13. Der Retter in der Not

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Ich konnte nicht sagen, wie lange ich ohnmächtig gewesen war, ich stellte aber fest, dass ich es gewesen, denn plötzlich fand ich mich auf dem Boden liegend wieder und schlug die Augen auf. Ich hörte zwei Dinge. Erstens: Den Regen, der durch die Bäume prasselte. Und zweitens: Stille.
Was war geschehen? Lebte ich noch oder war ich bereits tot? Wo waren die anderen? Ich versuchte mich aufzusetzen und hustete.
»Y/N! Geht es dir gut?«, hörte ich jemanden sagen und traute meinen Augen kaum, als Jean neben mir auftauchte. Ich blinzelte ein paar Mal, um es besser realisieren zu können. Er war es. Er war es wirklich...
»Hallo? Rede doch!«, befahl er schon fast.
»I-Ich...«, krächzte ich und musste direkt noch mal loshusten. Ich spürte daraufhin eine Hand an meinem Rücken und die zweite an meiner Schulter.
»Hey, leg dich besser wieder hin. Vielleicht hast du dir was gebrochen.«
»Jean...hilf...mir hoch...«, bat ich ihn. Doch das klappte nicht so ganz. Er schaffte es aber  irgendwie meinen Oberkörper an einem Baumstamm zu lehnen und schon drehte die Welt sich nicht mehr so arg. Nein. Das Einzige was sich drehte waren die Gefühle in mir. Jean hockte sich neben mich im Schneidersitz und stützte sich mit den Händen hinter sich ab. Er ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und stöhnte aus. Ich konnte nicht anders, als ihm dabei zuzusehen, wie unglaublich sexy er mit diesen klatschnassen Haaren aussah. Und das in so einer Situation...

»Was ein Tag...«, raunte er und ließ den Regen in sein Gesicht prasseln. Es wirkte fast so, als würde er dabei meditieren. Als er aber plötzlich seine Augen aufmachte und sein Blick direkt zu mir fiel, fühlte ich mich ertappt und zuckte zusammen.
»Wie fühlst du dich?!«, fragte er mich ruhig und ich war von seiner Frage etwas überrumpelt. Mein Blick richtete sich nach unten und ich wurde leicht rot. Mal wieder.
»Äh, ich...weiß nicht so recht...und...und dir?«
»Ich weiß nicht so recht«, seufzte auch er aus und ließ seine Handgelenke jetzt über die Knie fallen.
»Ich realisiere gerade noch nicht so wirklich, was passiert ist. Was ist passiert?«, fragte ich ihn. Sofort wurde Jean's Ausdruck ernster. Eine Furche kehrte zwischen seinen Augenbrauen und sein Blick richtete sich gen Boden.
»Titanen sind passiert«, fing er an. »Da waren plötzlich ganz viele. Wie aus dem Nichts. Wir hatten gar keine Möglichkeit vernünftig zu reagieren.«
»Wer ist wir?«, fragte ich. »Du und dein Team oder auch die anderen?«
»Mein Team und ein paar der anderen. Irgendwann kamen wir alle zusammen und...dann geschah es. Ich habe keine Ahnung wo sie alle sind. Ich habe nur Schreie gehört und bin in die Richtung geflogen. Ich sah Luna, wie sie gegen einen Titanen kämpfte und da entdeckte ich auch dich, wie du von einem Titanen vom Pferd geholt wurdest. Ich...habe den Turbo angeschmissen und dem scheiß Titanen seine Hand abgesägt, habe mir dich dann geschnappt und bin abgehauen.«

Unglaublich, dachte ich mir. Jean kam extra zu mir und hat mich gerettet, anstatt Luna zu helfen...
»I-Ich danke dir...«, sagte ich leise und schaute ihn immer noch nicht an. Aber im Augenwinkel sah ich, wie er den Kopf hob und zu mir schaute.
»Wenn du nicht gewesen wärst, dann wäre ich vermutlich jetzt tot.« Jean erwiderte darauf nichts und diese unangenehme Stille saß schwer in der Luft.
»Und das, obwohl ich so doof zu dir war...« Kurz blickte ich nach oben, schaute direkt in seine Augen und sah, dass sein Ausdruck normal schien. Er war nicht sauer. Nicht mehr zumindest. Hoffte ich.
Ich versuchte mich ein bisschen mehr aufzusetzen und stieß dann einen kurzen Schrei aus. Verdammt, dass hatte im Rücken gezogen!
»Hey, beweg dich nicht so viel«, sagte Jean und kniete plötzlich vor mir. Ich war mit der Situation etwas überfordert, weil er mir so nah war. Ich konnte jeden Tropfen in seinem Haar sehen, welches ihm nass ins Gesicht hing. Ich konnte seinen Wärme spüren. Seine Lippen, wie sie sich bewegten, um etwas zu sagen.
»Gehts wieder?«
»Äh...ja!«, beeilte ich mich zu sagen. Dann ließ er sich mit dem Rücken ebenfalls gegen den Baumstamm fallen, der wirklich breit war. Dieser Baumriesenwald war wirklich eine Nummer für sich. Doch egal wie breit dieser Stamm war, Jean saß direkt neben mir, als wäre der Stamm normalgroß und als gäbe es keinen wirklichen Platz, um Abstand zu nehmen. Seine Wärme schoss durch meine Kleidung hindurch. Sein Duft erreichte meine Nase. Er hatte die Knie angewinkelt und legte seine Arme darauf ab.
»Darf ich dich mal was fragen?« Ja, alles, dachte ich mir und bekam direkt Schmetterlinge in der Magengegend. »Was hast du letztens gemeint, als du gesagt hast: Sie kennen dich alle nicht ?« Oh, Mist. Bitte, konnte ich dieser Situation irgendwie entfliehen? Nein, da musst du jetzt durch. Selbst schuld, bestrafte mich meine innere Stimme. Ich schluckte. Und mein Herz raste.
»Das war nicht nur so beiläufig gesagt. Es klang eher danach, als wüsstest du ein bisschen mehr als sie.« Ich spürte nun seinen Blick auf mir, wobei ich meinen abwandte und nervös rumdruckste.
»Äh, d-das...d-das äh...war nicht so gemeint...«, sagte ich, doch Jean glaubte mir anscheinend nicht.
»Nein«, sagte er und betonte es eher wie eine Frage, »dass sehe ich, denke ich, anders.« Dann kam mir seine rechte Hand bedrohlich nah. Mein Herz drohte aus meinem Brustkorb zu hüpfen, als er kurz verharrte.
»Darf ich?«, fragte er und ich nickte kurz, obwohl ich nicht mal wusste, was er wollte. Wenn er dir an die Wäsche wollen würde, hättest du somit zugestimmt, sagte meine innere Stimme. Klar, weil er in so einer Situation auch an nichts anderes denken kann, rebellierte ich dagegen. Und ich hatte recht. Jean näherte sich meinem Hals und dem...was darum lag. Mein Amulett.

Er holte es hervor und legte es mir auf mein Hemd, während er es noch mal berührte. Dann glitten seine Augen wieder zu mir. Ein ahnender und gleichzeitig verdutzter Blick haftete auf mir und ließ mich verrückt werden.
»Ich glaube, du kennst mich schon ziemlich lange«, hauchte er schon fast. »Und ich glaube...ich kenne dich auch schon ziemlich lange.« Ich hörte auf zu atmen. Wir fixierten unsere Blicke, hakten sie ineinander und konnten gar nicht mehr wegschauen.
»Du...bist Y/N N/N. Das Mädchen, das ich oft sah, als ich klein war. Das Mädchen aus der Schule. Das Mädchen in meiner Einheit. Das Mädchen, welches es faustdick hinter den Ohren hat. Das Mädchen, was mir die Augen öffnen wollte, weil nur sie die Wahrheit kennt.« Er kam mir ein Stück näher und legte seine Hand sanft an meine Wange. »Das Mädchen...in welches ich damals Hals über Kopf verliebt war...«


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Wuhu! Romantic Baby 😎


Jean X Reader- Always LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt