Kapitel 7 - Die Sitzung

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Der Raum fühlt sich schnell sehr erstickend an, seitdem ich auf dem harten Stuhl sitze. Der Konversions-Therapeut kommt kurz darauf in den Raum, setzt sich in seinen Ledersessel, legt sein Bein über das andere und sieht mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck an.

,,Na gut, dann fangen wir mal an, Nathan, erzähl mir von deinen aktuellen Gefühlen und Gedanken bezüglich deiner sexuellen Orientierung."

Mein Herz beginnt heftig zu klopfen als er das gerade sagte, während ich für einen Moment zögere und dann doch leise antworte: ,,Ich fühle mich unsicher und isoliert. Ich wünschte, ich könnte mich ändern."

Mein Therapeut nickt und notiert etwas auf seinem Block. ,,Verstehst du, dass deine Homosexualität als Abweichung betrachtet wird?"

Ich schlucke schwer und antworte widerwillig: ,,Ja, ich verstehe das, aber ich möchte dazugehören."

Mein Therapeut fixiert mich mit einem intensiven Blick. ,,Wir werden zusammen daran arbeiten, deine sexuelle Orientierung zu heilen. Beginnen wir damit, die Gedanken und Situationen zu identifizieren, die dich in diese Richtung führen."

Während der Sitzung versucht der Therapeut, meine Unsicherheiten auszunutzen, indem er auf Ängste und Vorurteile hinweist. Ich beginne, wie auch schon durch die letzten Sitzungen, immer mehr zu zweifeln, ob ich jemals so akzeptiert werden würde, wie ich bin. Unabhängig davon, ob ich sein Spiel mit spiele oder nicht.

Mein Therapeut verspricht mir erneut, dass die Änderung meiner sexuellen Orientierung mein Leben erleichtern wird, aber ich spüre die innere Zerrissenheit zwischen dem Wunsch nach Akzeptanz und meinem tiefen Wissen, dass das, was hier geschieht, einfach nur falsch und schädlich für die Psyche ist. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viel Homosexuelle bei diesem Typen hier eine Therapie vollziehen.

,,Du tust das Richtige, indem du hierhergekommen bist. Du siehst, wie wichtig es ist, deine sexuelle Orientierung zu verändern, um ein erfülltes Leben zu führen."

Ich fühle mich weiterhin innerlich zerrissen, während ich weiter mit dem Therapeuten spreche. Es ist echt ein Kampf bei dem ganzen mitzuspielen, ich fühle mich, als würde ich mich leugnen. Es tut einfach nur verdammt weh, ich hoffe das all das eines Tages enden wird und das für jeden.

,,Ich weiß nicht, ob ich das kann. Aber ich will nicht mehr diskriminiert werden", antworte ich ihm seufzend und stütze meinem Kopf an der Lehne mit meinem Arm ab. Zumindest ist der zweite Satz ehrlich gemeint, denn ich will echt nicht mehr diskriminiert mehr werden, es ist einfach Kräfte zehrend.

,,Du musst stark sein und hart daran arbeiten. Denk daran, wie glücklich du sein könntest, wenn du 'normal' wärst."

Der Druck in mir, den der Therapeut ausübt, wird immer stärker, und ich beginne wieder zu verstehen, wie krank diese Sitzungen einfach sind.

,,Wir werden weiterhin gemeinsam daran arbeiten. Du kannst deine Homosexualität hinter dir lassen."

Ich höre die Worte, aber sie fühlen sich falsch an. Ich erkenne, wie auch bei den Situngen davor, dass ich meine Identität nicht verleugnen kann, ohne meine Selbstachtung zu verlieren.

,,Du machst Fortschritte, aber es wird Zeit und harte Arbeit erfordern. Denk daran, wie sehr du dich verändern kannst."

Ich zögere und frage für die Genugtuung des Therapeuten: ,,Glauben Sie wirklich, dass das möglich ist? Dass ich mich ändern kann?"

Mein Therapeut nickt entschlossen. ,,Ja, ich glaube fest daran. Du wirst sehen, wie viel besser dein Leben sein kann."

Ich zucke nur mit den Schultern. Irgendwann ist auch Schluss mit der Genugtuung, die ich ihm gebe.

Gegen den Strom - Nathans Kampf für Akzeptanz (2)  [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt