Kapitel: 13

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Meine Hand begann auszukühlen und zu zittern in der Sekunde, in der sie ihre von meiner nahm. Mein Blick glitt runter auf das Kärtchen darin. Ihr Name und ihre Nummer waren darauf, fein säuberlich, handschriftlich draufgeschrieben. Eine schöne Schrift, wie ich sie empfand, auch immer, wenn sie etwas an die Tafel schrieb. Ich schob die Karte, noch immer völlig neben mir, in meine Hosentasche und ging zur Türe. Mit zittrigen Fingern sperrte ich sie auf, ehe ich in den dunklen Flur die Treppen hochging zu meiner Wohnungstüre. Auch diese schloss ich auf und trat ein, ehe ich sie schloss und mich mit dem Rücken an sie lehnte. Ein tiefes Seufzen kam über meine zittrigen Lippen und ein dunkler, leerer Gang sah mir entgegen. Einsam und verlassen. Meine Hand fuhr langsam zu meinem Herzen, das begann immer mehr zu schmerzen. Umso länger ich in meine leere Wohnung starrte und realisierte, dass auch heute keiner dort auf mich warten würde. Eine heiße, einzelne Träne bahnte sich meine Wange entlang und brannte auf jedem Zentimeter, den sie voranschritt. Zuerst war es diese eine, die ich grob mit dem Handrücken von meinem Gesicht wischte. Dann eine zweite, eine dritte und auch eine vierte, ehe ich bitterlich ineinander zusammenbrach und weinte. Mein Herz schmerzte. Es schmerzte jedes Mal, wenn Emilia mir den Rücken zudrehte, doch nie so heftig, wie gerade. Warum tat es so weh und warum berührten ihre Worte mich so sehr? Wie konnte sie meine Mauern, so einfach zerbrechen und mein kaltes Herz wärmen und dann einfach so verschwinden? Warum? Ich weiß nicht, wie lange ich dort in dem Flur, angelehnt an der Tür saß und bitterlich weinte. Sekunden oder Minuten oder sogar stunden, ich weiß es nicht. Doch als die letzten Tränen meine Wangen herunterliefen und ich es schaffte meinen Atem wieder zu beruhigen, stand ich endlich auf. Ich tapste in die Küche und ließ auf dem Weg dahin meinen Rucksack, achtlos im Gang liegen. In der Küche angekommen sah ich auf die Uhr, um festzustellen, dass ich kaum mehr 2 Stunden hatte, bevor ich wieder zur Arbeit musste. Ich wischte mir noch einmal übers Gesicht, bevor ich ins Schlafzimmer ging, um mir etwas zum Anziehen raus zu holen und unter der Dusche zu verschwinden. Aß danach eine Kleinigkeit und machte mich auch schon auf den Weg. Augenringe zierten mein, noch blasseres Gesicht, als es eh schon war. Es half nichts, ich konnte mich nicht überwinden abzusagen, also schleppte ich mich mühselig ins Sunrise. Als ich ankam, begann es gerade zu regnen und es war um einiges kälter, als die letzten Tage. Es beruhigte mich, denn ich wusste, an diesen Tagen war nicht viel los und ich hatte die Hoffnung, heute früher gehen zu dürfen. Wie jedes Mal begrüßte mich Sahra und meine Schicht begann. Es war mehr los als erwartet und ich zog die gesamte Schicht gnadenlos durch. Immer wieder hatte ich mit dem Kreislauf zu kämpfen, doch ich wollte nicht schon wieder Ballast für andere sein, weswegen ich die Zähne zusammenbiss und weiter machte. Endlich kamen die Worte, auf die ich seit Stunden wartete. "Zeit für Feierabend, kleine.", sagte Sahra zu mir. Ich seufzte total fertig und verschwand im Pausenraum, um mich umzuziehen, bevor ich mich verabschiedete und ging. Inzwischen war es dunkel geworden. Der Regen hatte aufgehört, doch die Kälte war nun nahezu unerträglich. Schon als kleines Kind, war ich immer sehr verfroren und ich zog meine Jacke, ein wenig enger um den Körper, als ich losging. Ich greife in meine Hosentasche, um meine Kopfhörer herauszuholen, wobei mir ein Kärtchen aus der Tasche flog. Ich bückte mich und öffnete es, um auf ihren Namen zu sehen. Kurz blieb ich stehen und starrte die Karte einfach an, ehe ich das Handy zückte und sie einspeicherte. Doch ich haderte damit, ihr zu schreiben. War das wirklich okay? Meine Finger gingen auf den Chat und ein leeres Fenster ploppte auf, bevor ich runter zur Tastatur tippte und nach einem weiteren Zögern anfing zu schreiben. "Hallo Emilia, Lilith hier. Ich wollte mich bedanken, dass du mich nach Hause gebracht hast, das war nicht selbstverständlich. Ich hoffe, du bist noch gut nach Hause gekommen und hattest einen ruhigen Abend." Das liebe grüße sparte ich mir, denn ich wollte es nicht so unpersönlich, gar formell machen, auch wenn ich wusste das es falsch war, sich überhaupt das recht herauszunehmen so zu denken, schließlich war ich einfach nur ihre Schülerin richtig? Ich schickte die Nachricht ab und ließ das Handy seufzend sinken, das nun achtlos in meiner Hand an mir herunterhing. Wieder übermannte mich, das Gefühl der Leere und ich starrte hoch, in den schwarzen Himmel. Zwischen den Wolken, kämpfte sich immer wieder mühsam, das Strahlen des Mondes hervor. Doch waren die Wolken einfach zu viele, als dass er die Straße, in seinem sanften Licht erhellen konnte. Heute war wirklich kein guter Tag. Zu der Leere, kam erneut die Müdigkeit und ein Zittern, das durch meinen Körper huschte und symbolisierte mir, dass ich nun endlich wieder, nach Hause sollte. Also tat ich wie mir mein Körper befahl und ging. Zu Hause angekommen machte ich mich nur noch Bett fertig und legte mich schlafen. Doch von schlaf war keine Spur, denn quälte mich Miss Harper endlos durch meine Träume. Ich bekam ihre wunderschönen Augen einfach nicht mehr aus meinem Kopf.

Deine warme Stimme, im kalten WinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt