Kapitel 48 - Merlins Prophezeiung

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Der nächste Morgen startete, wie der letzte Abend geendet hatte. Ruhig und entspannt – abgesehen natürlich von Hermines Wecker. Als die Eulenpost beim Frühstück eintraf, warf ich einen schnellen Blick zu Harry. Er starrte wieder konzentriert nach oben. Wenn er das noch mehrmals machte, würde ich ihn auf jeden Fall darauf ansprechen. Von wem erwartete er denn so dringend Post? Dann plötzlich landete eine kleine Eule vor mir und schuhute mich an. Ich konnte nicht anders als breit zu grinsen. „Hallo du. Hast du es gut zum Fuchsbau geschafft?“ Zustimmend klackerte die Eule mit dem Schnabel und schnappte sich eine Ecke von meinem Toast. Ich strich ihr kurz übers Gefieder und band dann den Brief von ihrem Fuß. „Vielen Dank“, bedankte ich mich. Die Eule schuhute noch einmal, dann flog sie davon. „Sag nicht, dass meine Mutter dir schon wieder schreibt?“, fragte Ron und blickte mit einem Gesichtsausdruck auf den Brief, den ich nicht so recht deuten konnte. „Doch. Und ich bin mir sicher, würdest du ihr einen Brief schicken, würde sie dir auch mit Freude antworten.“ Ron verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Ich steckte den Brief in meine Tasche und beschloss ihn in Geschichte der Zauberei zu lesen. Das erste Mal konnte ich es kaum erwarten, dass unser Professor seinen monotonen Vortrag begann.

Hallo Flora!
Es freut mich außerordentlich zu hören, dass es dir so gut in Hogwarts ergeht. Wir alle hatten ja Sorge, dass du dich nicht so recht einfinden würdest in dieser für dich so völlig fremden Welt.
Na, so schrecklich, wie Ron Professor Snape immer darstellt, ist er nun wirklich nicht. Und es freut Arthur und mich sehr, dass du deinen Mitschülern eine so große Hilfe bist. Percy sagt dazu nur, dass er es nicht anders erwartet hatte.
Dem Himmel sei Dank sind Hermine und du da! Ich bin mir sicher, mein kleiner Ron würde sonst keine Hausarbeit zustande bringen. Er braucht einfach ein bisschen mehr Disziplin. Wenn du schon dabei bist, könntest du auch gleich Fred und George etwas unter die Arme greifen.
Wie ist denn dein Flugunterricht gelaufen? Ich hoffe doch, du hast dich auf dem Besen halten können und Ginny hat dir gut geholfen. Auch wenn ich keine Zweifel habe, dass du das Fliegen genauso beherrschst wie das Zaubern. Arthur ist da anderer Meinung und beruft sich darauf, dass Merlin per Überlieferung nie auf einem Besen gesessen ist. Aber was wissen wir schon?  
Ich weiß leider nicht, wie wir dir mit deinem Aufmerksamkeitsproblem helfen können. Percy meint, du solltest dich nicht für deine Zauberkraft schämen und sie nicht verstecken. Arthur und ich sind da anderer Meinung. Aber wie du schon sagtest, Zaubersprüche kann man schlecht gezielt falsch machen. Du könntest natürlich die falsche Zauberstabbewegung machen, doch das könnte zu ungeahnten Unfällen führen. Verletz dich nicht! Rede am Besten einmal mit Professor McGonagall oder Dumbledore darüber, sie werden dir sicher bei der Sache helfen können.
Wir hatten noch ein paar dieser Briefmarken zu Hause und ich habe genau getan, was du gesagt hast. Den Brief für deinen Vater habe ich aufs Postamt gebracht. Ich hoffe nur, er wird auch ankommen. Nun ja, der Brief für Harry in den Sommerferien ist ja auch angekommen. Vorerst haben wir noch ein paar Briefmarken, du brauchst mir also kein Geld zu schicken.
Bill und Charlie haben nur eine kurze Nachricht geschrieben, dass sie wieder gut angekommen sind. Charlie ist durch die Drachen natürlich sehr eingespannt und ich glaube, Bill ist schon wieder auf einer neuen Mission. Ich bin mir sicher, die beiden werden dir bald schreiben. Wenn nicht, werde ich ihnen mal einen ordentlichen Brief zukommen lassen!
Ich hoffe du hattest ein ruhiges und erholsames Wochenende und kannst wieder gut in die neue Schulwoche starten. Grüß doch auch die anderen von mir.
Liebe Grüße
Molly Weasley

Schmunzelnd las ich mir den Brief ein weiteres Mal durch. Vielleicht sollte ich wirklich einmal mit McGonagall oder Dumbledore über mein Problem reden. Na ja, so wirklich ein Problem war es dann auch wieder nicht. Ein Problem würde es erst werden, wenn die ersten Schüler mich auf meine außergewöhnliche Zauberkraft ansprechen würden. Dennoch sollte ich mich in den nächsten Wochen wohl erst einmal etwas zurückhalten. Irgendwie würde ich das schon hinbekommen. Ich steckte den Brief in meine Schultasche und blickte mich dann im Klassenzimmer um. Die meisten meiner Mitschüler beschränkten sich an diesem Dienstagmorgen aufs Schlafen. Kurz war ich dazu geneigt es ihnen gleichzutun, erinnerte mich dann aber wieder an den kleinen Zwischenfall letzte Woche. Ja, es war zwar nichts passiert, aber Hermine hatte schon recht gehabt. Es hätte etwas passieren können. Kurz überlegte ich, was ich sonst noch tun konnte und versuchte dann tatsächlich die nächste halbe Stunde im Unterricht aufzupassen und mir Notizen zu schreiben. Das lief zwar mehr schlecht als recht und ab und an erwischte ich mich dabei, wie ich kleine Figuren auf mein Pergament kritzelte, aber immerhin hatte ich so eine Beschäftigung bis zum Stundenende. Kurz vor dem Klingeln verkündete unser Professor dann, wir sollten einen Aufsatz über die Koboldaufstände im 18. Jahrhundert verfassen. Ach, darum war es die ganze Zeit gegangen. Das Klingeln weckte die anderen um mich herum und Ron fuhr so heftig von seinem Platz auf, dass er beinahe nach hinten gekippt wäre. Grinsend verstaute ich meine Mitschrift in meiner Schultasche und stand auf.

Merlins Erbin - Willkommen in der Welt der Hexen und Zauberer Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt