Kapitel 37

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Lena's Sicht:

Eine Weile kämpfte ich damit, auf dieses Gebäude zu zugehen. Wie würden die Polizisten wohl reagieren, wenn sie mich sahen? Würden sie mich ausfragen? Oder wussten sie vielleicht gar nichts von dem Verschwinden meinerseits? Tränen kämpften sich ihren Weg aus meinen Augen meine Wangen hinunter, als ich die Straße überquert hatte. Es brannte kaum noch Licht. Bevor ich mich gegen die Glastür stemmte drehte ich mich zu dem weißen Wagen auf dem Parkplatz. Marco's blonden Haare konnte ich selbst noch von hier erkennen. Der Gedanke daran, dass ich ihn nie wieder sehen würde, ließ mich fast zusammenbrechen. Egal wie schwachsinnig das auch klang, ich war in ihn verliebt. In jedes einzelne kleine Detail, dass ihn ausmachte.

Mit schwerem Herz wendete ich meinen Blick von dem Parkplatz und stemmte mich gegen die Glastür. Ich musste nur einige Schritte gehen, bis ich von zwei Männern in Uniform begrüßt wurde. Die Tränen liefen mir mittlerweile in Strömen meine Wangen hinunter. ''H-helfen Sie mir.'', stotterte ich, als sich alles anfing zu drehen. Ich wusste nicht wieso, aber mir war plötzlich so schlecht, dass meine Beine unter mir nachgaben und ich Tränenüberströmt zusammenklappte. Zwei Arme versuchten mich abzufangen, bevor sich alles um mich herum in ein dunkles Schwarz hüllte.

***

Müde starrte ich auf das schwarze Telefon, dass sich auf dem Schreibtisch vor mir befand. ''Sie weist keinerlei Verletzungen auf, die darauf deuten lassen, dass sie Opfer von sexuellen Übergriffen geworden ist.'' Ich strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. ''Aber sie hat wohl sehr viel an Gewicht verloren.'' Ich lauschte dem Schwachsinn, den die Beamte unter sich austauschten, als wäre ich nicht anwesend. Gewichtsverlust... Ich hatte noch nie sonderlich viel auf den Rippen und ich hatte bei Marco und Erik wirklich mehr als genug zu Essen bekommen. Die Wärme die am heutigen Herbsttag von der Sonne ausging, erhitzte mein komplettes Gesicht, als die Sonnenstrahlen durch das Fenster leuchteten. ''Lena, kannst du uns sagen, wo sich dein Entführer aufhält?'' Ich hob meinen Blick und schüttelte meinen Kopf. Dabei log ich nicht Mal. Marco könnte überall sein. ''Und wo warst du, als du in seinen Händen warst?''

''Keine Ahnung... Ich denke aber, dass es nicht wirklich im Umkreis von Dortmund war. Die Häuser, die ich sehen konnte, glichen einem kleinen, verlassenem Dorf.'' Dieses Mal log ich bewusst. Ich war mir sicher, dass sie jeden Wald durchkämmen würden, wenn ich ihnen sagen würde, dass ich mich in einer kleinen Hütte aufgehalten hatte. Und ich hatte Angst, dass sich dort zu viele Beweismittel befanden. Beweismittel, die gegen mich verwendet werden konnte, oder aber vor Allem gegen Marco.

''Und wie hast du es geschafft von dort wieder zurück nach Dortmund zu gelangen?''

Ich zuckte mit den Schultern. ''Er hat meine Augen verbunden und mich in ein Auto gestopft. Dann hat er mich auf irgendeinem Parkplatz freigelassen und mich umherirren lassen. Ich hab nur durch Glück zur Polizei gefunden, denk ich.''

Die Beamtin nickte und lächelte mich darauf hin aufmunternd an. ''Du bist jetzt jedenfalls sicher. Wir haben deinen Eltern bescheid gegeben, sie werden dich sofort abholen. Ich denke du willst auch jetzt erst ein Mal nach Hause, nachdem du die Nacht im Krankenhaus verbringen musstest.'' Ich antwortete ihr nicht wirklich, lächelte sie nur gequält an, bevor ich meine Aufmerksamkeit wieder dem schwarzen Telefon widmete. ''Das arme Ding, ist noch total verstört...'' Hörte ich eine männliche Person sagen, was mich innerlich nur meinen Kopf schütteln ließ. Wie leicht man Erwachsene blenden konnte. Das einzige, was mich beschäftigte, war, dass ich Marco nie wieder sehen würde. Er war wirklich der Erste, bei dem ich ohne zu überlegen sagen konnte, dass ich ihn liebte.

Und vielleicht war das sogar der Fehler.

Hard TimesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt