Es war nicht zu fassen. Die Prinzessin thronte auf ihrem Stuhl in der Ecke und rührte keinen Finger. Langsam verlor DJ echt die Geduld.
„Wärst du wohl so gütig?!", fragte er gereizt, als er Stimmen von draußen hörte.
Vorhin hatte sie sich erfolgreich davor gedrückt, mit den Kids zum Holz holen zu gehen. ‚Vergiss es!', hatte sie gesagt. ‚Meine zarten Hände sind viel zu empfindlich. Ich würde mir sofort einen Splitter einfangen.' Und er hatte es ihr durchgehen lassen – dieses eine Mal. Doch diese Ausrede zählte nun nicht mehr. Beim Tür aufhalten würde sie sich ihre ach so zarten Hände schon nicht verletzen!
„Tut mir leid, das geht nicht. Ich habe endlich eine Stelle gefunden, an der es zumindest ein bisschen Empfang gibt. Mein Handy hat einen Balken und wenn ich – hey!"
„Sorry. Nicht ohne Grund haben wir den Kids gesagt, dass sie ihre elektronischen Geräte zu Hause lassen sollen. Das hier ist eine Offline-Area. Das gilt auch für dich." Damit ließ er das Handy, das er Penny gerade aus der Hand genommen hatte, in seiner Hosentasche verschwinden. „Ich gebe es dir am Ende der Woche wieder."
„Am Ende der Woche? Hast du sie noch alle?! Was sollen denn meine Follower denken, wenn eine ganze Woche keine Videos kommen?" Jetzt klang die selbsternannte Prinzessin beinahe hysterisch.
„Die werden schon drüber hinwegkommen", meinte DJ ungerührt und zuckte mit den Schultern. „Jetzt bist du hier. Also kümmere dich um die Menschen vor deiner Nase und nicht um die gesichtslose Masse da draußen."
Doch darauf konnte er wohl lange warten. Penny rührte sich keinen Zentimeter vom Fleck. Schmollend saß sie auf ihrem Stuhl und würdigte DJ keines Blickes. Auch die Kids ignorierte sie – die anstehende Arbeit sowieso.
Irgendwann reichte es ihm. „Sind deine feinen Damenhände auch zu empfindlich zum Kochen?"
Damit hatte die Prinzessin wohl nicht gerechnet. Entgeistert sah sie ihn an. „K-kochen? Nein. Ich kann überhaupt nicht –"
„Na und? Sieh dir die kleine Susi an. Sie ist gerade mal fünf und hilft schon mit. Außerdem wirft sie dir immer wieder verstohlene Blicke zu. Geh hin und mach den ersten Schritt. Ich habe dir erzählt, was sie gerade durchmacht. Vielleicht könnt ihr euch gegenseitig helfen. Die Kleine wird dir schon zeigen, was zu tun ist."
In der Hoffnung, dass Penny endlich ihren Hintern in Bewegung setzte, wandte er sich ab und verließ die Hütte, um draußen nach dem Rechten zu sehen.
***
Ein markerschütternder Schrei ließ ihn zusammenfahren. Was zur ...? So schnell war DJ noch nie gerannt. Doch als er um die Ecke bog, sah er keine lebensbedrohliche Situation, sondern nur eine verwöhnte Prinzessin, die sich beim Kartoffel schälen in den Finger gesäbelt hatte – und das nicht mal tief.
Die kleine Susi hatte sofort reagiert und ein Geschirrtuch auf die Wunde gedrückt. Penny war trotzdem kreidebleich geworden. „I- ich ...", stotterte sie, „kann kein Blut sehen."
Na toll. Das hatte DJ gerade noch gefehlt.
Nachdem er ein überdimensionales Pflaster aus dem Verbandskasten geholt und auf Pennys winzige Wunde geklebt hatte, nahm sie zumindest wieder eine halbwegs gesunde Farbe an.
„Ich merke schon", gab er mit einem Seufzen zu, „Kochen ist wirklich nichts für dich."
„Das habe ich doch gleich gesagt!", zeterte die Prinzessin und verschwand dann grußlos in ihrem Zimmer. Die aufsteigenden Tränen hatte DJ trotzdem gesehen.
Wunderbar. Das lief einfach wunderbar.
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Gesten sagen mehr als tausend Worte
Short StoryKönig Drosselbart einmal anders ... Auf Social Media ist Penny eine Prinzessin, doch ihre herablassende Art sorgt Stück für Stück dafür, dass ihre Beliebtheit nachlässt. Selbst Pennys gutmütiger Marketing-Berater hat eines Tages die Nase voll und ve...