Sick Lies

Kapitel 5

~I survived. Somehow I always do~

***

Mittlerweile bin ich wieder weiter vorne im Feld. Da wir nur noch zu zweit sind, muss ich mich beteiligen. In meinem Kopf rattert es. Ich probiere die ganze Zeit nach einer Lösung zu suchen. Nach einer Lösung zu überleben. Es klingt so unreal.
Aber die Situation sieht halt gerade etwas schlecht aus. Wir haben zwar eine Bombe, aber auch die anderen haben noch eine. Zwar kann ich den Timer der anderen nicht sehen, aber ich weiß, dass ich spätestens in zehn Sekunden meine Bombe loswerden muss.
Schluckend drehe ich das runde Objekt leicht in meiner Hand.
Ich habe mir die Technik von den anderen angeguckt. Sie alle haben probiert, sie einfach zu werfen. Aber dafür ist die definitiv zu schwer.
Sieben Sekunden noch. Ich nehme Schwung und rolle die Kugel. Ein bisschen erinnert es mich an Bowling spielen. Ich schaue der Kugel zu. Sie rollt ein Stück. Dann bleibt sie stehen. 
Gedanklich zähle ich runter. Warte darauf zu sehen, wen ich gleich auf meinem Gewissen habe. 
Aber es passiert nichts. Habe ich mich vielleicht verzählt? 
Auf einmal fängt die Bombe an zu flackern. Nach weiteren Sekunden ertönt der mir mittlerweile bekannte Knall. 
Und dann fallen auf der anderen Seite der Halle zwei Menschen um. Eine Frau und ein Mann. Verwirrt starre ich auf die Leichen. 
,,Was ist jetzt passiert?", murmele ich irritiert. Auch die anderen zwei noch lebenden Menschen scheinen nicht zu wissen, warum gerade zwei Menschen umgefallen sind.
Vielleicht habe ich so perfekt getroffen, dass der Abstand zwischen der Kugel und den beiden Menschen exakt gleich war. 
,,Oh mein Gott, jetzt habe ich sogar zwei Leute auf dem Gewissen", sage ich und lache verzweifelt auf.
Und jetzt haben wir trotzdem keine Bombe mehr. Einer aus unserem Team wird auf jeden Fall noch sterben. Ich muss nachdenken. Und das schnell.

,,Du musst jetzt aufpassen, dass du die Bombe nicht zu spät wirfst", sage ich und schaue zu der Frau, die auf der blauen Hälfte des Feldes steht. Diese schaut nun zu mir. 
,,Das tue ich schon nicht", gibt sie von sich. 
,,Ich sag ja nur. Dein Leben hängt davon ab", rede ich weiter. Der Blick der Frau wird für eine Millisekunde ängstlich, aber sie versteckt diese Emotion schnell wieder. 
,,Ich weiß schon, was ich tue."
,,Das haben die Leute vor dir auch gedacht. Nur ein kurzes Zögern und du bist Tod. Aber naja, mach wie du denkst", antworte ich. 
Ich schaue zu, wie ihre Maske immer mehr bröckelt. Wie sie immer unsicherer wird und langsam das Vertrauen in ihre Entscheidung verliert, die Bombe bis zum letzten Moment in ihrer Hand zu behalten.
Genau darauf habe ich gehofft. Jetzt muss sie nur noch unsicher genug sein, um sie zu früh auf die unsere Seite zu befördern. Dann haben wir die Möglichkeit, sie schnell genug zurückzuwerfen. Das ist die einzige Chance, dass wir beide überleben. 
,,Denkst du, die Bombe fliegt weit genug, wen du da stehst? Vielleicht explodiert sie ja noch auf deiner Seite", probiere ich sie weiter zu verunsichern. 

Ich weiß nicht, wie lange dieser Timer auf ihrer Bombe ist, aber wir stehen hier bestimmt schon gut zwei Minuten. Langsam werde auch ich nervös. Mein Blick fällt auf die zweite Bombe. Sie liegt genau vor der Frau. Das lässt mich daraus schließen, dass sie länger zum Explodieren braucht als die andere. 
Plötzlich wirft die Frau die Bombe. Nicht gerade sanft, eher als würde sie auf meine Worte gehört haben. Sie fliegt auf den Mann neben mir zu.
Anstatt vor ihm zu landen, fliegt sie in ihn rein. Er taumelt stöhnend nach hinten und landet somit auf dem Boden. Schluckend schaue ich schnell auf den Timer. 
Sieben Sekunden noch.
Aber ich brauche diesen Mann. Er muss mir erklären, wie ich hier wieder wegkomme. 
Schnell laufe ich los und hebe die Bombe auf. Ich darf mir jetzt keine Fehler erlauben. 
Mit so viel Schwung, wie ich auf die Schnelle nehmen kann, rolle ich die Kugel auf die andere Seite. Genau als die Bombe über die Linie rollt, ertönt der Knall. 

Ich atme die Luft aus, die ich, ohne es zu merken, angehalten habe. Es ist vorbei. Ich lebe noch. 
,,Ich lebe noch."

Ziel erreicht, Gratulation! 

Mit einem Klacken lockert sich endlich das Halsband wieder. Sofort greife ich danach und entferne es von meinem Hals. Achtlos lasse ich es auf den Boden fallen. Dieses Teil war echt nicht angenehm. 
,,Ich bin beeindruckt", höre ich eine Stimme hinter mir. Ich drehe mich um. Der Mann ist mittlerweile wieder aufgestanden und kommt auf mich zu.
,,Wie heißt du eigentlich?", frage ich nun.
,,Ich bin Takeru Danma. Aber da wo ich herkomme, nennt man mich auch den Hutmacher", stellt er sich vor.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. ,,Dort wo du herkommst?"
,,Der Beach. Aber wie wäre es, wen du dich selber davon überzeugt?", schlägt er vor. 
,,Was ist aus der Erklärung geworden?", frage ich. Ich muss dringend wissen, warum ich hier gelandet bin. Und wichtiger: wie ich hier wieder rauskomme. 

,,Alles zu seiner Zeit, Mädchen. Alles zu seiner Zeit."