21. Der Mann, den ich nie wollte.

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Eines Abends saß ich erneut an meinem Schreibtisch und verfasste einen Brief. Es waren zwei, um genau zu sein. Der eine ging an Milly und Milow, die sich bisher einmal gemeldet hatten. Ich verlangte nicht, dass sie sich sofort meldeten, sondern dann, wenn die Zeit dafür da war. Den zweiten Brief jedoch verfasste ich an eine ganz besondere Person. An eine Person, dessen Gesicht mich noch heute in meinen Gedanken begleitete. Das Gesicht, welches mir Trost spendete, wenn Cedric mich herablassend behandelte.
Warum war ich eigentlich mit diesem Menschen zusammen? Ich lernte Cedric zufällig vor drei Jahren kennen. Kurz nachdem ich wieder zurück nach Hause gegangen war. Eines Tages war ich in der Stadt unterwegs, um Einkäufe zu besorgen. Dort traf ich auf, den damals noch sehr netten und charmanten, Cedric. Damals gab es keine Anspielung auf sein Dominanzgehabe. Damals war alles anders. Wir waren glücklich. Denn all die Zeit über hatte ich keinen einzigen Brief von Jean erhalten, weswegen ich davon ausging, dass die Sache zwischen uns wohl ebenfalls ein Ende gehabt hatte, als ich ging.
Eins kam zum nächsten und wie gesagt, am Anfang waren wir beide glücklich. Doch schon bald änderte sich das. Viel Arbeit, aber auch viel Anerkennung und Geld kam herein. Cedric's Firma wurde immer begehrter und das machte was mit ihm. Heute war er einfach nur noch ein arrogantes Arschloch, der nicht nach dem Motto Appetit hole ich mir draußen, doch gegessen wird Zuhause spielte. Er traf sich oft mit anderen Frauen, dass wusste ich. Aber nie kam das zur Sprache, weil ich gefangen war. Ich war nur noch seine Hausfrau, die für ihn kochte, den Haushalt schmiss und sich flachlegen lassen durfte, wenn er es so wollte.

Oft hatte ich mich gefragt, wie es soweit kommen konnte. Doch es war schneller passiert, als mir lieb war und hier wieder rauszukommen, war alles andere als einfach. Meine Eltern sahen ihn als den perfekten Schwiegersohn. Schauspielern und gut verkaufen konnte er sich, sonst hätten sie schon längst etwas gemerkt. Und wenn ich Anstalten gemacht hatte, irgendwem was zu erzählen, setzte er mich unter Druck.
Wie gesagt: Es war einfacher gesagt, als umgesetzt.
Trotz der Tatsache, dass Jean offensichtlich das Interesse an mir verloren hatte, schrieb ich ihm einen Brief. Ich erhoffte mir, dass er ankam. Dieser hier war nun der zweite Hilferuf. Denn alle anderen Briefe, wurden sofort von Cedric zerrissen. Der zweite Hilferuf...denn den ersten hatte ich vor einiger Zeit losgeschickt und bis heute keine Antwort erhalten.

Hey Jean,

ich hoffe euch geht es dort drüben gut.
Ihr macht einen super Job, auch wenn die Leute das hier anders sehen.
Ich bin gefangen in einem Käfig, im sinnbildlichem Sinne. Ich habe mich drüben viel freier gefühlt, auch wenn es anstrengend war.
Ich bereue es, nicht mehr bei euch zu sein. Ich wünschte, ich könnte zurück...

Bis bald, Y/N

Es waren wenige Worte, die nicht direkt erklärten, ob was bei mir los war, aber ich verschloss den Brief in einen Umschlag, klebte ihn zu und ging dann mit beiden Briefen raus, um sie zu einem Kurierboten zu bringen. Leise schlich ich mich aus dem Zimmer. Ich horchte, ob Cedric in der Nähe war. Normalerweise war er um die Uhrzeit arbeiten, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich trotzdem vorsichtig sein musste.
Die Luft war rein, nachdem ich nach links und rechts geschaut hatte. Ich stöhnte aus und bog um die Ecke, als ich gegen etwas lief und zurücktaumelte.
Als ich den Blick hob, blickte ich in das fragliche Gesicht meines Partners.

»Wohin des Weges?«, fragte er und beäugte neugierig die Briefe in meiner Hand, die ich sofort hinter meinem Rücken versteckte. Was ziemlich dämlich ist, weil er sie schon gesehen hat, dachte ich mir.
»Ich will nur die Briefe wegbringen, sonst nichts. Meine Eltern machen sich bestimmt Sorgen.« Cedric hob eine Augenbraue.
»Wir waren erst letzte Woche bei ihnen. So schnell sorgen sie sich sicher nicht.« Ich schluckte nervös, versuchte mir eine andere Ausrede einfallen zu lassen.
»Da kennst du sie schlecht«, warf ich zurück. Doch Cedric kam einen Schritt auf mich zu, griff nach meinem Handgelenk und zog es nach vorne, sodass die Briefe auf den Boden fielen. Dann bückte er sich und hob sie auf.
»So so. Deine Eltern wohnen neuerdings also im Hauptquartier.« Ich biss mir innerlich auf die Unterlippe und spürte wie mein Puls anfing zu rasen.
»Wem schreibst du dahin?«, fragte er weiter.
»Keinem. Nur...Freunden...«, antwortet ich ihm, was er mir natürlich nicht glaubte.
»Ah. Und was erzählst du ihnen so? Was für ein tolles Leben du hier so führst? Was für einen tollen Mann du hast, der dich gut leben lässt? Hm?« Ich sagte nichts, bis er dann die Briefe aufriss.
»Cedric, nein!«, fauchte ich und versuchte ihm die Briefe aus der Hand zu reißen, doch er drehte sich weg.
»Was denn?! Steht da etwa was anderes drin? Wollen wir doch mal sehen.« Fuck, dachte ich mir und kämpfte mit den Tränen. Das Zittern hatte schon längst begonnen und er räusperte sich, während er langsam durch den Raum lief und den Brief laut vorlas.

» Liebe Milly, lieber Milow. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an euch denke«, er lachte, »wie überaus niedlich.« Spottend grinste er und las weiter. » Ich wünschte so sehr mit euch zusammen den Kampf gegen die Titanen antreten zu können. Manchmal glaube ich, dass es ein riesengroßer Fehler war...bla bla bla bla.« Cedric zerknüddelte den Brief und schmiss ihn weg.
»Glaub mir, meine Liebe, du hättest da drüben ein beschissenes Leben gehabt.«
»Hätte ich nicht!«, sagte ich standfest, doch mit zitternder Stimme.
»Nicht? Und warum bist du dann hier?« Es kam keine Antwort von mir.
»Richtig. Weil du einfach physisch wie psychisch nicht dafür gemacht bist. Schauen wir doch mal in den zweiten Brief. Für wen war der denn bestimmt?« Ich schluckte erneut und antwortete nicht. Cedric bedachte mich mit einem fragenden Blick.
»Ah, für die Person also. Wer kennt sie nicht«, spottete er weiter und riss den Brief auf, den er diesmal still las. Sofort verfinsterte sich sein Blick.
»Tzäh. DAS ist also der Grund für deine protestierende Antwort gerade. Du hast da drüben einen Lover.« Er lachte hämisch auf und ich platzte fast vor Angst und Adrenalin.
»...auch wenn DIE LEUTE das hier anders sehen. Warum betonst du "die Leute" so sehr? Meinst du etwa auch mich damit?«
»N-Nein...ich-«, stammelte ich, doch er sprach einfach weiter, während er wieder auf mich zukam.
»Du schreibst Briefe an deinen Militärstecher? Willst du mich verarschen?« Nun stand er vor mir und schaute mich herablassend ab.
»Er...ist nicht mein Stecher«, kam es leise aus meinem Mund.
»WAS?!«, brüllte er mich an, so als hätte er mich nicht verstanden.
»Er ist nicht mein Stecher!«, versuchte ich stärker zu klingen. Und er fing an zu lachen.
»Wem willst du hier eigentlich was vormachen?«
»Du triffst dich selber mit anderen Frauen. Da darf ich ja wohl mal einem Freund schreiben.« Okay, das war nicht gut. Cedric wurde auf einmal ganz ruhig. Ohne zu blinzeln, fokussierte er weiter meinen Blick, zerknüllte dann auch den Brief, ließ ihn provokant zu Boden fallen und trat darauf. Ich kniff die Augen zusammen, senkte den Kopf, unterdrückte ein Schluchzen. Cedric hob meinen Kopf mit seinem festen Griff an mein Kinn wieder an.
»Der Unterschied zwischen dir und mir ist, dass ich es mir erlauben kann und du nicht.« Nun ging er einen Schritt zurück, drehte sich um und schaute noch mal zu mir.
»Wenn ich noch einmal mitkriege, dass du diesem Pisser schreibst, dann kannst du dich auf eine Abreibung gefasst machen. Und ich hoffe, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt.«


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Was ein Arsch 🤬

Mordsfreunde, ihr wisst, ich sende in meinen Geschichten immer Botschaften mit. Vielleicht verstehen das hier einige nicht, weil sie noch recht jung sind. Aber es gibt in JEDER Story eine Botschaft. Und in dieser hier ist es die Situation mit Y/N und Cedric.

Mordsfreunde, wenn ihr dort draußen in einer toxischen Beziehung seid, gefangen in einem Konflikt, wo ihr gerne rauswollt, es aber nicht könnt, aus Angst vor den Konsequenzen, scheut euch dennoch nicht und holt euch Hilfe. Setzt die Polizei in Kenntnis (auch, wenn die erst mal vielleicht nichts machen können). Erzählt es euren Vertrauten. Ich höre so oft, dass man in solch Situationen gefangen ist und den Schritt nicht wagen möchte, und sicherlich ist es einfacher gesagt als getan. Aber ihr wisst ja: Boooootschaft ☝🏻

By the Way: Cedric regt mich auf.

Bye bye ❤️

Jean X Reader- Always LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt