keine Probleme, sich mit anderen zu unterhalten. Doch bei deiner Familie, vor allem bei deinem Bruder, wirkte er ein wenig nervös. Er erkannte ihn auch als den jungen Mann, der am Friedhof an deiner Seite stand.

Eine erdrückende Stille, ließ die Schweißperlen an der Schläfe des Jackal Spielers herunterlaufen. Dein Bruder brach diese Stille, doch ob das gut war, konnte Atsumu noch nicht feststellen.

„Ich weiß nicht was deine Absichten sind Miya", sprach er aus. Verwundert blickte Atsumu deinen Bruder an.

„Aber wenn du sie auf irgendeine Art und Weise, verletzten solltest.. Ihr das Herz brechen solltest.. Dann werde ich dein Leben zerstören!"

Sein Ziel war es Atsumu einzuschüchtern, doch das wirkte nicht. Atsumu sah deinen Bruder mit einem ernsten Gesichtsausdruck an. Und sprach seine nächsten Worte bedacht aus.

„Das hatte ich nicht vor", lächelnd sah er in den Himmel.

„Weiß sie es?", die männliche Version deiner Selbst, musste schmunzeln.

„Huh? Was meinst du?", deutlich irritiert und nichts ahnend, hob der Setter seine Augenbraue an.

„Von deinen Gefühlen", nun sah auch er in den Himmel.

Atsumu's Augen weiteten sich. War er denn so leicht durchschaubar? Als Antwort schüttelte er leicht den Kopf. Dein Bruder konnte das aus dem Augenwinkel sehen.

„Verstehe.."

Es war bereits eine Stunde vergangen, seitdem du bei deiner Schwester im Bett lagst. Vorsichtig kraultest du ihr den Rücken. Du hattest sie wirklich vermisst. Seltsam, dass man so etwas erst merkt, wenn man die Person wieder in unmittelbarer Nähe weiß.

In der Zwischenzeit, hatten es sich Atsumu und dein Bruder gemütlich gemacht.

Auf der Gartenlounge sitzend, wippte dein Bruder mit seinem Sakeglas herum.

„Weißt du Miya. Meine kleine Schwester wirkt nach außen immer unheimlich tough und stark. Als könnte ihr nichts und niemand etwas anhaben. Immer zu lächelt sie, um ihr Leid und ihre wahren Gefühle unter ihrer aufgesetzten Fassade zu verstecken. Und das nur.. um anderen keinen Kummer zu bereiten. Dabei ist sie innerlich so verletzlich, beinahe wie ein kleines Mädchen. Das liegt wohl daran, dass sie bereits innerlich gebrochen ist.."

Atsumu wusste das. Er kannte diese Seite von dir. Natürlich wusstest du das nicht und dein Bruder genauso wenig. Immerhin hatte er euch beobachtet. Doch er hörte nur gebannt zu.

„Sie war Otōsan's Liebling. Er hat sie regelrecht vergöttert. Sie waren ein Herz und eine Seele. Nach seinem plötzlichen Tod, zerbrach unser aller Welt. Doch ihre.. wohl am meisten. Sie hatte ihren Vater, ihren besten Freund, engsten Vertrauten, ihren sicheren Hafen.. alles mit einem Schlag verloren", bei den Worten deines Bruders, stellten sich Atsumu's Nackenhaare auf. Niemals hätte er sich vorstellen können, durch welches Leid du gegangen bist.

„Als sie sich entschied Japan zu verlassen, fingen viele an über sie zu urteilen und sie schlechtzumachen. Sie würde ihre Familie im Stich lassen, um sich selbst ein schönes Leben zu bescheren", automatisch ballte der Setter seine Hände zu Fäusten. Dieser Gedanke machte ihn wütend.

Dein Bruder schämte sich bei seinen eigenen Worten. Denn auch er gehörte zu dieser Sorte, die ein Urteil über dich gefällt hatte und dir Vorwürfe machten. Bis er letztendlich verstand weshalb du das alles getan hattest.

„Sie ist zwar tief im Inneren gebrochen.. doch wenn sie geblieben wäre, dann.. dann wäre sie innerlich tot", murmelte er, doch verständlich genug für Atsumu, sodass er hart schlucken musste. Wie gerne wäre er an deiner Seite gewesen, als all das passiert ist. Wie gerne, hätte er dir dein Leid genommen, auch wenn es nur ein bisschen gewesen wäre.

„Okâsan bat mich darum.. nichts von ihrer Krankheit durchsickernzulassen. Sie war die Einzige, die den Kummer und das Leid, welches Rin verbarg, erkannte. Und das von Anfang an. Ihre Handlungen, ihre Entscheidungen, all das tat sie aus Selbstschutz.. Doch als es Kâsan schlechter ging, musste ich es ihr sagen. Als sie in Japan ankam.. war es schon zu spät..", dein Bruder versuchte den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, vergeblich herunterzuschlucken. Währenddessen pochte Atsumu's Herz wie wild in seiner Brust. Mitgefühl, Trauer.. Wut, waren der Auslöser.

Die ganze Zeit war er still, traute sich kein Wort zu sagen. Doch seine Körpersprache verriet ihn.

„Sie zeigt es zwar nicht, doch Rin macht sich fürchterliche Vorwürfe. Kâsan zurückgelassen zu haben. Takara im Stich gelassen zu haben. Die Schuldgefühle fressen sie regelrecht auf. Wenn ich übers Wochenende hier bin.. kann ich sie im Schlaf weinen hören..", auch er wischte sich über die Augen. Er hatte ebenso Gewissensbisse, dass er seine kleine Schwester.. dass er nicht für dich da war, als du ihn wohl am meisten gebraucht hättest.

„Ich weiß wirklich nicht, wie ihr beiden zueinander steht.. aber achte bitte auf sie. Sie spielt gerne alles runt-"


„Huh, was ist denn so spannend?", fragtest du, als du die Terrassentüre aufgeschoben hattest.

Safe Haven - Miya Atsumu x OC/ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt