Alleine durch den Wald, allein auf der Autobahn, wo jeder letzter Überlebender, egal ob nun jemand von ihnen oder ein Fremder, oder ein Untoter ihr begegnen könnte, da ist es etwas unsicher, aber wenn Dary es schon schaffen kann, dann sie auch. Immerhin haben die beiden ihr viel beigebracht. Also er und Merle. Sie hofft sehr, dass sie ihn noch rechtzeitig finden und behandeln können, ehe er ihnen verblutet.
"Also da braucht es mehr, um mich k.o. zu kriegen!"
Das waren mal seine Worte und sie hatte sie als wahr genommen, denn sie kennt niemand sonst, der so zäh ist wie er.
"So ein Arschloch der Mistkerl!", flucht Leila grimmig und eilt schneller, nimmt an Tempo zu und hoffe auf nichts zu treffen. Bis auf ein paar Eichhörnchen, Schmetterlinge, Fliegen zwischendruch und eine einzelne Biene begegnet sie nichts. Nicht mal einen Hasen, den sie grillen können. Leila gruselt es immer noch, wenn sie dran denkt, einen Hasen zu töten, weil sie früher mal einen als Haustier hatte und der vor drei Jahren gestorben war an Alter.
Von weiter hinten sieht sie bereits das Lager und lauschte. Nichts war zu hören. Entweder weil sie zu weit weg ist oder weil sie einfach leise sind und die warme Natur genießen. Aber sie kann am Felsvorsprung aus erkennen, dass Shane dort steht und winkt ihn zu. Es dauert etwas, bis er in ihrer Richtung sieht und eine kaum sichtbare Kopfbewegung macht, ehe er verschwindet. Unhöflich, denkt Leila und nähert sich weiter das Lager.
Wenig später kam sie an und wird nett von Dale begrüßt.
"Du bist schon früher gekommen", gibt er erstaunt von sich und schaut sich um. "Wo sind Rick, Daryl und die anderen?"
"Sie suchen weiter nach Merle, sie haben mich zurückgeschickt mit der Begründung, dass ich bei euch eine bessere Hilfe wäre", antwortet sie und fragt, wo Shane ist.
"Es gab eben ein Vorfall am Teich bei den Frauen."
"Was ist passiert?"
"Das kannst du dir sicher denken", ist alles, was Dale sagt und sofort weiß Leila, was los. Die Sorge um Carol hat sie nicht abgelegt, auch dann nicht, als sie noch mit den anderen weg war.
"Ich schaue nach ihr", sagt sie und geht zum Teich. Aber Carol war nicht dort, nur Jacqui, Andrea und Amy sind noch dort. Der Teich glitzert schön und war so hell, sie spiegelt sie Sommersonne wider.
"Wo ist Carol?", fragt sie die Frauen sofort. "Ich habe gehört, Ed hätte sie wieder geschlagen."
"Hat Dale das so gesagt?", fragt Andrea.
"Zwar nicht mit diesen Worten, aber es war deutlich klar, was los war."
"Sie ist bei Sophia, sie kümmert sich gerade um Eds Wunden", antwortet Amy.
"Die er eindeutig verdient hat", kommentiert Jacqui sauer.
Leila versteht nun, warum Shane vorhin ihr nicht zugewunken hat. Anscheinend hat er mitbekommen, wie Ed sich gegenüber seiner Frau wieder benommen hat und ist den Frauen zur Hilfe geeilt. "Dann ist das doch gut, dass ich wieder da bin, dann kann ich Carol ins Gewissen reden."
"Ich weiß nicht, ob es das was bringen wird, sie hört nicht", sagt Andrea und erklärt ihr, dass sie es schon versucht hat.
"Wenn man nicht weiß, wie man die richtigen Knöpfe zu drücken hat, dann klappt das meist nie. Ich muss ihr klar machen, dass Ed ihr nicht gut tut, etwas, was sie weiß und dann ist da noch Sophia, sie darf nicht mehr in der Nähe ihres Vaters sein."
"Weil er sie auch sonst schlagen würde."
Diesmal schüttelt Leila den Kopf. Traurig und wütend wird sie, wenn sie nur dran denkt, was sie zuletzt beobachtet hat. "Nicht deswegen", ist alles, was sie sagt, ehe sie geht. Aber kurz dreht sie sich nochmal um. "Andrea, Amy, ich weiß, dass ihr gut angeln könnt, vielleicht schafft ihr heute, was zu essen zu fangen."
"Könnten wir versuchen", sagt Andrea, als sie einen Moment mit Amy stumm kommuniziert hat.
Nickend verlässt sie den Teich und rennt den Hügel hoch, um wieder zum Zeltlager zu kommen. "Wenn Carol fertig ist, dem Arschloch die Wunden zu verbinden, soll sie sofort zu mir kommen", ruft sie Dale zu, der nickt und weiter alles im Auge behält, während sie in ihr eigenes Zelt geht. Bis auf den kleinen Tisch und ein Feldbett mit Decke und Kissen und eine Tasche mit Wechselkleidung, die sie von Zuhause mit hat und in der sogar die ihrer Mutter drin sind, hat sie hier drin nichts. Aber mehr braucht sie auch nicht.
Leise seufzt sie, legt ihren Revolver und ihr Jagdmesser aufs Bett und kniet sich vor ihre Tasche und öffnet sie. Das erste, was sie erblickt ist das Bild von ihr und ihrer Mutter. Da lachen sie beide, ihrer beiden Münder voller Eis und in die Kamera lachend. Sie hatten eine so schöne Zeit gehabt. Das Jahr, bevor diese Scheiße begonnen hat.
Traurig schaut sie sich das Bild weiter an, da hört sie ein leises Rascheln des Zeltes, das geöffnet wird. Leila blickt auf und sieht Carol stehen, ihre eine Wange leicht gerötet von der Ohrfeige, die Ed ihr gegeben hat. Die Wut auf den Mann kehrt auf einen Schlag wieder zurück und sie packt das Bild wieder in die Tasche, schließt sie und steht auf. "Da bis du ja, Carol."
"Dale sagte, du willst mit mir reden."
"Carol", fängt sie sofort an. "So darf es nicht mehr weitergehen. Du bist nicht Eds Punchingball, an die er seine ganze Frust, Wut und alles herauslässt, wenn es ihn passt oder ihn nur langweilig ist, du bist seine Ehefrau und dich trifft keinerlei Schuld an irgendetwas. Du bist eine eigenständige Frau, die wieder lernen muss, eigenständig zu leben."
"Du verstehst das nicht-"
"Doch, das verstehe ich sehr wohl. Du bist durch seine Tyrannei und seine verletzenden Worte abhängig von ihm geworden und glaubst sogar seine Lügen. Weißt du eigentlich, dass er sogar Sophia als Druckmittel nimmt, nur, damit du bei ihm bleibst, ihn das Essen kochst und sein Bett warm hälst, auch wenn du es hasst. Du kannst mir nichts vormachen, Carol, es ist besser, du wendest dich von ihm ab, ehe schlimmeres passiert."
"Ich kann aber nicht, verstehe es doch, ich kann nicht", jammert die ältere Frau, die so viel Leid durchgemacht hat und so viel durchhalten musste, nur um ihre Tochter zu beschützen.
Leila sieht sie lange an. "Kannst du nicht oder willst du nicht, Carol?" Eine entscheidende Frage. "Du darfst nicht mehr so leben, denn jetzt ist die Zeit, wo du auf dich und nicht nur auf deine Tochter achten musst. Obwohl es besser wäre, du lässt auch Sophia nicht mehr in seiner Nähe."
"Wieso? Sie ist seine Tochter", will sie von der jungen Frau wissen, die viel mehr Mut zeigt als sie sie je haben würde, wie sie befürchtet.
"Aber du weißt, was er alles anstellt mit ihr, nicht wahr?"
Carol sieht sie erschrocken an. "Was meinst-"
"Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich das nicht wüsste, oder?", fragt Leila düster und ein kalter Ton nimmt ihre Stimme an. "Auch wenn er es hier unterdrückt und nicht zeigt, so kenne ich doch die Blicke eines missbrauchten Mädchens und eines kranken Vaters, der sich sogar an seine eigene minderjährige Tochter vergeht. Glaub mir Carol, du musst diesen Teufel loswerden am besten wäre es schon gestern passiert."
Das ist das letzte, was Leila sagt, während sie nach ihre Waffen greift, die sich umschnallt und das Zelt verlässt. Sie hofft, betet sehr, dass Carol früh genug wach wird und sich endlich gegen diesen Tyrann verteidigen wird.
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Das Dixon-Überleben
HorrorKaum, dass ein ganz normaler Tag auf der Uni beginnt, muss das wahre Leben erst beginnen, als die Toten die Lebenden angreifen und diese infizieren. So muss Leila Mason mit die letzten Blutsverwandten, die noch leben, sich gegen die fleischfressende...