Ich hatte beschlossen, meine gezählten Tage auf diesem Zimmer zu verbringen, allerdings hinderte mich ein durchaus menschliches Bedürfnis daran: Ich hatte durst. Mein Hungergefühl war nicht mehr vorhanden, zumindest spürte ich nichts mehr davon, obwohl ich eine gefühlte Ewigkeit nichts mehr gegessen hatte. Einzig und allein das Bedürfnis nach Wasser würde mich früher oder später aus meinem Zimmer locken.
Mittlerweile schien die Sonne durch die Klappläden des Hauses und warf schmale Sonnenstrahlen auf den Boden. Es sah schon fast gemütlich aus, wenn man den Fakt ignorierte, dass dieses Haus einem Kriminellen gehörte. Eine Uhr, die neben einer zweiten Tür in diesem Raum hing, verriet mir, dass es kurz vor acht war. Ich schätzte, dass die drei Stunden, in denen ich mich nicht blicken lassen sollte, schon längst vorbei waren, weswegen ich die Bettdecke zur Seite schob und aufstand. Schmerz durchströmte meinen Körper, als ich mich aufrichtete. Mein Rücken schien ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Generell schien mein kompletter Körper erschöpft und vollkommen kaputt zu sein. Die letzten Stunden musste ich wirklich viel durchmachen: Panikattacken, Bedrohungen, Verletzungen. Das alles schien nicht spurlos an mir vorbei zugehen und machte sich nun in Schmerzen bemerkbar. Langsam wunderte ich mich wirklich, warum sie mich nicht umgebracht hatten... Das, was ich jetzt durchmachen musste, erschien mir qualvoller, als erschossen zu werden.
Langsam ging ich zu der Tür, in der noch vor einigen Stunden mein Entführer gestanden hatte. Ich schätzte, dass ich dort in eine Art Küche gelangen könnte, irgendwohin, wo ich mir was zu trinken besorgen konnte. Mit einem leisen Quietschen öffnete sich die Tür, nachdem ich mich dagegen gestemmt hatte. Meine Schuhe ließen auch dem Boden komische Geräusche entweichen, was mich allerdings nicht daran hinderte, zu der Holztreppe zu gehen. Urplötzlich blieb ich stehen. Ich hörte verschiedene Männerstimmen. Bei genauerem Hinhören erkannte ich zwei sogar: es waren zwei der drei Schattenmännern aus dem Kino. Nur die Stimme meines Entführers konnte ich nicht erkennen. Angst überkam mich. Die drei Stunden waren noch nicht vorbei, ich hätte das Zimmer gar nicht verlassen dürfen.
Hastig drehte ich mich von der Treppe weg, wollte wieder in mein Zimmer rennen, aber als sich plötzlich eine Hand um mein Handgelenk schlang, zuckte ich zusammen. Warmer Atem brallte gegen meinen Nacken, was mich nur noch mehr einschüchterte. Er stand nur wenige Zentimeter hinter mir.
"Ich sagte, du sollst dein Zimmer nicht verlassen.", flüsterte er und wirbelte mich so herum, dass er mir in die Augen gucken konnte, allerdings war mein Blick nur auf meine Schuhe gerichtet. "Schau mich an." Ich schluckte, beschloss aber, keine Probleme zu machen unf schaut dem jungen, blonden Mann in seine Augen. Diese schienen von einem Schatten bedeckt zu sein, was es mir unmöglich machte, die Farbe seiner Augen ausfindig zu machen. Meine Zähne verfingen mich mit meiner Unterlippe, genau wissend, dass ich was falsch gemacht hatte. "Was willst du hier draußen?"
"I-ich." Ich schluckte, versuchte die Unsicherheit zu verstecken, die langsam aber sicher aufkam, je länger ich in seine Augen schaute. Er schüchterte mich ein, machte mir Angst. "Ich hatte Durst und dachte, dass die drei Stunden schon vorbei sind und-"
"Halt die Klappe und verschwinde wieder auf dein Zimmer.", brummte er und ließ mein Handgelenk los. Mir wurde klar, dass mich die anderen Leute nicht sehen durften, weshalb auch immer. Wollte er mich vor irgendwelchen Gefahren schützen?
Ohne auf meine trockene Kehle weiter einzugehen, drehte ich mich um und verschwand wieder in dem großen Raum. Ich spürte den Blick meines Entführers auf mir, als ich so leise wie möglich die Tür hinter mir schloss. Mein Bedürfnis nach etwas Flüssigem wurde zwar nicht gestillt, allerdings war die Angst vor möglichen Folgen, wenn ich mich irgendjemandem widersetzte, zu groß.
Lieber würde ich noch einige Stunden warten, als nachher noch mehr gequält zu werden. Wer weiß, zu was diese Männer alles fähig waren...
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Hard Times
RandomWas wäre passiert, wenn Lena an jenem Abend nicht im Kino gewesen wäre? Was wäre, wenn sie diesen Plan, der einigen Leuten innerhalb von nur wenigen Momenten das Leben nehmen könnte, nicht entdeckt hätte? Was wäre, wenn sie diesen schwarzen Männern...