Zwei

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Die Sonnenstrahlen kitzelten deine Nase und unweigerlich wachtest du auf. Deine trägen Augenlider, konntest du nur mit großer Mühe öffnen. Doch als du es dann tatst, fiel dir die fremde Umgebung auf.

Seufzend massiertest du deinen Nasenrücken.

Doch dein Schamgefühl hielt nicht lange an. Selbst als du deine flüchtige Bekanntschaft von gestern Nacht, nackt neben dir liegen sahst. Er hatte seinen Arm feste um dich geschlungen. Du konntest nicht anders, als angewidert das Gesicht zu verziehen.

Hoffentlich keiner der anhänglichen Sorte.., kam dir der Gedanken.

Leicht genervt befreitest du dich aus seinem starken Griff und setztest dich zu erst einmal an die Bettkante, um deine Schläfen ebenfalls zu massieren. Du hattest definitiv viel zu viel getrunken.

Einzelne Bilder der letzten Nacht kamen dir in den Sinn und ein leichter Rotschimmer schlich sich auf deine Wangen.

„Willst du das wirklich?"

„Ja.. jetzt fick mich endlich!"

Beschämt fuhrst du dir übers Gesicht. Du konntest gar nicht in Worte fassen, wie peinlich dir dieses Szenario war. One-Night-Stands waren doch sonst nie dein Ding. Du solltest das mit dem Trinken definitiv einstellen.

Schnell standest du auf und musstest erst einmal nach deinen Klamotten suchen.
Beim Aufheben schütteltest du deinen Kopf, bereutest es aber ziemlich schnell wieder, nachdem sich alles drehte. Dabei fragtest du dich nur, wie deine Sachen durch die ganze Wohnung verstreut sein konnten.

Doch darüber müsstest du dir keine Gedanken mehr machen. Du wolltest dich anziehen und so schnell wie möglich verschwinden. Am besten bevor der nackte Adonis noch aufwachen würde.

„Du gehst schon?", murmelte er schlaftrunken und augenblicklich zucktest du zusammen.

War wohl nichts, mit dem heimlichen Verschwinden.

Du zogst noch deine Jeans über den Hintern und konntest förmlich seine Blicke auf dir spüren.

„Hm.. ich dachte wir könnten am Morgen noch eine zweite-"

Harsch unterbrachst du ihn und warfst ihm zusätzlich einen herablassenden Blick zu. Du wolltest definitiv nicht, dass er sich darunter etwas einbilden konnte. Das wolltest du von Anfang an klarstellen.

„Das alles", dabei zeigtest du von dir auf ihn. „Hatte keinerlei Bedeutung und ist auch nie passiert! Sobald ich diese Wohnung verlasse, hat es diese Nacht nie gegeben."
Er hob kritisch seine Augenbraue an. So etwas hatte er noch nie erlebt. Nicht, dass er sich beschweren würde. Immerhin würde dies einiges erleichtern. Doch normalerweise war er es, der die Frauen abwies und nicht umgekehrt.

„Normalerweise fragen die Frauen immer nach meiner Nummer", lachte er. Doch es klang zu verbittert. Es passte ihm definitiv nicht, dass du so reagiertest und dein gleichgültiges Schulterzucken, machte es auch nicht besser.

„Das kannst du dir sparen. Wenn ich dir meine Nummer geben würde, würdest du dich wohl nie bei mir melden und andersrum genauso. Aber... trotzdem danke", dein Blick wurde sanfter.

„Du hast mich wirklich auf andere Gedanken bringen können", dein Zwinkern schlug ihm die Hitze ins Gesicht. Er könnte sich dafür ohrfeigen. Doch ihm war deine bröckelnde Fassade ebenfalls aufgefallen, in jenem Moment.. in dem du dich umgedreht hattest, verlor dein Gesicht an Farbe.

Er sah dir noch hinterher, als du bereits aus der Türe gestiegen warst und fragte sich, was um alles in der Welt, eine Frau wie dich so dermaßen runterbringen konnte.

Derweil warst du auf dem Weg zu deinen Großeltern. Die beiden hattest du ebenfalls seit Jahren nicht gesehen und auch kaum gesprochen.

Ob sie dir Vorwürfe machen werden?

Laut seufztest du. Du musstest dringend den Anschluss in Japan finden. Immerhin war es nicht einfach, in ein anderes Land zu ziehen. Ohne Job und ohne Wohnung. Du nahmst dir vor, beides so schnell es ging aufzusuchen. Dann könntest du Takara auch zu dir nehmen. Das warst du deiner kleinen Schwester einfach schuldig. Zumindest fühlte es sich so an.

Ob sie sich freuen wird, dich wiederzusehen? Oder wird sie sauer sein? Wird auch sie dir Vorwürfe machen?

Bei jedem Schritt, den du in Richtung Anwesen deiner Großeltern machtest, schlug dein Herz wie wild in deiner Brust. Du hattest Angst. Angst vor Konfrontation. Vor Schuldzuweisungen. Doch diese Angst konntest du verstecken. Hinter deinem selbstbewussten Lächeln. Das hattest du über all die Jahre gelernt. Niemanden zu zeigen, wie schlecht es dir in Wirklichkeit ging. Wie es in Wahrheit, um deine Gefühle stand. All die Angst, die Zweifel und der Kummer. Alles versteckst du hinter deinem wunderschönen Lächeln. Und glaubtest sogar daran, dass niemand hinter diese Fassade sehen könnte. Denn noch weniger als diese negativen Emotionen, willst du dass sich jemand um dich sorgt. Denn das hattest du nicht verdient.

Safe Haven - Miya Atsumu x OC/ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt