Der Wald Teil 9

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Ich. Muss. Dringend. Blinzeln.

Dieser Befehl lief aus Dauerschleife in Mabels Gehirn, und sie würde nichts lieber tun als zu gehorchen, doch ihre Augenlieder zuckten nicht Mal. Ihre Augen fühlten sich trocken, eklig und verkrustet an.

Ihre Beide wollten rennen, doch es schien als haben sie Wurzeln geschlagen.

Ihr Kopf wollte sich unter ihrem Flügel verstecken, aber ihr Blick war gezwungen auf den großen, gelben Mond.

Das war kein Mond.

Hallo Kugelblitz.

Das war ein Auge.

Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, dich gefangen nehmen lassen?

„Ich wollte nicht-„

Warum denkst du, dass du zurückkehren sollst?

„Das ist meine Pflicht-„

Deine Pflicht ist es, mir Verpflegung zu besorgen, damit ich weiter die Vulkaninsel beschützen kann. Deine Pflicht ist es mich, und damit deine Mitmonster zu priorisieren. Deine Pflicht ist es, von Menschen zu stehlen, nicht dich mit ihnen zu befreunden und Hilfe von ihnen anzunehmen.

„Ich musste so schnell wie möglich zurück zu euch-"

Und du konntest nicht Mal raus aus diesem Loch ohne seine Hilfe. Will ich wirklich so ein Monster unter meinen Untertanen?

„Das... Das ist mein Zuhause." Stammelte sie. „Hier sind meine Freunde."

„Freunde?"

Aus der Dunkelheit kamen zwei Gestalten, die Mabel gerade so aus dem Augenwinkel erkennen kann. Aber sie konnte sie deutlich hören. „Hast du nicht neue Freunde? Bessere Freunde? Wirst du Candy und Grenda vergessen?"

Nein, ich würde es niemals wagen! Ihr seid meine Schwestern!

Kein Wort kam aus ihr, nur ein heiseres Keuchen. Ihre Lungen schienen steif zu werden wie ein Stück Treibholz. Das einzige Geräusch neben ihrem stockenden Atem und den peitschenden Worten ihrer Freundinnen war ein wilder, immer schneller werdender Trommelschlag in ihren Ohren.

„Hast du vergessen, was sie mit uns anstellen? Sie jagen uns zum Sport. Sie schneiden die Häute von unseren Geschwistern von ihrem Leiben als Trophäen. Sie denken wir sind so klug wie Maden und behandeln uns als solche. Menschen denken das ihnen die ganze Welt gehört."

Mabel konnte sich immer noch nicht bewegen, doch die Welt um sie herum schon. Sie drehte Pirouetten, schlug Purzelbäume und wirbelte um das Auge des Monsterkönigs wie die Planeten um die Sonne.

Nach all dem, was ich für dich getan habe, ist das deine Dankbarkeit für meine Güte?

Dankbarkeit für meine Väterliche Liebe?

Für meine Sorge, für meinen Unterricht?

Dafür, dass ich deine Freunde denken lasse du seist tot, um nicht in Schande in Erinnerung zu bleiben?

Dankbarkeit dafür dass ich dich nicht gefressen habe?

Mabels letztes Abendmahl verlange Freiheit durch ihren Hals. Durch die Übelkeit, Schwindelanfälle Schuldgefühle Angst Panik Hoffnungslosigkeit und noch vieles mehr überraschte Mabel sich selbst mit dem Gedanken:

Das ist eine bescheuerte Güte.

Noch bevor sie sich wundern konnte woher solch ein Satz herkam, erschien eine weitere Überraschung und ihre Augenlieder begannen zu flattern.

„Mabel! wach auf! MABEL!"

Auf purem Instinkt sprang der Nachtschatten auf und brüllte. Es war ein fürchterliches, erderschütterndes Geräusch. Die Bäume krümmten sich von ihr weg und die Vögel flohen in den rosa Morgenhimmel.

Wie man (NICHT) einen Drachen tötetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt