Kapitel 13 - Neue Hoffnung

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,,Ich habe ja gesagt, dass du ihr vertrauen kannst, sie ist wirklich eine Superlehrerin. Und natürlich kannst du nochmal bei mir übernachten, das wäre gar kein Problem. Ahhh ich freue mich so für dich", sagt sie ganz aufgeregt und wirft sich erneut um meinen Hals. Mary ihre Freude pusht mich sehr. Ich kann das alles noch nicht glauben, wenn ich doch schon viel eher zu ihr gegangen wäre, hätte meine Mutter mich auch nicht geschlagen, denn dazu wäre es nie gekommen. Ich muss es aber auch so sehen, irgendwie ist das ja gut, auch wenn es mir schwerfällt, verdient sie diese Anzeige und lernt vielleicht daraus, das man ein Kind, auch wenn es anders ist, obwohl ich finde, das ich normal bin, das es einem nicht das Recht gibt, das Kind derartig zu misshandeln.

,,Danke, danke dass du mich dazu überredet hast, mich ihr anzuvertrauen, ich habe zum ersten Mal wirklich das Gefühl, dass sich alles zum Besseren wenden könnte."

Vor voller Freude knuddeln wir uns ohne Ende. Es ist einfach nur schön, ich könnte nicht glücklicher darüber sein Mary an meiner Seite zu wissen und jetzt auch noch Frau Smith. Diese Woche läuft bis jetzt echt gut, bis auf ein paar Probleme. Ich werde auch nie wieder an einer Therapiesitzung teilnehmen und dabei wird mir Frau Smith bestimmt helfen. Ich frage mich nur, was sie vorhat? Soll ich vielleicht in eine WG ziehen oder in ein Heim? Ich hoffe nur das das klappt, was sie vorhat, aber da muss ich mich wohl bis morgen gedulden. 

,,Ding Dong."

,,Mary... es sieht so aus, als würden wir jetzt... müssen", spreche ich mühevoll beim Versuch, mich aus der Umarmung mit Mary zu lösen. Sie hat sich diesmal aber auch echt fest an mich ran geklammert.

,,Ist ja gut." Sie verdreht ihre Augen und lässt nach. ,,Dann komm, sind ja nur noch zwei Stunden, auch wenn es unser Hassfach Nummer eins ist."

Ich seufze kurz. Sie hat recht, jetzt haben wir Sozialkunde. Ich schwöre, wenn wir dieses Fach zweimal die Woche hätten, würde ich mir die Kugel geben. Und ehe ich mich versehe, ist mein Hasslehrer Nummer eins da. Herr White. 
Allein, wenn ich den Namen schön höre, wird mir schlecht. Ich kann schon Mary ihren Hass erfüllten Blick sehen, welchen sie ihm zu wirft. Aber genau so schaue ich auch, wir beide verachten diesen Lehrer aufs übelste, während die meisten aus unserer Klasse ihn richtig lieben, wenn nicht sogar schon vergöttern.

Im Raum angekommen, nehmen ich und Mary bereits die hintersten Plätze ein. Auch wenn ich den ganzen Scheiß gewohnt bin, beginnt die Stunde wie immer mit einem unangenehmen Stechen in meiner Brust, als Herr White seinen Platz vor der Klasse einnimmt. Seine Präsenz allein sorgt bereits für Unbehagen, denn er ist bekannt für extremistischen Ansichten und seine Abneigung gegen alles, was von der Norm abweicht.

Er starrt uns mit einer finsteren Miene an. Er eröffnet die Stunde mit einer unverblümten Provokation: ,,Heute werden wir über ein Thema sprechen, das in dieser Stadt nicht geduldet wird. Homosexualität", stellt er lächelnd vor.

Wie zu erwarten, begrüßt die Klasse das Thema mit Applaus und Zustimmung. Die meisten Schüler sind genauso intolerant wie Herr Schmitt. Die Atmosphäre im Raum wird erdrückend, als sie beginnen, homophobe Ansichten zu äußern und ihre Ablehnung für Menschen wie mich offen kundzutun. Ich bin nur froh Mary bei mir zu haben, ich könnte diese Stunde sonst nicht aushalten. 

Herr White setzt seine aggressiven Fragen fort: ,,Was denkt ihr über Homosexualität? Ist es nicht widerlich und pervers?" Ein Schüler meldet sich sofort, welchen Herr White grinsend dran nimmt. ,,Ja, Herr White, das ist widerlich. Menschen sollten so sein, wie es die Natur vorsieht."

Die anderen Schüler nicken zustimmend und applaudieren. Herr White nickt ebenfalls zufrieden und belohnt die Schüler mit einem ermutigenden Blick. Ich jedoch bin kurz davor zu Kotzen, während Mary sich zitternd am Tisch fest krallt. Wenn sie könnte, würde sie auf den Lehrer losgehen, was aber schlimme Probleme mit sich führen würde. Ich weiß auch nicht, wie das hier ernsthaft Sozialkundeunterricht genannt werden kann. Genervt von Herrn White, nehme ich heimlich mein Handy in die Hand und öffne Instagram. Mir fällt nämlich die Aussage von Frau Smith wieder ein, dass ich vielleicht Liam anschreiben sollte, da er bestimmt langweile hat. 

Gegen den Strom - Nathans Kampf für Akzeptanz (2)  [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt