5. Blitzeblank

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Das Training wird euch noch heute Nacht erinnern lassen, worum es hier geht!, hatte Kommandant Shadis gesagt, als wir nach unserem „Aufwärmtraining" mit dem Hauptgefreiten Levi noch zum richtigen Training antanzen mussten, was daraus bestand, seinen Körper an zwei Seilen zu balancieren. War wohl gut bezüglich der 3D Manöver Apparate. Dass unsere Körper aber schon völlig entkräftet und wir eigentlich nicht mehr in der Lage dazu waren, quittierte der Kommandant mit einem „selbst Schuld" und ließ keine Gnade walten.
»KÖRPERSPANNUNG, (N/N)!!!!«, fauchte er mich an, als sich beim Hochziehen meines Körpers mein Gleichgewicht direkt verabschiedete. Ich versuche es oft. Viel zu oft, aber die Entkräftung war bei jedem Versuch immer deutlicher zu spüren. Eine letzte Chance gab ich mir noch, dann musste ich leider abbrechen und mit den Konsequenzen von Kommandant Shadis leben.
Also erneut.
Ich wurde hochgezogen und versuchte meinen Körper anzuspannen. Es klappte schon viel besser als am Anfang und ich jubelte innerlich yippieh als es passierte. Als hätte jemand einen Schalter ungelegt, verließ meinen Körper die Kraft und ich fiel wie ein nasser Sack nach vorne, voll auf meinem Kopf.
Die ersten Sekunden sah ich schwarz ich nahm von meiner Umgebung nichts mehr wahr. Doch dann, irgendwann, legte sich eine Hand auf meine Schulter und die Worte N/N! Aufwachen! dröhnten an mein Ohr. Jean , dachte ich nur und wäre am Liebsten ewig in dieser Situation geblieben, als die Realität mich wieder zurückholte. Meine Augen schlugen auf und ich sah nicht Jean's Gesicht, welches ich mir so sehr gewünscht hätte, sondern das von Kommandant Shadis. Klar, dachte ich mir. Warum sollte Jean mich auch beim Nachnamen nennen?

»Aha. Sie kommt zu sich«, hörte ich den Kommandanten sagen und erhob sich, während ich noch in die besorgten Gesichter von Milly und Milow schaute.
»Dein Training ist für heute beendet. Geh das untersuchen lassen«, sagte der Kommandant und wandte sich dann ab. Toll. Ich hätte ihm zugetraut, dass er mich trotzdem weitergedrillt hätte, aber offensichtlich steckte in ihm doch ein Fünkchen Menschlichkeit.

»Bist du okay?«, fragte mich Milly, als ich mich versuchte aufzusetzen und sie mir dabei half.
»Poah, na wenn aus dir kein Einhorn wird, dann weiß ich auch nicht. Ich habe dir gesagt, es gibt sie«, spottete Milow und bekam einen Schlag und einen feurigen Blick von Milly.
»Das hat ganz schön böse ausgesehen«, sagte sie fest. »Du solltest wirklich in den Krankenflügel. Und ich werde dich begleiten.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Milow empört.
»Was soll mit dir sein?«
»Na, vielleicht will ich sie ja auch begleiten?«
»Kommt gar nicht in Frage. Du kannst weiter trainieren für deinen blöden Spruch.«
»Tzääääh. Weiber«, flötete Milow.
»Gute Besserung, Y/N«, sagte er dann und winkte zum Abschied.

In der Krankenstation wurde dann eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt und zusätzlich bekam ich das Krönchen, welches sich Beule nannte und sich perfekt in der Mitte meiner Stirn positioniert hatte.
»Viel kühlen und mindestens sechs Tage keine sportlichen Aktivitäten«, erklärte mir die Krankenschwester und Milly und ich schauten uns nur verdutzt an.
»Das geht nicht! Ich bin doch mitten in der Ausbildung!«
»Sechs Tage werden dich schon nicht so stark zurückwerfen. Ich werde mit Kommandant Shadis reden und dem Hauptgefreiten Bescheid sagen. Vielleicht hat er in der Zwischenzeit andere Aufgaben für dich.« Ich schluckte. Da fiel man mal wegen eines Unfalls aus und wurde direkt mit dem Teufel persönlich bestraft. Aber da der Hauptgefreite nun mal auch ein Auge auf uns hatte, musste ich da wohl durch.
Wir verließen daraufhin die Krankenstation und gingen in den Speisesaal. Dort setzten wir uns dann an unseren Tisch, während ich mit mit einem Kühlbeutel das Krönchen richtete und wurde von Milly essentechnisch bedient.
»Voll geil. Wir sind die ersten und es ist noch alles warm und frisch. Hau ordentlich rein!«, feierte sie und biss in ihre heiße Kartoffel. Doch mir war gar nicht so nach Essen. Ich hatte Kopfschmerzen bis zum Himmel und wollte nur schlafen.
»Übrigens hat dich Jean ziemlich bemitleidend angesehen, als du auf deine Vorderfront geknallt bist«, sagte Milly unvermittelt mit vollen Backen, was mich sofort aufhorchen ließ.
»E-Echt?«
»Japp«, nickte sie und spülte ihr Wasser hinunter.
»Ich glaube, er hat endlich Notiz von dir ergriffen und beobachtet dich seitdem.«
»Quatsch! Er beobachtet mich doch nicht«, sagte ich abwehrend.
»Ab und zu schon. Er hat doch auch mit dir vorm Training gesprochen, oder nicht? Was wollte er?« Ich erzählte Milly, dass Jean nur wissen wollte, warum ich die Aktion bei der Pyjamaparty gerissen hatte.
»Hm. Ich finde, seit du dich getraut hast ihn anzusprechen, kommt ihr ziemlich schnell in Kontakt. Wurde auch mal langsam Zeit. Ich meine, wie lange geierst du dem schon hinterher? Seit du in den Windeln steckst, meintest du?«, spottete sie grinsend, weswegen ich ihr eine Serviette entgegenwarf.
»Ey! Das stimmt doch überhaupt nicht!«
»Ja ja. Schon klar. Fakt ist, wenn du jetzt sechs Tage ausfällst, brauchst du jemanden der dich in alles einarbeitet, was du verpasst hast.«
»Ja. Ihr werdet mir da schon helfen«, sagte ich sicher, doch als sich auf Milly's Gesicht ein höhnisches Grinsen bildete und sie daraufhin loslachte, wusste ich nicht mehr, was ich denken sollte.
»Ich meine damit sicher nicht Milow und mich.« Ich schluckte. Natürlich meinte sie nicht Milow und sich, sondern...
»Auf keinen Fall!«, protestierte ich direkt.
»Warum denn nicht? Jean ist einer der besten Rekruten bei uns und er kann dir mit Sicherheit weiterhelfen.« Sie klang nun sehr beruhigend und nach dem Motto was hast du schon zu verlieren?
Allerdings bekam ich bei dem Gedanken, Jean würde mir Privatstunden geben, direkt Bauchschmerzen. Auf der einen Seite wollte ich es. Ich wollte Zeit mit ihm verbringen, ihn besser kennenlernen. Schauen, ob der Jean, in den ich mich damals schon verliebt hatte, immer noch der war, der er heute war. Vermutlich nicht, sagte meine innere Stimme. Er hat sich verändert.
Was ja auch völlig normal war, denn man wurde ja schließlich auch erwachsen.
»Ich finde es gut, dass du gerade überlegst«, grinste sie schelmisch und da kam auch schon Milow mit den anderen.
»Wer überlegt hier was?«, fragte er so beiläufig und setzte sich dann zu uns. Er sah ziemlich fertig aus. Seine blonden Deckhaare fielen ihm feucht in die Stirn und Milly rümpfte die Nase.
»Boah, du riechst wie ein Puma«, sagte sie angewidert.
»Du weißt doch gar nicht, wie ein Puma riecht.«
»Laut Geschichtsbüchern schon.«
»Halt die Klappe. Ich hatte eben noch keine Zeit zum Duschen.«
»Wenn das hier alle so machen würden, würde der ganze Speisesaal nach Scheiße riechen.« Die beiden kabbelten sich und ich musste grinsen.
»Rein optisch betrachtet würde man niemals sagen, dass ihr Zwillinge seid. Aber was euren Charakter angeht, seid ihr euch doch schon super ähnlich«, stellte ich fest. Milly bejahte meine Aussage sofort.
»Japp. Unsere Mum sagte immer, wir sind wie Engel und Teufel. Wobei ICH natürlich der Engel bin«, zuckte sie amüsiert mit ihren Augenbrauen.
»Quatsch! Engel haben keine dunklen Haare. Ich bin der Engel und DU der Teufel«, sagte Milow und biss in sein Brot.
»Sagt wer? Die Geschichtsbücher?«, zog sie ihn weiter damit auf. Ich fing an die beiden in den Hintergrund walten zu lassen, denn meine Augen hatten sich in Richtung Jean gerichtet, der mit Armin und den anderen am Tisch saß. Er quatschte gerade mit Connie dem Glatzkopf und drückte seinen Kopf weg, weswegen Connie ihn zurückschubste. Alles passierte mit Belustigung und sie schienen Spaß zu haben. Zumindest bis zu dem Moment, wo sein Blick in meine Richtung huschte. Und dort kleben blieb. Als ich das realisiert hatte schaute ich direkt weg und bestätigte ihm somit, ihn angestarrt zu haben. Mist!
Sofort lief ich rot an und versuchte mich mit dem Essen, welches sich unter meiner Nase befand, zu beschäftigen.

Jean X Reader- Always LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt