Kapitel 3

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Im Zug nach Erfurt drehen sich meine Gedanken wie in einem wilden Karussell. Sie springen von Beat zu Matteo, über meine Freunde nach Erfurt und wieder zurück. Ich hab keinen blassen Schimmer, was mich jetzt in Erfurt erwarten wird. Wird Matteo da sein? Wahrscheinlich. Wie wird er reagieren? Wird er sich freuen? Eher unwahrscheinlich. Oder? Ach, ich weiß es nicht. Hätte ich Beat die Wahrheit über Erfurt sagen sollen? Keine Ahnung. Seit ich weiß, dass ich nun einen Monat in Erfurt verbringen werden, ist meine Beziehung zu Beat noch komischer geworden. Irgendwie verkrampft. Oder bilde ich mir das ein weil meine Gedanken immer wieder zu Matteo abschweifen? Zu dem unglaublichen Chirurg, dem attraktiven Mann mit den wunderschönen Augen, dessen Lachen sein Gesicht aufleuchten lässt. Ich war so kurz davor, seine harte aufgesetzte Schale zu durchbrechen. Harte Schale weicher Kern. Oder wie sagt man so schön? Ich bin überzeugt davon, dass das auf Matteo zutrifft. Aber werde ich das je herausfinden? Wird er überhaupt mit mir reden? Oh Mann! Das Gedankenkarussell muss aufhören!

Irgendwann scheint mich das Gedankenkarussell doch übermannt zu haben und ich dürfte eingeschlafen sein, denn plötzlich schrecke ich durch die Aussage ‚Nächster Halt, next stop - Erfurt Hauptbahnhof' hoch. Oh Oh, jetzt wird's ernst. Der Zug fährt langsam ein und ich warte, bis die meisten Passagiere den Zug verlassen haben. Dann nehme ich meine zwei Koffer und die Tasche und begebe mich durchs Bahnhofsgelände. Das Klinikum hat mir ein Hotelzimmer bereitgestellt, zu welchem ich jetzt fahre. Ich nehme mir ein Taxi und fahre in Richtung Hotel. Dabei kommen wir schon gefährlich nahe am JTK vorbei. Wie soll ich denn da arbeiten, wenn ich schon Muffensausen bekomme wenn wir nur in der Nähe vorbeifahren? Oh Mann, was hab ich mir dabei gedacht. Aber jetzt ist es eh zu spät.

Im Zimmer angekommen packe ich erst mal aus und setzte mich dann aufs Bett um durchzuatmen. Ich schaue aufs Handy um die Uhrzeit abzulesen. 18:30. Sollte ich Beat bescheid geben, dass ich gut angekommen bin? Naja, er hätte sich ja auch melden können. Oder? Egal. Ich gehe jetzt noch kurz etwas essen und dann versuch ich zu schlafen.

An Schlaf war jedoch kaum zu denken. Das Gedankenkarussell hat sich immer weiter gedreht und wenn ich dann doch mal kurz eingenickt bin, habe ich von Beat und Matteo geträumt, gleichzeitig. Um 6:30 läutet dann schließlich mein Wecker, den ich sofort abdrehe, da ich eh schon länger wach im Bett gelegen bin. Meine Schicht beginnt erst um 8, aber ich möchte schon etwas früher dort sein, um etwaige Formalitäten mit Herrn Berger gleich zu erledigen. Also stehe ich auf und mach mich fertig für den Tag. Auf Frühstück verzichte ich, ich bin so nervös, dass ich bestimmt nichts runter bekommen würde. Höchstens einen Kaffee vor meiner Schicht. Ich beschließe den Weg in die Arbeit zu Fuß zu bewältigen. Heute ist ein wunderschöner Tag und Erfurt zeigt sich wirklich mal wieder von seiner besten Seite. Will mir das Schicksal damit etwas sagen?

Der Weg ist nicht lange und dann sehe ich bereits von weitem das Johannes Thal Klinikum. Hier hat meine berufliche Karriere angefangen. Hab hier als Krankenschwester gearbeitet und schließlich auch als Assistenzärztin begonnen. Was wäre gewesen, wenn ich nicht nach Boston gegangen wäre? Was hätte sich verändert? Ich weiß es nicht. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt mir nicht, denn ich stehe bereits vorm Haupteingang des Klinikums. „Elly?" Ertönt plötzlich eine bekannte Stimme, die mich somit aus meiner Starre löst. Schnell drehe ich mich um und sehe Julia strahlend auf mich zukommen. „Hallo Julia." Sage ich und automatisch legt sich ein Lachen über mein Gesicht. „Du bist es wirklich." Julia kommt näher und zieht mich in eine innige Umarmung. „Mensch Elly, dich hab ich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Was machst du hier?" „Stimmt, ist echt viel zu lange her. Ich bin als Belegärztin hier. Für einen ganzen Monat." antworte ich Julia und gemischte Gefühle durchströmen mich. „Echt? Da hat Papa mal wirklich etwas richtig gemacht. Und sogar dichtgehalten. Komisch. Das müssen wir unbedingt feiern. Hast du heute Abend schon was vor? Ben und Elias sind sicher auch dabei." Redet Julia weiter. „Ja, es war auch ziemlich spontan. Ähm, heute Abend, ja klingt gut, ich hätte Zeit." Sage ich und Julia lacht auf. „Super! Kommst du gleich mit rein?" Fragt sie. „Ja, ich muss nur noch zu deinem Vater, dann bin ich einsatzbereit." Sage ich und schmunzle. „Alles klar, dann sehen wir uns nachher." Antwortet Julia und geht vor. Ach Julia, wie ich sie vermisst habe. Sie hat es schonmal geschafft, mir die erste Nervosität zu nehmen. Also betrete ich das Gebäude und mein Weg führt mich zum Büro des Klinikleiters. Ich gehe gerade den langen Gang hinunter als ich ihn schon von weitem erkenne. Matteo Moreau. Er steht etwas abseits von mir und redet mit einem Kollegen. Ich kann nicht anders, meine Füße bleiben automatisch stehen. Ich sehe ihn an und fühle alles auf einmal. Zorn, Wut, Liebe und Freude. Dann, als ob er meinen Blick gespürt hätte, dreht er sich um und sieht mich direkt an. Er blickt mich an und in seinem Gesicht kann ich ebenfalls viele Emotionen auf einmal erkennen. Obwohl er weit weg steht. Und dann, dreht er sich um und geht. Weg von mir. Und versetzt mir damit einen gewaltigen Stich ins Herz. Es tut weh, mehr als ich mir je eingestehen wollte. Scheiße! Was mach ich da! Ich will mich gerade umdrehen und weggehen als mich Herr Berger entdeckt. „Frau Winter! Wie schön Sie wieder hier zu sehen. Kommen Sie doch gleich mit in mein Büro, dann können wir die Formalitäten sofort klären." Sagt unser Klinikleiter freundlich wie immer und führt mich in sein Büro. 

Karussell der Liebe - Mattelly FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt